22.04.2014 Ausgabe: 3/2014

Wärmedämmung – Verbundsysteme: Effizienz, die sich bezahlt macht.

Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) fördern die Behaglichkeit in Wohnräumen, schützen die Bausubstanz, verringern durch höhere Innenwandtemperaturen das Risiko von Schimmelbildung und senken die ­Heizkosten. Die Investition in ein entsprechendes Fassadensystem ist die wohl effizienteste Variante zur Reduktion des ­Verbrauches von wertvollen Rohstoffen und Energie sowie der Emission von Schadstoffen.

Mehr als in den meisten Bereichen des Bauwesens zahlt die Investition sich über die Jahre durch Einsparungen aus. Für die objektive und umfassende Bewertung hinsichtlich der Relevanz für die Umwelt zählt nur eins: die Ökobilanz. Für Wärmedämm-Verbundsysteme fällt sie nachweisbar positiv aus.

Unterschiedliche Systeme

Wenn man sich grundsätzlich für eine Fassadendämmung entschieden hat, gibt es möglicherweise noch eine Vielzahl von Fragen auf dem Weg zur Auswahl des passenden Systems. Im Folgenden soll in einer kompakten Übersicht auf die wichtigsten Aspekte eingegangen werden. Die angebotenen Dämmsysteme unterscheiden sich in vielfältiger Art und Weise. Sie müssen die baurechtlichen Anforderungen generell und objektbezogen erfüllen, den Wünschen von Architekten und Bauherren entsprechen und sich im Wettbewerb der Anbieter mit möglichst differenzierenden Angeboten hervorheben.

Generelle Anforderungen

Ein Wärmedämm-Verbundsystem besteht aus mehreren Lagen, die kraftschlüssig miteinander verbunden sind. Das Kernprodukt ist die Dämmplatte, die außen auf das Mauerwerk aufgebracht wird, es wie ein wärmender Mantel schützt und den Verlust von Heizenergie verhindert. Die Befestigung der Dämmplatte erfolgt mittels Kleber und ggf. Dübeln. Auf der lückenlos verlegten Dämmstofflage wird eine Beschichtung aus Armierungsmörtel und dem zugehörigem, eingebetteten Armierungsgewebe aufgebracht. Abschließend werden als finale Schichten z. B. Putz und Farbanstrich aufgetragen, u. a. aus Gestaltungsgründen und um vor Witterung zu schützen.

Damit all diese Lagen dauerhaft miteinander verbunden und an der Wand bleiben, sind bestimmte Kenndaten der einzelnen Produkte und des Gesamtsystems zu erfüllen und in umfangreichen Prüfungen und Begutachtungen nachzuweisen. Dies ist baurechtlich eine der beiden Hauptanforderungen, die von autorisierten Prüfinstituten nachgewiesen werden und formalrechtlich schließlich in einer Zulassung (AbZ, ETA) münden. Eine weitere Kernforderung bezieht sich auf den Aspekt des Brandschutzes. Hier sollte generell, auch wenn die Landesbauordnung Ausnahmen zulässt, mindestens die Qualität „schwer entflammbar“ zur Ausführung kommen.

Befestigung und Standsicherheit

Im Fachjargon bedeutet „Standsicherheit“, dass die Gefahr von herunterstürzenden WDVS-Bauteilen eliminiert wird. Wie zuvor angedeutet, müssen die einzelnen Systemlagen in sich und zur Nachbarlage eine Mindestfestigkeit aufweisen. Wenn man im Labor Kräfte an ein WDVS anlegt, die über die Anforderungen (inkl. der hohen Sicherheitsbeiwerte) des Systems hinausgehen, reißt das schwächste Glied in der Kette (i. d. R. die Dämmplatte). Wenn man sich dies vor Augen führt und die Kräfte kennt, die auf eine Fassadendämmung einwirken, erklären sich die hohen Anforderungen an Verklebung und Verdübelung nahezu von selbst. Die einwirkende Hauptkraft auf ein WDVS mit Putzbeschichtung ist nicht das Eigenwicht bzw. die Erdanziehung, sondern der Wind. Da die sogenannte Windsogkraft insbesondere an den Gebäudeecken auftritt, besteht die Notwendigkeit, dass man bei erforderlicher Verdübelung mehr Dübel im Randbereich der Fassade setzen muss als in der Fläche abseits der Ecken. Darüber hinaus nimmt die Anzahl der Dübel mit steigender Gebäudehöhe zu, da dort auch höhere Windgeschwindigkeiten herrschen.

