07.05.2019 Ausgabe: DDIV DIGITAL 2019

Weg damit! Was gilt für digital archivierte Papiere und Unterlagen?

Eigentlich sollte es an dieser Stelle um die Frage gehen, wie lange denn die Originale digital archivierter Dokumente aufzubewahren sind – und wann sie vernichtet werden dürfen. Um dies zu beantworten, ist etwas weiter  auszuholen: letterscan beschäftigt sich seit über fünf Jahren mit Datenschutz, der Digitalisierung von Unternehmensprozessen und den dazugehörigen Dokumenten. Schnell kristallisierte sich die Immobilienwirtschaft, speziell aber die Immobilienverwaltung, als Zielgruppe für diese Dienstleistung heraus. Denn sie handhabt besonders viele Prozesse analog, und es fallen überproportional viele Dokumente an, die archiviert werden müssen.

Den branchenübergreifenden Schrei nach Digitalisierung hat man aber auch hier nicht überhört, und viele Unternehmen nahmen sich des Themas an, indem sie digitale Lösungen für alle erdenklichen Bereiche und Aufgaben entwickelten: Property Technologies, die von vielen Verwaltungen erfolgreich eingesetzt werden.

Das Gesetz hinkt hinterher

Ein entscheidender Player allerdings hat den Zug anscheinend verpasst: der Gesetzgeber. Und das stellt speziell WEG-Verwalter vor einige Probleme. Arbeiten sie doch zum einen mit Dokumenten, die per definitionem der jeweiligen Eigentümergemeinschaft gehören, während sie zum anderen stetig neue Dokumente und Unterlagen „produzieren“, über deren rechtlich erforderlichen „Aggregatzustand“ sich der Gesetzgeber ausschweigt. Nirgendwo ist festgelegt, ob eine E-Mail ausgedruckt vorliegen muss, um einen die WEG betreffenden Vorgang rechtssicher zu dokumentieren. Und trotzdem werden Unmengen elektronischer Post auf Papier archiviert. Aber warum? Bei Rechnungen folgt man oft noch der Maxime, dass Buchhaltung auf Papier ins Archiv muss, und druckt sie ebenfalls aus. Dabei greifen hier eigentlich schon seit 2014 die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD). Ihnen zufolge muss eine elektronische Rechnung auch elektronisch archiviert werden, nicht ausgedruckt. Und eine an die WEG gerichtete Rechnung gehört wohl auch der WEG. Woran unterscheidet man nun aber, ob ein Dokument „nur“ dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung unterliegt und quasi ein laufendes Arbeitsmittel darstellt, oder ob es bereits als zu archivierendes Dokument der WEG gilt?

Pragmatische Betrachtung

Ich plädiere für einen pragmatischen Ansatz zur Beantwortung der eingangs gestellten Frage, weil die Gesetzgebung entweder nicht alle für einen Immobilienverwalter relevanten Bereiche abdeckt, oder in ihren Vorgaben den aktuellen Stand der Technik nicht berücksichtigt, oder aber gar Verordnungen in Kraft setzt, die im krassen Gegensatz zur bisherigen Vorgehensweise stehen. Die Datenschutzgrundverordnung gibt vor, dass Daten sparsam und bewusst abgelegt werden, also sicherlich nicht mehrfach und mit digital analoger Redundanz.

Gleiches Recht für alle

Zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit müssen sich Immobilienverwaltungen heute genau wie alle anderen Branchen aller technischen Hilfsmittel und Vorteile der Digitalisierung bedienen können (ECM-Systeme, Kundenportale etc.). Sie müssen auch die Verordnungen einhalten, die für alle anderen gelten. Dass dabei aufgrund einer überholten Gesetzgebung Abstriche an die Gestaltung digitaler Prozesse in Kauf zu nehmen sind, ist nicht einzusehen.

Den wichtigsten Stakeholder, den Kunden, sollte man bei all dem nicht außer Acht lassen. Denn auch die WEG wird unter den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung inzwischen digitalisierte kostenoptimierte, effiziente Prozesse erwarten und nicht auf der konservativsten Auslegung von Gesetzen beharren. Dies zumindest, solange die übertragene Verwaltertätigkeit nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt und keinerlei Haftungsrisiken entstehen. Und die resultieren sicherlich nicht aus dem digital erstellten fotorealistischen Duplikat eines Papierdokuments. Damit steht der anfangs erwähnten Vernichtung der Originale nichts mehr im Wege – und nur diesem Vorgehen sollte die WEG zustimmen, um unnötigen Ärger endlich zu vermeiden.

Foto: © jesterpop / Shutterstock.com


Kruschewsky, Maximilian

Der geschäftsführende Gesellschafter der letterscan GmbH & Co. KG begleitet schwerpunktmäßig Datenmigrationen und Projekte als externer Datenschutz­beauftragter.
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