20.10.2022 Ausgabe: 7/22

Wandel der Immobilienwirtschaft

Ein Trend zeichnet sich ab

Mit dem jährlich durchgeführten Branchenbarometer fragt der VDIV Deutschland Kennzahlen ab, nimmt Stimmungen auf und zeigt Trends. Was bewirken Novellen, Gesetzesänderungen, Fachkräftemangel und ein steigendes Selbstbewusstsein? Wie bewerten Immobilienverwalterinnen und -verwalter die aktuelle Lage, wie rüsten sie sich für die Zukunft?

Die Immobilienwirtschaft ist eine stabile, langlebige und sichere Branche. Kein Wunder also, dass auch die Laufzeiten der Immobilienverwaltung bisher länger als die einmalige Vertragslaufzeit waren. Traditionell werden Wohnungseigentümergemeinschaften über lange Zeiträume betreut, Vertragsverlängerungen angestrebt und neue Gemeinschaften dazu gewonnen – auch, wenn die Gemeinschaften sich in der bisherigen Zusammenarbeit als zu aufwendig und damit unrentabel erwiesen haben oder eine zu kleine Anzahl an Einheiten haben, um gewinnbringend zu sein.

Doch die Zeiten ändern sich, das Selbstbewusstsein der Immobilienverwaltungen wächst und der Bestand wird bei den meisten Unternehmen eher gehalten und bereinigt, als vergrößert. Der Fokus auf den vorhandenen Bestand lässt sich auch im diesjährigen Branchenbarometer erkennen. Die Unternehmen setzen auf weniger Objekte, in denen sich eine nahezu gleichbleibende Zahl von Einheiten befindet, und steigern damit die Effizienz der Verwaltungsarbeit. Bei der Erweiterung ihrer Verwaltungsbestände durch neue Mandate von Eigentümergemeinschaften wird nur ein geringer Teil der befragten Unternehmen selbst aktiv. Ein Großteil, 87,9 Prozent, verzichtet gänzlich auf Akquisetätigkeiten.51,3 Prozent der befragten Unternehmen verzichten trotz Anfrage auf die Übernahme von Wohnungseigentümergemeinschaften. Nur jede vierte befragte Immobilienverwaltung gab an, keine Wohnungseigentümergemeinschaft abzulehnen. Knapp ein Fünftel bestätigt, Abwehrangebote zu unterbreiten. Sowohl die Ablehnung von Anfragen sowie das Unterbreiten von Abwehrangeboten zeigt, dass Immobilienverwalterinnen und -verwalter sich ihre Kunden unter den Wohnungseigentümergemeinschaften selbst aussuchen möchten, dass sie ihren Wert erkannt haben und nicht mehr unter diesem arbeiten und verwalten wollen.

Die Entwicklung zeigt sowohl ein steigendes Selbstbewusstsein der Branche als auch die umfassende Professionalisierung. Was früher undenkbar war, zeigt sich nun immer mehr: Immobilienverwaltungen nehmen nicht mehr jede Gemeinschaft an, sondern bereinigen den vorhandenen Bestand, stoßen bereits vorhandene, aber unrentable Kunden ab. Bei der Auswahl der Mandate stellt die Anzahl der Verwaltungseinheiten eine entscheidende Bezugsgröße dar. 55,1 Prozent der Teilnehmenden geben an, Mandate erst ab einer Mindestanzahl von Einheiten anzunehmen. Dies dient der Effizienzsteigerung der Unternehmen. 

Der Trend der Bereinigung scheint erkennbar. Dieser kann durch den Fachkräftemangel noch potenziert werden. Das Abstoßen schwieriger Gemeinschaften entlastet Mitarbeitende in der Verwaltung, die konsequente Annahme von Mandaten mit einer Mindestanzahl an Einheiten führt zu einer Effizienzsteigerung und trägt dazu bei, dass die Arbeit mit der vorhandenen Personaldecke geschafft werden kann. Was für die Verwaltungen gut ist, wird für kleine  Wohnungseigentümergemeinschaften zum Problem. Für sie wird es, je weiter die Tendenz ausreift, immer schwieriger, eine professionelle Hausverwaltung zu finden. Denkbar ist, dies durch eine erhöhte Vergütungsstruktur auszugleichen. Hinzu kommt die aufgrund des neuen Wohnungseigentumsgesetzes entstandene Möglichkeit, nur Teilleistungen anzubieten. Auch dadurch können sich neue Geschäftsfelder entwickeln, kann ein Nischenmarkt entstehen.

Reents, Jennifer

Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des VDIV Deutschland