16.08.2021 Ausgabe: 5/21

Vorgelegt: die Zertifizierte-­Verwalter-Prüfungsverordnung

Zur Ausgestaltung des Zertifizierungserfordernisses nach der WEG-Reform:  zivilrechtliche Lösung statt Sachkundenachweis in der Gewerbeordnung
Die Diskussion um die Einführung einer Grundqualifikation für Immobilienverwalter wird seit 2011 geführt. Damals kam das vom VDIV Deutschland beauftragte „Zuck-Gutachten“ zu dem Ergebnis, dass die Einführung einer Berufszulassungsregelung die Berufsfreiheit nicht tangiert. Damit wurde das seit Langem genutzte Argument, das Grundgesetz stehe der Mindestqualifikation entgegen, ausgehebelt. 2016 legte der Gesetzgeber einen Entwurf zur Einführung eines Sachkundenachweises vor, der neben dem Vorliegen der erforderlichen Zuverlässigkeit und geordneter Vermögensverhältnisse sowie einer verpflichtenden Berufshaftpflichtversicherung Voraussetzung für die Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis sein sollte. Nachdem sich der Nationale Normenkontrollrat damals – ganz auf der Linie des Bundeswirtschaftsministeriums – gegen die Einführung des Sachkundenachweises ausgesprochen hatte, wurde 2018 lediglich eine Weiterbildungspflicht von 20 Stunden verabschiedet, die innerhalb eines Drei-Jahres-Zeitraums zu erbringen ist. Und auch diese Regelung kam nur schwer zustande.

WEG-Novelle: Zertifizierung wird Bestandteil ordnungsgemäßer Verwaltung.
Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1. Dezember 2020 gehört zur ordnungsgemäßen Verwaltung laut § 19 Abs. 2 Nr. 6 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) die Bestellung eines gemäß § 26a WEG zertifizierten Verwalters. Ausnahmen gelten für Liegenschaften mit weniger als neun Sondereigentumsanteilen, wenn ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde und wenn weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer (§ 25 Abs. 2 WEG) die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangt. Die Neuregelung betrifft Bestellungsbeschlüsse ab 1. Dezember 2022. Wer bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes Verwalter einer Eigentümergemeinschaft war, gilt bis 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter (§ 48 Abs. 4 WEG). Als zertifizierter Verwalter darf sich nach § 26a Abs. 1 WEG bezeichnen, wer vor einer Industrie- und Handelskammer (IHK) durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt.

BMJV legt Verordnungsentwurf vor

Mit dem am 4. Juni veröffentlichten Verordnungsentwurf – Zertifizierter-Verwalter-Prüfungsverordnung (ZertVerwV) – kommt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) seiner aus § 26a Abs. 2 WEG herrührenden Pflicht nach, genauere Bestimmungen für das Prüfungsverfahren und die Prüfungsgegenstände zu schaffen, um eine einheitliche Qualität der Zertifizierung sicherzustellen.

Von dieser zivilrechtlichen Lösung werden zwar die Voraussetzungen zur Ausübung der gewerblichen Tätigkeit nicht berührt, jedoch wird mit dem Zertifizierungserfordernis für die WEG-Verwaltung eine bisher nicht erforderliche Basisqualifikation geschaffen, auf der die kontinuierliche berufliche Weiterbildung im Sinne des § 34c Gewerbeordnung (GewO) aufbauen kann. Die Voraussetzungen des § 34c GewO in Verbindung mit § 15b Makler- und Bauträgerverordnung gelten aber uneingeschränkt fort.

Für die Prüfung ist eine bundeseinheitliche Regelung vorgesehen, die vor jeder dies anbietenden IHK abgelegt werden kann. Die Prüfung besteht aus einem mindestens 90-minütigen schriftlichen und einem mindestens 15-minütigen mündlichen Teil. Das Prüfungsspektrum reicht von immobilienwirtschaftlichem Basiswissen über rechtliche Grundlagen bis hin zu kaufmännischen und technischen Kenntnissen, wobei die Vorgabe in der Verordnung den Schwerpunkt noch stärker auf für WEG-Verwalter relevante Inhalte setzen sollte.

Wer muss sich zertifizieren?
Wer unmittelbar mit Aufgaben der WEG-Verwaltung betraut ist, wer Versammlungen leitet oder außerhalb einer Versammlung Entscheidungen als Verwalter trifft (vergleiche § 27 WEG), muss die Prüfung zum zertifizierten Verwalter ablegen. Personen, die untergeordnete Tätigkeiten ausführen, etwa im Sekretariat oder als Hausmeister, sind von der Zertifizierung befreit. Personen, die ausschließlich Leitungsaufgaben im Unternehmen wahrnehmen, ohne selbst unmittelbar mit Aufgaben der WEG-Verwaltung betraut zu sein, müssen keine Zertifizierung vorweisen. Passend dazu gibt die Verordnungsbegründung Aufschluss darüber, dass die Frage, wer unmittelbar mit Aufgaben der WEG-Verwaltung betraut ist, losgelöst von der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis zu beantworten ist.

