05.11.2021 Ausgabe: 7/21

Vermeidbare Fehler­ ­können teuer werden - Die Zwangsversteigerung und wer wie viel aus dem Erlös erhält.

Die Grundzüge der Zwangsverwaltung wurden in vdivaktuell 5/21, S. 58ff. erläutert. Hier geht es nun darum, wie im Falle der Zwangsversteigerung eines Grundstücks das Geld nach dem Verteilungstermin an die Gläubiger geht – und wie die Eigentümergemeinschaft (WEG) sich bei Hausgeldrückständen taktisch klug verhält. Dies anhand eines vor  dem Amtsgericht Schwäbisch Hall verhandelten Falls, mit gerundeten Zahlen.

Der Sachverhalt
Auf Antrag der Bank kommt es zur Zwangsversteigerung. Zu diesem Zeitpunkt schuldet der Eigentümer 5.000 Euro. Der Verkehrswert des Grundstücks ist auf 60.000 Euro festgesetzt. Das Meistgebot beträgt 67.000 Euro. Dem Vollstreckungsgericht liegt Folgendes vor:

• rechtzeitige Anmeldungen: Gemeinde, Grundsteuern bis zum Zuschlag; Bank, rückständige ­dingliche Zinsen
• verspätete Anmeldungen: ­Eigentümergemeinschaft, ­Hausgeld, 5.000 Euro


Der Teilungsplan
Die Verteilung des Erlöses erfolgt in einer mündlichen Verhandlung vor dem Vollstreckungsgericht. Das Gericht erstellt dabei unter Auswertung des Grundbuches sowie unter Verarbeitung der Anmeldungen einen vorläufigen Teilungsplan. Nach Erörterung wird dieser zum endgültigen Plan erklärt. Es ist jedoch üblich, dass dieser Termin von den Beteiligten nicht wahrgenommen wird. Der Teilungsplan zerfällt in mehrere Abschnitte: Abschnitt A enthält allgemeine Feststellungen sowie verfahrensrelevante Daten wie die erste Beschlagnahme, Tag des Zuschlags u. a. m. Abschnitt B zeigt die Schuldenmasse bereits in der Rangfolge der geplanten Zuteilung auf. Abschnitt C führt die bestehend bleibenden Rechte auf. Im Beispielsfall: keine. Abschnitt D berechnet die Teilungsmasse, die sich aus dem Bargebot sowie vier Prozent Zinsen ab Zuschlag bis zum Verteilungstermin zusammensetzt. Abschnitt E weist den Gläubigern das Geld zu, wonach sich ein Übererlös von 10.400 Euro ergibt (siehe Kasten). Der Übererlös gebührt dem Schuldner! Das Vollstreckungsgericht stellt fest, dass der dem Schuldner zustehende Übererlös von einem Dritten gepfändet wurde. Der Dritte erhält an Stelle des Schuldners den Übererlös i. H. v. 10.400 Euro. Die Eigentümergemeinschaft hat mit einem Teilbetrag von 2.000 Euro das Nachsehen. Warum?

Die Lehren aus dem Fall
Um überhaupt am Zwangsversteigerungsverfahren teilzunehmen, müssen Dritte, die aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind, sich bei Gericht melden. Ob die WEG von Amts wegen berücksichtigt wird, ist abschließend nicht geklärt. Hausverwalter sollten daher regelmäßig die amtlichen Mitteilungen konsultieren und nachsehen, ob eine Wohnung aus dem Verwaltungsbestand ausgeschrieben ist.

Hausgelder bis zu fünf v. H. des Verkehrswertes stehen ohne Weiteres in der bevorzugten Rangklasse 2, also vor den Grundpfandrechten, allerdings müssen sie rechtzeitig angemeldet werden. Nur dann ist die Rangstelle 2 reserviert. Letzter Zeitpunkt ist bei Gericht, im Versteigerungstermin, wenn zur Abgabe von Geboten (immer sogar mit Angabe der Uhrzeit) aufgefordert wird. Wird dieser Zeitpunkt wie in diesem Fall verpasst, erleben die Hausgelder einen Absturz. Die verspätete Anmeldung lässt alle anderen Ansprüche aufrücken. Nur wenn genügend geboten wurde, kann an letzter Rangstelle zugeteilt werden. Das führt in aller Regel zum Totalausfall. Hier allerdings hatte die WEG Glück: Es war genügend Teilungsmasse vorhanden, sodass sie noch 3.000 Euro erhielt.

