22.01.2021 Ausgabe: 8/20

Wachsam bleiben - Wer beim Hauskauf nicht nach der Gebäudeversicherung fragt, riskiert schutzlos dazustehen.

Caveat Emptor – der römische Grundsatz, der Käufer möge sich vorsehen, möge wachsam sein (und ist er’s nicht, so ist das sein Schaden und nicht der des Verkäufers), ist um eine neue Variante bereichert: Wie Praktiker wissen, kauft man eine bestehende Gebäudeversicherung mit, wenn man ein Haus kauft – sie hängt sozusagen stärker am Gebäude, als am Eigentümer. Natürlich kann ein Käufer sie kündigen, modifizieren, kann auch gleich für neuen, eigenen Schutz sorgen. Wer aber nicht daran denkt, ist trotzdem geschützt – wenn es denn eine Police gibt. Und wenn nicht? Dann gibt es eben keine. Was aber gilt, wenn eine Police besteht, nach Kauf jedoch alsbald ausläuft?

Ein klassischer Pannenfall
Eine Immobilie wird per Notartermin am 3. Februar verkauft. Die „Verpflichtungen aus Versicherungen“ sollen mit der Kaufpreiszahlung auf den Käufer übergehen. Nun kündigt zwischenzeitlich der Versicherer die Gebäudeversicherung gegenüber dem Verkäufer im April zum 10. Mai. Am 11. April ist Übergabe, am 2. Mai fließt der Kaufpreis, am 22. Juni weht es das Dach des Hauses weg – ein Riesenschaden, den der Versicherer natürlich nicht mehr deckt, weil er nach dem 10. Mai entstanden ist. Auch der Verkäufer ist dafür nicht zuständig. Denn, so der mit dem Fall befasste „Grundstückssenat“ – es war nicht der „Versicherungssenat“, weil die Versicherung dem Eigentum an der Immobilie folgt und nicht umgekehrt – des Bundesgerichtshofes am 20. März 2020, Az. V ZR 61/19: Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, „für den Käufer vorzusorgen“. Der Versicherungsschutz für das Gebäude soll zwar lückenlos bestehen und nicht wegen eines Verkaufs einfach entfallen. Aber es ist nicht „Aufgabe des Verkäufers“, eine Versicherung vorzuhalten; und es gibt keine allgemeine, berechtigte Erwartungshaltung, dass man einen funktionierenden, noch beliebig lange laufenden Versicherungsschutz „mitkauft“. Nur der Versicherer, der soll nicht Prämie bekommen (haben), ohne noch leisten zu müssen, wenn dem Haus irgendwann im Übergang des Eigentums noch was passiert.

Hätte der Verkäufer es dem Käufer denn nicht sagen müssen, dass der Versicherer gekündigt hat? Nein! Und das ist nun der entscheidende Punkt: Der Käufer hätte fragen müssen: „Wie ist das mit dem Versicherungsschutz? Wie steht’s um die Gebäudeversicherung?“ Dann hätte der Verkäufer von der Kündigung berichten müssen, sei sie nun vor oder nach der Frage erfolgt. Gleichermaßen hätte er sagen müssen, dass es gar keine gibt, wenn dies der Fall gewesen wäre. Ungefragt aber musste er dazu nichts sagen!

Wer nicht fragt, …
Daraus folgt für den Erwerber wie für den wachsamen Verwalter, den ein Eigentümer für eine neu erworbene Immobilie einsetzt: Recherchiere die Versicherungsverhältnisse und prüfe daraufhin, wer der Versicherer ist, was genau versichert ist, welche Schäden abgedeckt sind und wie das Gebäude beschrieben ist. Auch hier sind Pannen möglich und leicht vermeidbar. Falls es dafür noch nicht zu spät ist, sollte man auch prüfen, ob nachgefragt worden ist, wie es um den Versicherungsschutz aktuell steht, und Sorge tragen, dass der Notarvertrag dazu Entsprechendes enthält oder wenigstens parallel eine Dokumentation erfolgt. Ist all das bereits erledigt: Selbst fragen! Denn wer nicht gefragt hat bzw. nicht fragt, riskiert, unversehens ohne Versicherung dazustehen.

Foto: © Gajus / Shutterstock.com


Naundorf, Dr. Christian

Der Berliner Rechtsanwalt ist Spezialist für Versicherungsrecht. www.racn.de