21.01.2022 Ausgabe: 1/22

Was bedeutet die TKG-Novelle? - Relevante neue gesetzliche Grundlagen

Mit dem am 1. Dezember 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (TKMoG) wurde die EU-Richtlinie 2018/ 1972 vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation in nationales Recht umgesetzt. Ziel ist es, den Rechtsrahmen für die Telekommunikationsdienste in der Europäischen Union weiter zu vereinheitlichen, den Netzausbau zu beschleunigen und die Verbraucherrechte zu stärken. Für Verwaltungsunternehmen, Wohnungseigentümer und Vermieter sowie für Netzbetreiber kommt es in der Umsetzung nun darauf an, auf Grundlage der neuen rechtlichen Regelungen und unter Wahrung der jeweiligen Interessen für alle Beteiligten wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu entwickeln.

Die Betriebskostenumlage entfällt
Die Umlagefähigkeit der Kosten für den Betrieb der Gemeinschaftsantennena nlage sowie für Breitbandanschlüsse wird für Bestandsanlagen mit Wirkung ab 1. Juli 2024 abgeschafft. Als Betriebskosten umlagefähig bleiben für diese Anlagen ab dann nur noch die reinen Stromkosten sowie bei Gemeinschaftsantennenanlagen die Kosten für Prüfungen der Betriebsbereitschaft und für Einstellungs- bzw. Wartungsarbeiten durch eine Fachkraft. Für nach dem 1.Dezember 2021 errichtete kupferbasierte Anlagen bzw. Netze entfällt die Umlagefähigkeit auf Mieter bereits jetzt.


Sonderkündigungsrecht für Bestandsverträge
Das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) sieht in § 230 Abs. 5 vor, dass jede Partei – also Wohnungseigentümer/ Wohnungseigentümergemeinschaften, Vermieter und Netzbetreiber – einen vor dem 1.Dezember 2021 geschlossenen Bezugsvertrag über die Versorgung von Gebäuden oder von in den Gebäuden befindlichen Wohneinheiten mit Telekommunikationsdiensten frühestens ab 1. Juli 2024 ohne Einhaltung von Fristen kündigen kann, soweit die Parteien für diesen Fall nichts anderes vereinbart haben. Etwaige in den laufenden Verträgen enthaltene Vertragsanpassungsklauseln sind vorrangig zu beachten. Auch eine Vertragsanpassung ist selbstverständlich jederzeit möglich, wenn sich die Parteien einigen. In jedem Fall sollte geprüft werden, wem die eigentumsähnlichen Rechte am Hausnetz (Netzebene 4) zustehen und wer für die Funktionsfähigkeit dieses Netzes verantwortlich ist. In diesem Zusam- menhang ergeben sich nun neue Modelle für die Errichtung von Glasfasernetzen:


Errichtung durch Netzbetreiber
Wurde oder wird das Glasfasernetz durch einen Netzbetreiber (Dritten) erstmalig zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 31. Dezember 2027 errichtet, können Gebäude-/ Wohnungseigentümer und Netzbetreiber ein befristetes Glasfaser-bereitstellungsentgelt vereinbaren, das die Kosten abdecken soll, die für die Errichtung des Netzes anfallen. Ein vermietender Eigentümer kann das Bereitstellungsentgelt sowie die Kosten für den Betriebsstrom als Betriebskostenumlage mit Mietern gemäß § 2 Nr. 15 c) neue Betriebskostenverordnung (BetrKV-neu) abrechnen.

Voraussetzung ist, dass die Gebäudeinfrastruktur vollständig aus Glasfaserkomponenten besteht. Die Umlage ist auf die Dauer von fünf bis maximal neun Jahren mit einem jähr- lichen Maximalentgelt von jeweils 60 Euro pro Haushalt und Jahr gedeckelt. Zu berücksichtigen ist, dass für alle Netzbetreiber ein unentgeltlicher Zugang sowie für Mieter die freie Wahl des Telekommunikationsanbieters gewährleistet sein muss. Nach Auslaufen der Umlage bestehen alle Pflichten fort, umlegbar sind dann nur noch Stromkosten.


Errichtung durch den Gebäude-/ Wohnungseigentümer
Alternativ können Wohnungseigentümer das Glasfasernetz selbst errichten. Der erstmalige Einbau stellt eine mietrechtlich rele- vante Modernisierungsmaßnahme dar, die als Mieterhöhung gegenüber Mietern geltend gemacht werden kann. Dafür wird klarstellend § 555b Nr. 4 a) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) neu geschaffen. Voraussetzung ist, dass die Wohnung selbst erstmalig über eine vollständig aus Glasfaserkomponenten bestehende Gebäudeinfrastruktur an ein öffentliches Netz mit sehr hoher Kapazität angebunden wird. Hinzukommend kann die Miete nach § 559 BGB nur dann erhöht werden, wenn Mieter ihre Telekommunikationsdienstleister frei wählen können und nicht auf einen bestimmten Anbieter angewiesen sind.

Zu beachten ist dabei, dass die Modernisierungsmieterhöhung nur dann möglich ist, wenn der vermietende Eigentümer kein Bereitstellungsentgelt als Betriebskosten auf den Mieter umlegt.

Vertragliche Optionen des Wohnungseigentümers/ Vermieters
Bis zum 30. Juni 2024 gilt die Umlagefähigkeit nach der Betriebskostenverordnung für vor dem 1. Dezember 2021 errichtete Hausverteilnetze unverändert weiter. Mieter einer Wohnung können von der neuen gesetzlichen sogenannten Opt-out-Regelung bei Umlage der TV-Entgelte über die Betriebskosten erst ab 1. Juli 2024 Gebrauch machen.

Generell ist zu empfehlen, dass aufgrund der neuen Rechtslage mit hohem Klärungsbedarf alle Vertragsparteien aufeinander zugehen und nach wirtschaftlich sinnvollen und den Interessen aller entsprechenden Lösungen suchen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, Mehrnutzerverträge über das Jahr 2024 hinaus aufrechtzuerhalten, solange und soweit die Vertragsparteien keine anderweitige Vereinbarung vertraglich getroffen haben bzw. keine der Vertragsparteien von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht. Dafür ist es wichtig, die Bewohner eines Hauses rechtzeitig über die neuen gesetzlichen Möglichkeiten aufzuklären.

Albrecht-Metzger, Babette

Rechtsanwältin, Referentin Recht des VDIV Deutschland