22.07.2021 Ausgabe: 4/21

Vorsicht, Falle! Worauf Verwaltungen achten müssen, damit die Besonderheiten des ­Gewerberaummietrechts nicht zu Fallstricken werden.

Eine fehlende Vollmacht kann zum Verhängnis werden: Wichtige Willenserklärungen, zum Beispiel auch die Erklärung einer Kündigung, sollten nur unter Beifügung einer Originalvollmacht abgegeben werden. Denn der Mieter kann die Kündigungserklärung gemäß § 174 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurückweisen, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorgelegt hat. Die Willenserklärung ist dann unwirksam!

Beispiel: Aufgrund einer entsprechenden Klausel im Mietvertrag verlängert sich ein Mietverhältnis automatisch um zwei Jahre, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Frist gekündigt wurde. Drei Tage vor Ablauf der Frist kündigt der Verwalter das Mietverhältnis, ohne die Vollmacht vorzulegen, die ihn dazu berechtigt. Der Mieter weist die Kündigung vier Tage später gemäß § 174 BGB zurück. Sie ist damit unwirksam, und der Verwalter kündigt erneut, diesmal mit Vorlage der Vollmacht, aber nicht mehr innerhalb der Frist. So verlängert sich das Mietverhältnis aufgrund der Vertragsklausel um zwei Jahre, was nicht im Interesse des Eigentümers war.

Wer darf eine Kündigung erklären?
Aus der Stellung als Hausverwalter ergibt sich nicht automatisch auch die Vollmacht zur Kündigung eines Mietvertrages. In der Rechtsprechung ist dies selbst dann umstritten, wenn der Verwalter für den Eigentümer den Mietvertrag unterzeichnet hat. Tatsächlich reicht auch die Beifügung einer Kopie der Vollmacht nicht aus, nicht einmal eine notariell beglaubigte Fotokopie. Verwaltungen sollten also vorsorglich über eine ausreichende Zahl von Originalvollmachten verfügen.

Vorsicht: Die Vollmacht des Eigentümers ist nutzlos, wenn die Verwaltung in der Rechtsform einer GmbH auftritt, die Vollmacht entsprechend auf die GmbH ausgestellt ist, die Kündigungserklärung aber nicht von der Geschäftsführung, sondern der „Leitung der Hausverwaltung“ (oder der Sachbearbeitung) abgegeben wird. Entweder muss der Geschäftsführer die Willenserklärung (Kündigung) selbst unterzeichnen, oder er muss der Erklärung eine zweite Vollmacht beifügen, nämlich die, die den Unterzeichner persönlich dazu bevollmächtigt.

Prüfung der sofortigen Zurückweisung
Umgekehrt können sich auch Verwaltungen den § 174 BGB zunutze machen. Zum Beispiel wenn der Eigentümer ein Mietverhältnis beenden möchte, für das der Mieter aber eine Option auf weitere fünf Jahre hat, die er schriftlich innerhalb einer bestimmten Frist ausüben muss: Am vorletzten Tag der Frist macht dieser per Einschreiben von seinem Optionsrecht Gebrauch. Unterzeichnet hat das Schreiben aber nicht der organschaftliche Vertreter, sondern (nur) ein/e leitende/r Mitarbeiter/in. Wenn der Hausverwalter hier nicht sofort reagiert, ist die Option wirksam ausgeübt. Wenn er aber die Optionserklärung unverzüglich gemäß § 174 BGB zurückweist, wobei er natürlich selbst wie oben beschrieben § 174 BGB beachten muss, hat der Mieter keine Möglichkeit mehr, rechtzeitig zu optieren, da die Frist inzwischen abgelaufen ist.

Achtung: Verwalter sollten die Zurückweisung gemäß § 174 BGB auch dann prüfen, wenn die Optionserklärung (oder eine andere Willenserklärung) im Namen des Mieters von einem Anwalt abgegeben wird, der aber entweder keine oder nur eine Kopie bzw. einen Scan der Vollmacht vorlegt.