Wann gilt man als zertifizierte Verwalter?

Juristische Personen und Personengesellschaften dürfen sich nach § 8 Abs. 1 ZertVerwV-E nur dann als zertifizierte Verwalter bezeichnen, wenn von den bei ihnen Beschäftigten, die unmittelbar mit Aufgaben der WEG-Verwaltung betraut sind, alle die Prüfung zum zertifizierten Verwalter bestanden haben. Alternativ muss mindestens die Hälfte die Prüfung zum zertifizierten Verwalter bestanden haben, die übrigen müssen nach § 7 ZertVerwV-E einem zertifizierten Verwalter gleichgestellt sein. Auch hier muss kritisch hinterfragt werden, warum dies nicht auch dann gilt, wenn alle Beschäftigten, die unmittelbar mit Aufgaben der WEG-Verwaltung betraut sind, die Befreiungsvoraussetzungen des § 7 ZertVerwV-E erfüllen. Solche Unternehmen sind definitiv gleichwertig qualifiziert, und es darf keinesfalls nachteilige Auswirkungen haben, wenn ein Großteil der Beschäftigten – und damit mehr als die in der Regelung vorgesehene Hälfte – aufgrund der bereits vorhandenen Berufs- bzw. Ausbildungsqualifikationen von der Prüfungspflicht befreit ist. 

Befreiung von der Prüfungspflicht
Von der Prüfung zum zertifizierten Verwalter befreit sind nach § 7 S. 1 ZertVerwV Personen, die die Befähigung zum Richteramt haben, Immobilienkaufleute sowie Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft mit abgeschlossener Berufsausbildung und Absolventen eines Hochschulstudiums mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt. Die gesetzliche Aufzählung ist nach der vorliegenden Entwurfsbegründung bewusst sehr eng gefasst, obwohl die in § 26a Abs. 2 Nr. 4 WEG aufgezählten Abschlüsse keiner Ausschließlichkeit unterliegen, sondern ausdrücklich „vergleichbare Berufsabschlüsse“ mit einbeziehen.

Im Sinne des Prüfungszwecks sollte demzufolge § 7 S. 1 ZertVerwV-E konsequenterweise ergänzt werden um den Passus: „oder einen vergleichbaren Berufsabschluss besitzt“. Denn Berufsqualifikationen sind dann vergleichbar, wenn entsprechend dem jeweiligen Rahmenlehrplan nach Umfang und Güte vergleichbare Lerninhalte der WEG-Verwaltung Berücksichtigung finden.

Nachbesserungsbedarf bei ­gleichwertig Qualifizierten
In § 7 S. 2 des Verordnungsentwurfs heißt es: „solange die in Satz 1 genannten Personen nicht eine Prüfung nach § 3 bestanden haben, dürfen sie sich nicht als zertifizierte Verwalter bezeichnen“. Dieser Satz sollte mangels Nachvollziehbarkeit aus dem Entwurf gestrichen werden. Denn diese Personen erfüllen aufgrund einer folgerichtigen Gleichstellung den Anspruch der ordnungsgemäßen Verwaltung nach § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG. Eine Überlegung wert wäre es, zur besseren Nachweisbarkeit der Qualifikation in der Verordnung eine Rechtsgrundlage zu schaffen, damit die zuständige IHK ein entsprechendes Gleichstellungszertifikat aufgrund der Erfüllung des Befreiungstatbestandes nach § 7 ausstellen kann.

Zudem sollten Personen, die schon frühzeitig oder innerhalb der geltenden Übergangsfristen eine fundierte Qualifikation im Umfang der inhaltlichen Anforderungen erworben haben, einen Vertrauensschutz genießen. Das heißt, diese Qualifizierungen sollten ebenfalls gleichgestellt werden. Solch eine Gleichstellung existiert u. a. in § 27 der Versicherungsvermittlungsverordnung.

FAZIT
Der vorliegende Entwurf bedarf noch einer dringenden Überarbeitung. Es steht sonst zu befürchten, dass die Regelungen sowohl aufseiten der Verbraucher als auch bei WEG-Verwaltungen zu mehr Unsicherheit als Klarheit führen. Der VDIV Deutschland wird in seiner Stellungnahme zum Entwurf umfassend darauf hinweisen und auch auf weitere Sachverhalte eingehen, die den Rahmen dieses Magazins sprengen würden. Der Entwurf der Verordnung ist auf der Website des BMJV abrufbar:
https://t1p.de/g2g0

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Kaßler, Martin

Geschäftsführer des VDIV Deutschland