04.03.2014 Ausgabe: 2/2014

Wachsam bleiben!

Fallstricke bei der Regulierung von Gebäudeversicherungsschäden im Sondereigentum

Das „Allerweltsbeispiel“ eines Leitungswasserschadens zeigt eindrucksvoll, wie weit Theorie und Praxis in WEG-Sachen manchmal auseinanderliegen. Die Bearbeitung eines Wasserschadens durch Verwalter erfordert höchste Aufmerksamkeit.

Die Versicherung von Gemeinschafts- und Sondereigentum

Nach § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG gehört zwar eigentlich nur die Versicherung des gemeinschaftlichen Eigentums zur ordnungsgemäßen Verwaltung, doch wird die Versicherungspflicht in vielen Gemeinschaftsordnungen auch auf das Sondereigentum erweitert. Davon unabhängig bietet der deutsche Versicherungsmarkt in der Regel ohnehin nur Gebäudeversicherungen an, bei denen die mitunter schwierige Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum völlig irrelevant ist. Für den Versicherungsschutz kommt es auf die Eigentumsverhältnisse nicht an, so auch der BGH mit Urteil vom 18.01.2012 – IV ZR 140/09.

Rechtlich gesehen ist ein solcher Gebäudeversicherungsvertrag für eine WEG ein interessantes Konstrukt: Versicherungsnehmer ist die nach § 10 Abs. 6 S. 1 und 2 WEG rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband. Sie wird nach entsprechender Ermächtigung laut § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG bei Vertragsschluss vom Verwalter vertreten. Der Verband ist wegen § 10 Abs. 1 WEG jedoch selbst gar nicht Inhaber der Rechte und Pflichten aus dem Sonder- und Gemeinschaftseigentum; er hält nur das Verwaltungsvermögen, besagt § 10 Abs. 7 S. 1 – 3 WEG. Allerdings treten die betroffenen Wohnungseigentümer gegenüber dem Versicherer nicht auf.

Rechtlich schließt der Verband daher eine eigene Versicherung nur, soweit das Verwaltungsvermögen überhaupt von der Gebäudeversicherung erfasst wird, etwa bei selbst gehaltenen Wohnungseigentumseinheiten. Im Übrigen liegt ein nach §§ 43 ff. VVG so genannter Versicherungsvertrag für fremde Rechnung zu Gunsten der Wohnungseigentümer vor. Sie sind Mitversicherte für ihr Sondereigentum und ihren ideellen Anteil an der das Gemeinschaftseigentum betreffenden Bruchteilsgemeinschaft. Diese Mitversicherung schließt auch das Sachersatzinteresse ein, nicht von einem anderen Wohnungseigentümer wegen Verletzung seines Sondereigentums oder des Gemeinschaftseigentums in Anspruch genommen zu werden.

Zuständigkeit für die Schadenbehebung

Ist die Abgrenzung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum versicherungsrechtlich ohne Belang, verhält es sich im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer anders: Hier obliegt der Gemeinschaft nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG nur die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums, wobei der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 3 S. 1 Nr. 4 WEG vorbereitend und lediglich in Eilfällen gänzlich selbständig tätig wird. Die Instandhaltung des Sondereigentums dagegen ist nach § 14 Nr. 1 WEG ausschließlich Sache des jeweiligen Eigentümers. Die Zuständigkeiten sind hier also strikt voneinander abzugrenzen!

Schadenbehebung durch den Verwalter im Sondereigentum

Da gerade Leitungswasserschäden sich selten nur auf Gemeinschafts- oder Sondereigentum beschränken, ist die Aufteilung in der Praxis ärgerlich und künstlich. Wird etwa eine Wand nach einem Leitungsbruch saniert, betrifft das Gros der Arbeiten das Gemeinschaftseigentum. Spätestens aber beim Wandbelag reichen sie ins Sondereigentum hinein. Setzt man den Idealfall voraus, dass der Versicherer für alle Schäden aufkommt, stellt sich die Frage, ob der Verwalter nicht einfach alles aus einer Hand erledigen kann oder soll. Für viele Eigentümern eine nahe liegende Lösung, da sie sich nicht selbst um die Sanierung kümmern wollen.

Hier wird es kniffelig

Rechtlich ist dieser Ansatz nicht haltbar. Das Tätigwerden im Sondereigentum gehört nicht zu den Aufgaben des Verbands und des Verwalters. Hier ist allein der betroffene Wohnungseigentümer gefordert. Versicherungsrechtlich ist das auch kein Problem: Da der Wohnungseigentümer als Mitversicherter nach § 44 Abs. 2 VVG mit Zustimmung des Versicherungsnehmers (als Verband) seine Ansprüche beim Versicherer geltend machen kann, ist der Verband nach herrschender Meinung nur dazu verpflichtet, die Zustimmung zu erteilen und den einzelnen Eigentümer beim Durchsetzen seiner Ansprüche gegenüber dem Versicherer zu unterstützen, so auch das OLG Hamm mit Urteil vom 03.01.2008 – 15 W 420/06; KG, Beschluss vom 09.10.1991 – 24 W 1484/91. Verauslagt der Wohnungseigentümer Mittel für die von ihm gesteuerte Sanierung, kann er vom Versicherer Ersatz verlangen. Wird der Verband aber von sich aus über die reine Unterstützung hinaus tätig und zieht auch Mittel für den Wohnungseigentümer ein, muss er dafür haften, die eingezogenen Mittel verwalten, und eventuelle Verwalterverschulden, die beispielsweise durch verfrühte Zahlungen von Handwerkerrechnungen entstehen, werden dem Verband zugerechnet.