Notwendigkeit des Nachtrags bei Mieterhöhung
Bei Wertsicherungs- bzw. Indexklauseln müssen Verwaltungen unterscheiden: Handelt es sich um sog. automatische Wertsicherungsklauseln, so genügt es, Mietern mitzuteilen, dass sich die Miete rückwirkend erhöht hat. Eine förmliche Nachtragsvereinbarung ist nicht erforderlich. Handelt es sich dagegen um eine sog. Leistungsvorbehaltsklausel, so erhöht sich die Miete nicht automatisch. Die eingetretene Indexveränderung ist nur Voraussetzung dafür, dass die Verwaltung für den Vermieter eine höhere Miete verlangen kann; wozu sich der Mieter aber einverstanden erklären muss.

Auch wenn es sich nur um geringfügige Mieterhöhungsbeträge handelt, ist in diesem Fall eine schriftformgerechte Nachtragsvereinbarung notwendig. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Mieter später wegen der nicht eingehaltenen Schriftform gemäß § 550 BGB den Vertrag vorzeitig kündigen kann (BGH, Urteil vom 11.4.2018, Az. XII ZR 43/17). Die Nachträge sollten durchnummeriert werden und auf den Ursprungsvertrag und die bisherigen Nachträge Bezug nehmen; dann brauchen sie mit diesen nicht fest verbunden zu werden.

Antrag auf Erlaubnis zur Untervermietung
Mieter sind grundsätzlich ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, eine Mietsache unterzuvermieten. Verweigert ein Vermieter allerdings diese Erlaubnis, so hat der Mieter gemäß § 540 Abs. 1 S. 2 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht, kann sich also vorzeitig aus dem Vertrag lösen.

Verwalter sollten die Genehmigung also keinesfalls vorschnell verweigern, sondern zunächst den genauen Sachverhalt klären. Stellt sich zum Beispiel heraus, dass der Untermieter die Sache zu einem ganz anderen Zweck nutzen wird als der Hauptmieter, so kann man die Genehmigung in der Regel verweigern, ohne dass dem Mieter ein Sonderkündigungsrecht zusteht. Liegt die beabsichtigte Nutzung durch den Untermieter aber im Rahmen der mit dem Hauptmieter vereinbarten, so darf der Verwalter die Genehmigung nur verweigern, wenn die Person des Untermieters selbst dafür einen wichtigen Grund bietet, etwa fehlende Bonität.

Die Schriftform wahren!
Die Nichtbeachtung der gesetzlich festgelegten Schriftform führt zur vorzeitigen Kündbarkeit eines Mietvertrages, auch wenn dessen Laufzeit noch viele Jahre beträgt. Um eine solche vorzeitige Kündigungsmöglichkeit des Mieters zu verhindern, müssen Verwaltungen auch bei Nachträgen darauf achten, dass diese schriftformgerecht geschlossen werden. Denn ein nicht der Schriftform genügender Nachtrag infiziert auch einen schriftformgerechten ursprünglichen Mietvertrag.

Beispiel: Der Mieter einer Bürofläche erhält drei zusätzliche Parkplätze, was ein Schriftwechsel bestätigt, der aber nicht ausreichend ist. Erforderlich ist eine schriftformgerechte, beiderseits unterzeichnete Nachtragsvereinbarung.

Solange § 550 BGB vom Gesetzgeber nicht reformiert worden ist, ist die gesetzlich geforderte Schriftform unbedingt zu beachten, denn man weiß ja heute nicht, wer schon morgen Interesse an der vorzeitigen Auflösung eines Vertrages haben könnte. Wird die Schriftform beachtet, sind Vermieter und Mieter an das gebunden, was sie vereinbart haben; es gilt dann „pacta sunt servanda“, das Prinzip der Vertragstreue im öffentlichen und privaten Recht.

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Schultz, Dr. Michael

Der Rechtsanwalt und Notar ist Partner der Kanzlei Müller Radack Schultz, Berlin
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