05.09.2017 Ausgabe: 6/2017

Von Verwaltungen und Vergütungen

Professionalisierung gibt’s nicht kostenlos!

Technische Innovationen, verändertes Anspruchsdenken und steigende gesetzliche Anforderungen – viel wurde in den vergangenen Monaten und Jahren über kommende Herausforderungen und die anstehenden, tiefgreifenden Veränderungen in der Immobilienverwaltungsbranche geschrieben und vorgetragen. Ein umfassendes Rezept, um all das als Chance zu begreifen und entsprechend zu bewältigen, sucht man jedoch vergeblich. Vielmehr gilt es, ein unternehmerisches Fundament zu schaffen, das zielgerichtetes Agieren und Reagieren zulässt.

Die Stellung der Verwaltung

Die unterschiedlichen Ansprüche und Herausforderungen lassen sich am besten grafisch darstellen – sie werden in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) und Mietshäusern von drei Seiten an die Verwaltung herangetragen:

  • dem Gesetzgeber (Umwelt), dessen Vorgaben zu erfüllen sind,
  • dem Gebäude oder Gemeinschaftseigentum (Objekt), dessen Wert zu erhalten oder zu steigern ist,
  • dem Gebäudeeigentümer oder der WEG (Subjekt), der/die zu vertreten und dessen/deren Ansprüche zu berücksichtigen sind. In der Mietverwaltung sind zusätzlich noch die Belange der Mieter zu beachten.

Diese drei Dimensionen definieren zum ­Großteil die Arbeit des Immobilienverwalters. Er agiert im Mittelpunkt (IV) als Bindeglied ­zwischen ihnen:



An der Schnittstelle der objekt-, subjekt- und umweltzentrierten Perspektive steht die Immobilienverwaltung, die alle Dimensionen durch konzeptionelles Handeln zusammenführt. Als zentraler Ansprechpartner bringt sie nicht nur die Interessen der einzelnen Wohnungseigentümer mit den notwendigen Maßnahmen am Gebäude in Einklang, sondern hat gleichzeitig die sich stets ändernden gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen und umzusetzen. Das Vorgehen muss daher sowohl an subjektbezogenen rechtlichen Bestimmungen (z. B. Wohnungseigentumsgesetz, BGB) als auch an objektbezogenen rechtlichen/technischen Vorgaben (z. B. Fördermittel, Gebäuderecht) und den Bedürfnissen der WEG (z. B. finanzielle Leistungsfähigkeit, spezifische Bedürfnisse) ausgerichtet werden.

Barrierefreiheit, Digitalisierung & Co.

Tagesaktuelle Herausforderungen sind in vielen Fällen wohl eher die nächste Betriebskostenabrechnung oder die Eigentümerversammlung als die Herstellung von Barrierefreiheit, das Aufsetzen neuer digitaler Prozesse und Abläufe, die Installation von Ladeinfrastruktur im Gebäude, energetische Sanierungen oder Smart Meter. Letztgenannte Vorgänge sind dabei aufwändiger und bedürfen einer umfassenderen Vorbereitung. Gleichzeitig sind es jedoch Prozesse, die erfolgreich zur Verbreiterung des eigenen Portfolios dienen und damit Wettbewerbsvorteile am Markt bedeuten.

Werden die „Zukunftsthemen“ auf das obige Modell übertragen, verdeutlicht sich die Vielschichtigkeit der Immobilienverwaltung, die den unterschiedlichen Interessen gerecht werden muss.

  • Die Herstellung von Barrierefreiheit und Ladeinfrastruktur für Elektromobilität erfolgt in den meisten Fällen auf Initiative einzelner Wohnungseigentümer und kann somit der Dimension „Subjekt“ zugeordnet werden.
  • Energetische Sanierungen und Energieeffizienzmaßnahmen werden oft durchgeführt, wenn das Gemeinschaftseigentum ohnehin stark sanierungsbedürftig ist (Objekt). Gleichzeitig sind Energieeffizienzmaßnahmen auch aufgrund gesetzlicher Regelungen (Umwelt) vorgesehen, z. B. bei Fassadenerneuerungen über der Bagatellgrenze von zehn Prozent oder beim Austausch von sogenannten C4-Heizthermen durch Brennwerttechnik.
  • Die Digitalisierung ist zum einen auf den innerbetrieblichen Wandel der Arbeitswelt zurückzuführen, auf der anderen Seite aber auch eine Konsequenz aus der digitalen Transformation des Alltags und dem damit veränderten Anspruchsdenken der Kunden (Subjekt), die durchgängige Erreichbarkeit sowie kurze Reaktionszeiten erwarten. Zugleich gibt der Gesetzgeber (Umwelt) mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende verpflichtend vor, Smart Meter im Gebäude (Objekt) einzubauen.

