27.05.2022 Ausgabe: 4/22

WEG-Recht: Übergang des Verwaltervertrages bei Unternehmensumwandlung

(BGH, Urteil vom 2.7.2021 – Az. V ZR 201/20)


DAS THEMA
Die Folgen von Unternehmensumwand­lungen sind für die Praxis nicht leicht abzu­schätzen und für die Rechtsanwendung nicht leicht zu beurteilen. Der Bundesge­richtshof (BGH) hatte nun erstmals die Gelegenheit, sich mit der umstrittenen und höchstrichterlich bisher nicht geklär­ten Frage zu befassen, ob im Falle der Aus­gliederung eines einzelkaufmännischen Unternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft die Verwalterstellung und der Verwaltervertrag im Rahmen einer Rechtsnachfolge auf letztere übergehen.
 

DER FALL
Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist denkbar einfach: Die Par­teien des Rechtsstreits sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine zur Verwalterin bestellte Einzel­kauffrau gliederte ihr im Handelsregis­ter eingetragenes einzelkaufmännisches Unternehmen nach einigen Jahren ihrer Verwaltertätigkeit aus und gründete eine GmbH mit sich selbst und einer anderen natürlichen Person als Geschäftsführer. In einer darauffolgenden Eigentümer­versammlung wurde ein Beschluss über die Verlängerung des bestehenden Ver­waltervertrags und die Verwalterbestel­lung der GmbH gefasst. Ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft focht den Beschluss an und erhob Beschlussanfechtungsklage. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und den gefassten Beschluss für ungültig erklärt. Die Beru­fung der Beklagten ist erfolglos geblie­ben. Die Revision vor dem BGH hatte jedoch Erfolg und führte zur Abweisung der Klage.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts widerspricht der angefochtene Beschluss der ordnungsgemäßen Verwaltung, weil er die Neubestellung einer Verwaltung zum Gegenstand habe, was aber die Einholung von Alternativangeboten erfordert hätte. Enthalte der mit einem Einzelunternehmer geschlossene Verwal­tervertrag – wie hier – für Umwandlungsfälle keine Regelung, sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung im Zwei­fel eine personenbezogene Bestellung anzunehmen. Das Verwalteramt gehe daher bei einer Ausgliederung des ein­zelkaufmännischen Unternehmens zum Zwecke der Neugründung einer GmbH nicht auf diese über. Der angefochtene Beschluss sei auch nicht als Zustimmung der Wohnungseigentümer zur Fortfüh­rung des Verwalteramtes und des Verwal­tervertrages durch die GmbH anzusehen, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Eigentümer sich bewusst gewesen seien, eine neue Verwaltung in geänderter Rechtsform zu bestellen. Selbst wenn man den Beschluss als fak­tische Wiederbestellung der Verwaltung ansehen wollte, sei die Einholung von Alternativangeboten nicht entbehrlich gewesen, weil sich der Sachverhalt seit der Erstbestellung infolge der Ausglie­derung des Einzelunternehmens in die GmbH verändert habe.

Dem tritt der BGH in der Revisionsent­scheidung entgegen. Zwar gehe das Beru­fungsgericht zutreffend davon aus, dass es bei der Neubestellung einer Verwaltung regelmäßig geboten ist, Alternativange­bote einzuholen. Bei der Wiederbestel­lung der amtierenden Verwaltung ist die Einholung von Alternativangeboten hin­gegen nur nötig, wenn sich seit der Erst­bestellung der wieder zu bestellenden Verwaltung der Sachverhalt verändert hat.