Neuere Versicherungsbedingungen legitimieren teilweise allein den Verband als Versicherungsnehmer zur Geltendmachung von Schadensansprüchen. Damit ist er auf Grund der Treuebindung zu seinen Mitgliedern zwar zur treuhänderischen Durchsetzung von Versicherungsansprüchen verpflichtet – zu mehr aber auch nicht! Die Instandhaltungslast verbleibt auch damit beim Sondereigentümer.

Der Einsatz von Mitteln des Verbands für die Behebung von Schäden im Sondereigentum entbehrt also jeder gesetzlichen Grundlage. Werden verauslagte Mittel später von der Versicherung erstattet, fällt das nicht ins Gewicht. Viel häufiger kommt es zu Deckungslücken. Und dann gestalten sich Regressforderungen beim Wohnungseigentümer als schwierig, weil sie sich nur auf vage gesetzliche Grundlagen stützt, etwa die so genannte Geschäftsführung ohne Auftrag oder §§ 951, 812 ff. BGB. Hier droht Verwaltern erheblicher Ärger wegen der Verwendung von Verbandsmitteln für verbandsfremde Zwecke.

Wie verhält es sich mit anderweitigen Abreden?

Für Verwaltungen kann es sich als geschickt erweisen, Eigentümern den Wunsch nach einer Schadensbehebung aus einer Hand auf Basis individueller Vereinbarungen zu erfüllen. Eine eingehende Aufklärung über die dargestellte Sachlage sollte dabei unbedingt erfolgen. Auf diese Weise kann der Verwalter (nicht der Verband!) nach § 164 BGB schuldrechtlich Handwerker im Namen und für Rechnung der einzelnen Eigentümer beauftragen und die Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend machen. Bei der Sanierung ist dann auf getrennte Beauftragungen und Rechnungen zu achten, weil Schäden am Gemeinschaftseigentum nur über den Verband und solche am Sondereigentum nur über die jeweiligen Sondereigentümer zu beauftragen und abzuwickeln sind. Gegenüber Handwerkern muss der Verwalter wegen § 164 Abs. 1 BGB deutlich machen, für wen er gerade als Vertreter tätig wird. Das ist deshalb wichtig, weil ihm nach § 27 Abs. 3 WEG die Befugnis für Positionen im Sondereigentum fehlt. Bei mangelnder Transparenz droht hier die Eigenhaftung, da sich aus § 179 BGB hier ein Vertreten ohne Vertretungsmacht ergibt.

Unbedingt hinweisen sollte man Eigentümer schon im Vorfeld darauf, dass sie als Auftraggeber für Arbeiten in ihrem Sondereigentum haften. Dies spielt vor allem dann eine Rolle, wenn die Versicherung Schäden nicht oder nicht ganz übernimmt, z. B. wenn eine Schadensbehebung zur Luxussanierung genutzt wird. Es empfiehlt sich eine vorherige detaillierte Abstimmung aller Beauftragungen und die Klärung der Deckungsfrage mit dem Schadensregulierer der Versicherung. Wegen § 5 Abs. 2 RDG darf der Verwalter hier teilweise sogar rechtsdienstleistend tätig werden.

Sondervergütung: Hier ist mehr für Sie drin.

Die Notwendigkeit individueller Abreden für Arbeiten am Sondereigentum hat für Verwalter noch etwas Gutes: Sie können für solche besonderen Serviceleistungen eine entsprechende Zusatzvergütung aushandeln. Je nach Versicherungsvertrag ist es sogar möglich, diese Vergütung als so genannte „Regiekosten“ bei der Schadensregulierung geltend zu machen. Das ist aber nicht immer der Fall.

Der Selbstbehalt: zu wessen Lasten?

Die meisten Gebäudeversicherungen beinhalten so genannte Selbstbehalte oder -beteiligungen. Versicherungen ziehen sie üblicherweise gleich von der ersten Auszahlung ab. Sind nun Sonder- und Gemeinschaftseigentum von einem Schaden betroffen, stellt sich die Frage, ob und wie sich der Selbstbehalt unter den Eigentümern aufteilt. Rechtsprechung und vorliegende Schriften haben diese Frage bisher kaum verlässlich geklärt. Ein Beitrag des Autors wird dazu demnächst vorliegen. Versicherungsvertraglich fällt der Selbstbehalt allein dem Verband als Versicherungsnehmer zur Last und ist in der Jahresrechnung nach dem üblichen Kostenverteilungsschlüssel auf alle Eigentümer umzulegen. Das gilt aber nur, wenn über § 16 Abs. 3 WEG keine abweichende Regelung beschlossen wurde. An sich ist der Selbstbehalt Teil der Versicherungsprämie, der damit zu den Betriebskosten zählt. Man kann freilich darüber streiten, ob eine abweichende Aufteilung des Selbstbehalts – etwa nach dem Verursacherprinzip – nicht auch der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Jedenfalls hat ein Sondereigentümer, der wegen des Selbstbehalts bereits Abzüge bei der Schadensregulierung in Kauf nehmen musste, Anspruch auf Erstattung durch den Verband, der diese Zahlung dann in die Jahresabrechnung einstellt.

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Dötsch, Wolfgang

Der Richter am Oberlandesgericht Köln ist seit einigen Jahren als Autor und Referent
im Miet- und Wohnungseigentumsrecht tätig.