In aller Regel müssen gedübelte Systeme auch verklebt werden. Dies erklärt sich aus den Eigenschaften der für den Windsog optimierten Tellerdübel und aus statischen Betrachtungen zur Lastverteilung. Wann aber kann nur geklebt und auf Dübel verzichtet werden? Dazu müssen zwei Voraussetzungen vorliegen. Das schwächste Glied in der Kette der WDVS-Schichten muss eine Mindestfestigkeit aufweisen, die den jeweiligen Windsogkräften standhält. Bei Steinwolleplatten ist dies nicht der Fall, sie müssen immer gedübelt werden. Bei Polystyrol und so genannten Steinlamellenplatten kommt prinzipiell eine reine Verklebung in Frage. Dies ist jedoch nur möglich, wenn eine ausreichende Haftung zwischen Kleber und Untergrund erreicht werden kann. Im Neubau meist kein Problem, bei Renovierungen heißt es dagegen kleben und dübeln oder die Mindest-Haftzugswerte zum Untergrund messtechnisch zu belegen. Im konkreten Fall ist die Bemessung der baurechtlich geforderten Verdübelung eine planerische Aufgabe auf Basis der Angaben zur Standsicherheit des verwendeten Systems und der objektspezifischen Gegebenheiten unter Berücksichtigung von Gebäudegeometrie, Windlastzone, etc.

Die Verbreitung der Systeme

In Deutschland werden für die Dämmung von Massivbaufassaden aus Mauerwerk oder Beton zu über 95 Prozent Dämmplatten aus Polystrol (EPS) oder Steinwolle verwendet. Polystyrol zeichnet sich durch gute Dämmwerte, hervorragende Verarbeitungseigenschaften und ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis aus. Steinwolle kommt überwiegend bei Gebäuden mit höchsten Brandschutzanforderungen zum Einsatz. Ihr Marktanteil ist in den letzten zwei Jahren von 12 auf 15 Prozent ­gestiegen.

Interessant ist hier auch der Blick auf weitere Dämmstoffe: So genannte Hochleistungsdämmstoffe sind derzeit eine dynamisch wachsende Gruppe mit einem Marktanteil von mittlerweile über 2 Prozent. Die starke Nachfrage begründet sich mit der geringeren Materialstärke. Schlanke Sandwichaufbauten auf Basis von Polyurethan und Phenolharz rechtfertigen oft  Mehrkosten von mindestens 30 Prozent gegenüber herkömmlichen Dämmsystemen durch Wohnraumgewinn, geringere Ausladungen der Details und weil sie in der Regel keine Verlängerung des Dachüberstandes ­erfordern.

Die zweite Kategorie bilden ökologische Dämmstoffe mit einem momentanen Marktanteil von knapp 1 Prozent. Aufgrund des wachsenden ökologischen Bewusstseins und der damit einhergehenden steigenden Bedeutung von natürlichen Ressourcen ist auch zukünftig von einer stärkeren Nachfrage nach ökologischen Dämmstoffen auszugehen. Aktuell haben Dämmplatten aus Mineralschaum und Holzfaser mit ca. 90 Prozent hier den größten Anteil. Es gibt jedoch bereits neue Entwicklungen aus schädlingsresistenten und mechanisch hervorragend geeigneten nachwachsenden Rohstoffen, z. B. auf Basis von Hanf.



Stauder, Dieter

Der Leiter Produktmanagement Fassaden- und Dämmtechnik ist bei CAPAROL Farben Lacke Bautenschutz GmbH tätig.
www.caparol.de