07.09.2022 Ausgabe: 6/22

Wann, wenn nicht jetzt? - Wer sich heute keine Gedanken über seine Vergütung macht, bleibt morgen auf der Strecke

Unzählige neue Aufgaben sind in den letzten Jahren für Immobilienverwalter entstanden, die Ansprüche der Kunden immer weiter gestiegen, und die Personalsituation hat sich drastisch verschärft. Ungeachtet der guten Marktlage, in der sich Verwalter vor Anfragen kaum retten können, herrscht im Rhein-Main-Gebiet Preiskampf. Immer wieder klagen Mitglieder des VDIV Hessen darüber, mit welchen Preisvorstellungen manche Verwaltungsunternehmen sich bei Eigentümergemeinschaften präsentieren. Bei z. T. komplexen Liegenschaften, die mitunter gerade in den Frankfurter Neubaugebieten über eine Vielzahl technischer Einrichtungen verfügen, macht der Blick auf die Honorare deutlich: Das kann nicht auskömmlich, vor allem nicht gewinnerbringend sein. Aber es gibt bekanntlich immer einen, der es billiger macht.     

Zeit zu handeln
Im April 2021 gründete der hessische Landesverband den Arbeitskreis „Verwaltervergütung, “ zu dem sich acht Verwaltungen unterschiedlicher Unternehmensgrößen und -strukturen aus ganz Hessen zusammenfanden – von 300 bis 8.000 Einheiten, mit Sitz in der Stadt und im Agglomerationsraum, von Kassel über Frankfurt bis Darmstadt, von jungen Unternehmern bis hin zu Verwaltern mit 30 Jahren Berufserfahrung. Das Ziel des Arbeitskreises: den Verbandsmitgliedern deutlich machen, wie Verwaltervergütung kalkuliert werden sollte. In zahlreichen Online-Meetings wurde ein „Kalkulationsgerüst“ entwickelt, in dem Immobilienverwalter zunächst ihre Fixkosten erfassen. Allein in diesen Diskussionen innerhalb des Arbeitskreises zeigte sich bereits, welche Kosten oftmals gar nicht bedacht werden. Im zweiten Schritt können Verwalter den Aufwand für das entsprechende Objekt erfassen, sodass sich im dritten Schritt nach Angabe der prozentualen Gewinnerzielungsabsicht automatisch ergibt, welchen Preis Verwalter einer Eigentümergemeinschaft anbieten müssen.

Neben der Entwicklung dieses praktischen Hilfs­mittels hatte sich der Arbeitskreis auch zum Ziel gesetzt, den Status quo in Hessen zu erheben. An der Online-Befragung beteiligten sich im Zeitraum von Mitte Dezember 2021 bis Ende Januar 2022 rund ein Drittel der hessischen Mitglieder. Abgefragt wurden zunächst allgemeine Unternehmensdaten, die angewandten Stundensätze sowie mit Bezug auf den WEG-Verwaltervertrag, der vom VDIV NRW und VDIV Hessen gemeinsam herausgegeben wird, inwieweit Verwaltungen die variablen Vergütungen überhaupt und in welcher Höhe bereits in Rechnung stellen.

Teils erschreckende Ergebnisse
Während die Grundvergütung bzw. Mindestgebühr bei kleinen Objekten bis zehn Einheiten durchaus in vielen Fällen im wirtschaftlichen Bereich liegt, gab es haarsträubende Erkenntnisse bei den Stundensätzen: Wird ein einheitlicher Stundensatz für alle Beschäftigten abgerechnet, was zumin­dest in Hessen derzeit (noch) nicht marktüblich ist, geben manche Verwaltungen hier einen Satz von 30 oder 40 Euro netto pro Stunde an. Auch bei einzelnen Leistungen stellte sich dem Arbeitskreis die Frage, wie die Pauschale den Auf­wand decken soll. Für einen Umlaufbeschluss werden bei pauschaler Berechnung beispielsweise durchschnittlich 170 Euro in Rechnung gestellt, wobei das Spektrum bereits bei 75 Euro beginnt. Wenn dieser Preis kostendeckend sein soll, kann es sich nur um ein Kleinstobjekt handeln, dessen Verwaltung sich äußerst unkritisch gestaltet. Realistisch dürfte wohl eher das in der Befragung genannte Maximum von 300 Euro sein oder noch besser: die Kalkulation nach Stundensatz.

Honorarerhöhungen im Bestand kaum möglich
Eine häufig von Mitgliedern geschilderte Problematik besteht darin, dass sich vor allem für Objekte, die schon lange in einer Verwaltung sind, keine höhere Vergütung durchsetzen lässt und letztlich an nicht enden wollenden Diskussionen mit den Eigentümern scheitert. Im Arbeitskreis wurde daher als weitere Handreichung für die Mitglieder auch ein „Argumentationspapier“ zusammengestellt, welches es den Verwaltern erleichtern soll, ihre Forderung einer angemessenen Vergütung in der Eigentümerversammlung entsprechend zu bekräftigen.

All diese Ergebnisse und Unterlagen wurden in einem Online-Meeting im Februar vorgestellt. Die hohe Teilnehmerquote bewies den Informationsbedarf. Deshalb wurde das Thema auch beim 17. Verwalterforum in Bad Homburg v. d. H. am 24. Juni aufgegriffen. Die dortige Diskussionsrunde sollte Verwalter vor allem dazu ermutigen, mit gestärktem Rücken in die nächste Versammlung zu gehen und bei Vergütungsverhandlungen auch große Schritte zu wagen. Inflation, Arbeitskräftemangel, viele neue Aufgaben – wenn nicht jetzt, wann denn dann?

Sind langfristige Verträge noch zeitgemäß?
Durchaus unterschiedliche Meinungen gab es hingegen zu der Frage, ob langfristige Verträge derzeit überhaupt noch sinnvoll erscheinen. Auch wenn ein Verwaltervertrag die jährliche Erhöhung vorsieht, können Unternehmer derzeit doch selbst nicht absehen, wie sich ihre Kostenstruktur entwickelt. Das Argument, langfristige Verträge würden langfristige Planungssicherheit bieten, greift auch nicht mehr, weil Verwalter ohnehin jederzeit ohne wichtigen Grund abberufen werden können.

Nicht die Steigerung des Umsatzes ist entscheidend, sondern die Steigerung des Gewinns. Deshalb kann es durchaus auch notwendig sein, sich von Objekten zu trennen. Die derzeitige Marktlage bietet zumindest im Rhein-Main-Gebiet keinen Grund zur Sorge, stattdessen eher die Qual der Wahl: Mancherorts geht es darum, sich aus der Vielzahl der Objekte die „Rosinen“ herauszupicken. Noch wichtiger als Umsatz und Gewinn ist aber eines: der respektvolle Umgang miteinander. So können (und sollten!) Verwaltungen durchaus auch mal ein Zeichen setzen, indem sie sich von einer Gemeinschaft trennen, in der Anspruch und Umgang nicht zusammenpassen, allein schon zum Schutz ihrer Mitarbeiter.