Rechtsfehlerhaft sei jedoch die Annahme des Berufungsgerichtes, dass der ange­fochtene Beschluss über die Verlängerung des bestehenden Verwaltervertrags und die Bestellung der GmbH als Neubestel­lung der Verwaltung anzusehen sei und daher nicht ohne Einholung von Alterna­tivangeboten gefasst werden durfte. Viel­mehr sind die Verwalterstellung und der Verwaltervertrag auf die GmbH überge­gangen; der Beschluss über die Vertrags­verlängerung und die Verlängerung der Bestellung der GmbH ist deswegen nicht als Neuwahl, sondern als Wiederwahl der amtierenden Verwaltung anzusehen. Die Frage, ob im Falle der Ausgliederung eines einzelkaufmännischen Unternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft die Verwalterbestellung und der Verwal­tervertrag im Rahmen einer Rechtsnach­folge auf letztere übergehen, war bisher umstritten:

Nach einer in Rechtsprechung und Lite­ratur vertretenen Ansicht sei die Rechts­nachfolge aufgrund eines der Bestellung einer natürlichen Person zugrunde lie­genden persönlichen Vertrauensverhält­nisses abzulehnen; das Verwalteramt habe zudem höchstpersönlichen Cha­rakter. Mit der Umwandlung verlören die Wohnungseigentümer ihren Ein­fluss auf die verwaltende Person, da eine Mitwirkungsmöglichkeit bei der Auswechslung von Gesellschaftern und Geschäftsführern der juristischen Person nicht bestehe.

Nach anderer in der Literatur vertrete­ner Ansicht gehen Verwaltervertrag und Verwalteramt bei der Ausgliederung des einzelkaufmännischen Unternehmens auf die neu entstehende Kapitalgesellschaft über. Auf eine höchstpersönliche Amts­ausübung könne nicht abgestellt werden, weil die Rechtsverkehrsteilnehmer im Allgemeinen nicht erwarten, dass der Unternehmensinhaber die Aufgaben des Verwalters höchstpersönlich wahrnehme.

Der BGH, der die Frage bis jetzt offenließ (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 21.2.2014, Az. V ZR 164/13), hat nun entschieden, dass bei Ausgliederung eines zur Verwal­tung bestellten einzelkaufmännischen Unternehmens zum Zweck der Neu­gründung einer Kapitalgesellschaft die Organstellung und der Verwaltervertrag in aller Regel im Wege der Rechtsnach­folge auf den übernehmenden Rechtsträ­ger übergehen. Allein der Umstand, dass eine natürliche Person zum Verwalter bestellt wurde, gibt dem Verwalteramt und -vertrag kein höchstpersönliches Gepräge. Nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes – nach denen die Frage vorrangig zu entscheiden ist – geht das von der Ausgliederung umfasste Vermögen des einzelkaufmännischen Unternehmens einschließlich der Ver­bindlichkeiten im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf den über­nehmenden Rechtsträger über. Erfasst die Ausgliederung – wie hier – das gesamte Einzelunternehmen, so erlischt mit der Eintragung die einzelkaufmännisch geführte Firma. Nachdem aber von dem Übergang höchstpersönliche Rechte und Pflichten ausgenommen sind, kommt es hier entscheidend darauf an, ob das Ver­walteramt und der Verwaltervertrag aus umwandlungsrechtlicher Sicht als höchst­persönliche Rechtsverhältnisse anzusehen sind. Dies ist – so der BGH – regelmä­ßig nicht der Fall, und zwar auch dann nicht, wenn eine natürliche Person mit den Aufgaben der Verwaltung betraut ist. Die Stellung der Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft rechtfer­tigt nicht die generelle Annahme eines höchstpersönlichen Rechtsverhältnisses. Zwar ist das Verwaltungsamt mit Pflich­ten und Befugnissen verbunden, deren sachgerechte Wahrnehmung und Erfül­lung erhebliche Bedeutung für die Wohnungseigentümer haben können, sodass es ihnen regelmäßig darauf ankommen wird, eine fachkundige Kraft zu bestel­len, der sie die ordnungsgemäße Wahr­nehmung der mit dem Amt verbundenen Aufgaben zutrauen. Das Vertrauen der Wohnungseigentümer in die Eignung und Befähigung der von ihnen ausgewählten Verwaltung ist aber, wenn der Inhaber eines im Handelsregister eingetragenen einzelkaufmännisch geführten Unterneh­mens zum Verwalter bestellt wird, regel­mäßig nicht darauf gerichtet, dass dieser die Verwaltung höchstpersönlich wahr­nimmt. Vielmehr wird sich das Vertrauen im Regelfall auf die Expertise und Leis­tungsfähigkeit des von dem Verwalter geführten Geschäftsbetriebs richten. Die­ses Vertrauen wird nicht schon dadurch enttäuscht, dass ein einzelkaufmännisches Unternehmen in eine neu gegründete Kapitalgesellschaft ausgegliedert wird, da mit der Umwandlung als solcher kein Ver­lust an Sachkunde und Leistungsfähigkeit verbunden sein muss, namentlich wenn die verwaltende Person als Gesellschafter und Geschäftsführer maßgeblichen Ein­fluss auf die neu gegründete Gesellschaft nimmt. Das wird besonders deutlich, wenn der Einzelkaufmann, der mehrere Wohnungseigentümergemeinschaften verwal­tet, Mitarbeiter beschäftigt, denen die Betreuung bestimmter Objekte zugewie­sen ist. Schließlich kann dem Vertrauen der Wohnungseigentümer in die Person des Verwalters durch das Recht zu dessen Abberufung und zur außerordentlichen Kündigung des Verwaltervertrages hinrei­chend Rechnung getragen werden. Dabei kann dahinstehen, ob die Ausgliederung des einzelkaufmännischen Unternehmens und die damit verbundene Rechtsnach­folge der Kapitalgesellschaft in Organ­stellung und Verwaltervertrag schon für sich genommen einen wichtigen Grund darstellen, der die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Abberufung des Verwalters und zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags berechtigt. Ein solches Recht besteht jedenfalls dann, wenn es zu einem personellen Wechsel kommt und die Fortführung der Verwal­tung durch die Kapitalgesellschaft unter der neuen Geschäftsführung den Eigentü­mern nicht zuzumuten ist, wobei insoweit keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Das gilt umso mehr, als die Abbe­rufung der Verwaltung nach § 26 Abs. 3 WEG in der zum 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Fassung jederzeit mög­lich ist und der Verwaltervertrag spätes­tens sechs Monate nach der Abberufung der Verwaltung endet. Die Wohnungs­eigentümer können somit im Falle eines als nachteilig angesehenen Wechsels in der Geschäftsführung der die Verwaltung übernehmenden GmbH den Verwalter­vertrag kurzfristig beenden, ohne dass die Voraussetzungen für die Annahme eines zur Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes vorliegen müssen.

