04.03.2014 Ausgabe: 2/2014

Versammlung zur Unzeit und Gebot der Nichtöffentlichkeit

Der Verwalter hatte eine Eigentümerversammlung an einem Werktag mit Versammlungszeitpunkt 13.00 Uhr anberaumt. Bei der durchgeführten Versammlung wurde ein Beschluss hinsichtlich der Gartengestaltung der Anlage gefasst. Die Klägerin wandte sich gegen den gefassten Beschluss, mit dem Argument, es läge ein Einberufungsmangel vor, weil die Eigentümerversammlung zur Unzeit einberufen wurde und darin ein eklatanter Verstoß gegen ihre elementaren Mitgliedschaftsrechte als Wohnungseigentümerin liege. Zuvor hatte die Klägerin die Uhrzeit der Einberufung nicht gerügt oder auf ihre zeitlich bedingte Verhinderung hingewiesen. Vielmehr hat die Klägerin kommentarlos die Verwalterin mit der dem Einladungsschreiben beiliegenden Vollmachtsurkunde bevollmächtigt, sie in der Versammlung zu vertreten und entsprechend für sie abzustimmen. Darüber hinaus hatte sie an keiner der bislang stattgefundenen Versammlungen teilgenommen, auch nicht an denen, die erst gegen 18.00 Uhr begonnen hatten.

Des Weiteren war die Klägerin der Auffassung, der Beschluss über die Gartengestaltung sei auch deshalb unwirksam, weil gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit verstoßen worden sei, da ein Rechtsanwalt an der Eigentümerversammlung teilgenommen hatte. Das erstinstanzliche Gericht hatte der Klage stattgegeben. Auf Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Die Meinung des Gerichts

Das Landgericht stellt klar, dass die Anberaumung der Versammlung im Ermessen des jeweiligen Verwalters steht, wobei die Versammlung grundsätzlich zu verkehrsüblichen Zeiten stattfinden und auch für Berufstätige in zumutbarer Weise einzurichten sein soll. Hält der Verwalter diese Maßgabe nicht ein, so liegt eine Anberaumung zur Unzeit vor.

Allerdings vertritt das Landgericht entgegen dem erstinstanzlichen Amtsgericht die Auffassung, dass allein in der Einberufung einer Eigentümerversammlung zur Unzeit noch kein eklatanter Verstoß gegen die elementaren Mitgliedschaftsrechte der Klägerin zu sehen sei. Ein grober Verstoß sei erst dann zu bemängeln, wenn der Wohnungseigentümer ganz bewusst von der Teilnahme an der Versammlung und seiner Stimmrechtsausübung ausgeschlossen wird. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn nach Anberaumung der Versammlung zur Unzeit ein Wohnungseigentümer ausdrücklich auf seine zeitliche Verhinderung hinweisen würde und der Verwalter trotzdem eine Verlegung der Versammlung ablehnen würde.

Im vorliegenden Fall sieht das Gericht eine solche Konstellation nicht gegeben. Es weist auf den Vortrag der Beklagten und Berufungsklägerin hin, dass die Klägerin kommentarlos Vollmacht zur vertretungsweisen Stimmrechtsausübung erteilt hatte und höchstwahrscheinlich auch nicht an der Versammlung teilgenommen hätte, wenn der Beginn für einen späteren Zeitpunkt bestimmt worden wäre, da sie bislang nie an einer Versammlung teilgenommen hatte.
Darüber hinaus verweist das Gericht darauf, dass die Klägerin auch im Falle ihrer Teilnahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht das Abstimmungsergebnis beeinflusst hätte.

Hinsichtlich der Verletzung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit durch Teilnahme eines Rechtsanwalts an der Versammlung räumt das Gericht ein, dass möglicherweise im vorliegenden Fall ein konkludenter Verzicht auf das Gebot der Nichtöffentlichkeit nicht ausgereicht haben könnte. Jedoch geht das Gericht auch in diesem Fall davon aus, dass der Mangel sich nicht kausal auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat. Außerdem hat das Gericht ausgeschlossen, dass der teilnehmende Rechtsanwalt die Versammlungsteilnehmer in ihrem Abstimmungsverhalten beeinflusst hat, da bereits eindeutige Mehrheitsverhältnisse vorhanden waren.

Zur Frage der Nichtöffentlichkeit stellt das Gericht fest, dass die Klägerin sich hier das gesamte Verhalten ihrer Bevollmächtigten im Rahmen der maßgeblichen Abstimmung zurechnen lassen muss und sieht im Verhalten der Versammlungsteilnehmer zumindest einen konkludenten Verzicht auf die Einhaltung des Gebots der Nichtöffentlichkeit.

Dokumentation: Landgericht Berlin, Urteil vom 05.02.2013 – 85 S 31/12 WEG = ZWE 2013, 458

Ratschlag für den Verwalter

Eine Eigentümerversammlung muss so anberaumt werden, dass es auch berufstätigen Wohnungseigentümern zumutbar ist, daran teilzunehmen. Auch wenn der Zeitpunkt der Versammlung grundsätzlich im Ermessen des Verwalters steht, so ist diese Maßgabe bei Anberaumung der Versammlung zu beachten, um von vornherein Schwierigkeiten zu vermeiden. Dies gilt verstärkt bei einem Antrag auf Terminverlegung seitens eines oder mehrerer Eigentümer.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.