Damit diese Herausforderungen als Chancen genutzt und für alle Beteiligten zufriedenstellend gemeistert werden, bedarf es in der Immobilienverwalterwirtschaft eines zentralen Faktors: der Qualifikation. Denn sowohl die innerbetriebliche Optimierung als auch die externen Entwicklungen können nur durch qualifizierte Verwalterinnen und Verwalter begleitet werden.

Das nunmehr verabschiedete Gesetz zur Einführung von Zulassungsvoraussetzungen führt – entgegen seinem Namen – zwar keine Zulassungsvoraussetzungen ein, dafür aber die Verpflichtung zur Weiterbildung. Mit einem Umfang von 20 Stunden in drei Jahren kann sie jedoch nur ein erster Schritt zur Aufwertung der Verwaltertätigkeit sein. Langfristig soll ihre Ausübung einer Zulassungsbeschränkung unterliegen, um angemessene Qualität und hohe Professionalität von Beginn an zu gewährleisten. Doch die Qualifizierung der Branche gibt es ebenso wie Investitionen in neue Technologien nicht kostenlos, und so rückt das Thema Vergütung immer mehr in den Mittelpunkt.

Brauchen wir neue Vergütungsstrukturen?

Die Auswertung des 5. DDIV-Branchenbarometers zeigt, dass die Vergütungen seit 2010 inflationsbereinigt um knapp 6,2 Prozent gestiegen sind. Ein moderater Anstieg, der aber noch immer nicht im ausgeglichenen Verhältnis zu den in den vergangenen Jahren erheblich gewachsenen Aufgaben steht. Noch deutlicher wird das, wenn man das Umfeld betrachtet: Deutschlandweit stiegen die Reallöhne – inflationsbereinigt – von 2010 bis 2016 um rund 7,9 Prozent, also um 1,7 Prozentpunkte mehr als in der Immobilienverwalterbranche.

Eine faire, der Verantwortung und den Aufgaben angemessene Vergütung muss das Fundament einer qualitativ hochwertigen Immobilienverwaltung sein. Auch der Fachkräftemangel wird sich weiter bemerkbar machen. Auf lange Sicht könnten daher auch die Personalkosten überproportional zur Vergütung steigen. Denn auch hier gilt oft: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.

Wie also agieren? Wie können wir eine angemessene Vergütung erzielen und vor allem auch Eigentümergemeinschaften davon überzeugen?

Warum überdenken wir in diesem Kontext nicht unsere Vergütungsstrukturen radikal? Anstatt einen monatlichen Grundpreis pro Wohneinheit aufzurufen, ließe sich doch ebenso gut die detaillierte Erfassung der Arbeitszeit pro Objekt heranziehen. Ein Großteil der Arbeit des Verwalters liegt für Eigentümer bekanntermaßen im Verborgenen. Eine Kalkulation auf Basis von Stundensätzen bei der Übernahme von Eigentümergemeinschaften würde hingegen das gesamte Aufgabenspektrum, den kompletten Arbeitsaufwand sowie alle anfallenden Kosten darstellen – und genau das könnte doch auch abgerechnet werden. Allein die Zahl der verwalteten Einheiten sagt dagegen wenig aus über die technische Ausstattung, den Wartungsbedarf, den Instandhaltungsaufwand, die Anzahl der Eigentümer oder über bestehende Rechtsstreitigkeiten.

Eine auf betriebs- und objektbezogene Gegebenheiten gestützte Kalkulation der Mindestvergütung garantiert im Umkehrschluss die Wirtschaftlichkeit der verwalteten Objekte – zum Wohle der Eigentümer, die aufgelaufene Kosten noch besser nachvollziehen können.

Perspektivisch kann durchaus auch danach gefragt werden, ob wir einen Grund- und Sonderleistungskatalog abbilden müssen. Wir erbringen Leistungen und wollen entsprechend honoriert werden.

Ein „faires Honorar“ hat auch positive betriebsinterne Effekte – sei es bei der Fachkräftebindung, der Mitarbeitermotivation oder der Qualitätssicherung. Qualität setzt sich auf Dauer durch! Trotz neuer digitaler Kommunikationskanäle und Online-Portale basiert eine erfolgreiche Immobilienverwaltung nach wie vor auf dem persönlichen Austausch mit Eigentümern, ­Mietern und Dienstleistern.

Foto: © saknakorn / Shutterstock.com


VDIV Aktuell Autor - Martin Kaßler
Kaßler, Martin

Geschäftsführer 
Verband der Immobilienverwalter Deutschland e. V.