Schließlich war die Einholung von Alter­nativangeboten auch nicht deshalb erforderlich gewesen, weil sich nach der Ausgliederung und dem Übergang der Sach­verhalt verändert hätte. Alternativangebote müssen zur Vorbereitung einer Wiederbe­stellung der bisherigen Verwaltung nach BGH-Rechtsprechung nur eingeholt wer­den, wenn sich bei deren Amtsführung rele­vante Veränderungen wie Qualitätsdefizite oder eine Verschlechterung des Verhältnis­ses zu den Wohnungseigentümern ergeben haben, oder wenn dieselben Leistungen von anderen Verwaltungen spürbar kostengüns­tiger angeboten würden. Die Ausgliederung des Verwaltungsunternehmens auf einen anderen Rechtsträger erfordert hingegen für sich genommen nicht die Einholung von Alternativangeboten; sie führt als sol­che „nur“ zu einem Wechsel des Rechts­trägers und insbesondere dann nicht zu Veränderungen bei der Amtsführung, wenn die handelnden Personen – wie hier – die­selben bleiben.


VERWALTERSTRATEGIE
Eine Umstrukturierung des eigenen Unternehmens ist sicherlich kein seltener Fall und mit genügend rechtlichen Schwierigkeiten verbunden. Nun schafft der BGH im Hinblick darauf Klarheit, was in solchen Fällen mit der Verwalterstellung und dem Verwaltervertrag passiert. Die Ent­scheidung gibt Verwaltungen, die ihre Unternehmen umgestalten wol­len, praktische Hinweise an die Hand. So können Rechtsverhältnisse für die Zukunft rechtssicher gestaltet und eventuelle Auseinandersetzungen vermieden werden.

Piekut, Dr. Susanne Schießer & Piotr

DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungs­eigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.

PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com