Merke: Privilegiertes Hausgeld muss bei Gericht rechtzeitig angemeldet werden, um in der Rangklasse 2 aufgenommen zu werden.

Für die Anmeldung von nicht privilegiertem Hausgeld gilt das Folgende: Hausgelder über fünf v. H. des Verkehrswertes sind nicht bevorzugt. Diese können auf Anmeldung nicht berücksichtigt werden und nehmen am Verfahren ohne weitere Maßnahme nicht teil. Verbleibt ein Übererlös, ist dieser dem Schuldner ohne Wenn und Aber auszuzahlen. Deshalb konnte der Restbetrag i. H. v. 2.000 Euro der Eigentümergemeinschaft nicht berücksichtigt werden (s. Abschnitt B). Hat ein Gläubiger wie hier einen Titel, kann der Erlösanspruch gepfändet werden. Allerdings war hier der Titelgläubiger nicht die Eigentümergemeinschaft, sondern ein ­Dritter.

Merke: Nicht privilegiertes Hausgeld nimmt am Verfahren aufgrund einer Anmeldung nicht teil.

Zum Verfahrensbeitritt
Es ist immer ratsam und auch geboten, rückständiges Hausgeld rasch zu titulieren. Aus dem Titel kann die WEG selbst die Zwangsversteigerung beantragen oder einem Verfahren als betreibender Gläubiger beitreten. Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Soweit aus der Rangklasse 2 betrieben wird, bestimmt die Eigentümergemeinschaft die Versteigerungsbedingungen hinsichtlich des geringsten Gebotes. Soweit aus der Rangklasse 5 betrieben wird, wird die WEG so gestellt, als hätte sie an letzter Rangstelle eine Sicherungszwangshypothek während der Verfahrensdauer der Zwangsversteigerung erwirkt; hat also Sperrwirkung bei einem Verkauf. Außerdem gelten Forderungen, aus denen betrieben wird, automatisch als angemeldet.

Während eine Zuteilung aus der Rangklasse 2 problemlos ist, werden Forderungen der Rangklasse 5 erst nach Wegfertigung der dinglichen Belastungen (also regelmäßig nach den Banken) bedient. Waren früher Zuteilungen an dieser Rangstelle so gut wie nie festzustellen, kommen heute durch die sehr hohen Gebote immer wieder Zuteilungen an vermeintlich aussichtsloser Rangstelle vor.

Merke: Ein Betreiben der Zwangsversteigerung bringt Vorteile – jedoch sollte vorsorglich wegen des Kostenrisikos das Einverständnis für diese Maßnahme der Eigentümergemeinschaft eingeholt werden.

Zu Pfändungen
Sind Hausgelder tituliert, bietet es sich in erster Linie an, die Miete zu pfänden, sofern der Eigentümer seine Wohnung vermietet hat. Wegen nicht privilegiertem Hausgeld sollte an die Möglichkeit gedacht werden, in die Rückgewährsansprüche des Eigentümers gegenüber der Bank zu pfänden. Banken erhalten in heutiger Zeit ab und an mehr Erlös aus der Versteigerung als der Eigentümer persönlich schuldet. Diese Übervaluta kann gepfändet werden. Wurde der Beitritt versäumt, kann wie im Fall ein freier Übererlös gepfändet werden.

Zur Zwangsverwaltung
Die Eigentümergemeinschaft kann aufgrund eines Titels die Zwangsverwaltung beantragen. Das ist dann angezeigt, wenn die Wohnung vermietet ist und ein Drittgläubiger bereits die Miete gepfändet hat. Die Zwangsverwaltung unterläuft die Pfändung des Dritten. Ab der Beschlagnahme wird aus den in der Zwangsverwaltung vereinnahmten Mieten das laufende Hausgeld bezahlt – ein ganz wichtiges Argument, sollte der Gesamtbetrag der Rückstände sich der Fünf-Prozent-Grenze des Verkehrswertes nähern.

FAZIT
Das ZVG sieht mehrere Möglichkeiten vor, Hausgeld zu realisieren. Werden hier Fehler gemacht, kann dies schnell zu Haftungsfällen führen.

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Schmidberger, Gerhard

Diplom-Rechtspfleger, Heilbronn