16.09.2024 Ausgabe: 6/24

WEG-Recht: Aus dem Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage muss der einzelne Wohnungseigentümer den von ihm zu leistenden Betrag objektiv eindeutig bestimmen können.

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(BGH, Urteil vom 23.2.2024 - Az. V ZR 132/23)

Das Thema

Die Erhebung von Sonder- oder auch Liquiditätsumlagen erlangt im Hinblick auf die gestiegenen Anforderungen und den damit einhergehenden Finanzbedarf innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) immer größere Bedeutung. Fraglich ist, ob der Beschlusstext den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung und dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht wird, wenn er nur die Gesamtsumme der Umlage sowie die Miteigentumsanteile als Maßstab für den Anteil, der auf jeden Eigentümer entfällt, ausweist, oder ob der von jedem Eigentümer geschuldete Betrag tatsächlich beziffert werden muss. Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet dies erstmals mit nachfolgendem Urteil zugunsten der Praxis: Der Beschluss ist hinreichend bestimmt, wenn der geschuldete Einzelbetrag objektiv eindeutig bestimmbar ist und von den Wohnungseigentümern ohne Weiteres errechnet werden kann.

Der Fall

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten GdWE und wendet sich mit ihrer Beschlussmängelklage gegen die auf der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 15. Oktober 2021 unter TOP 14 und 15 gefassten Beschlüsse.

Der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 15. Oktober 2021 und den streitgegenständlichen Beschlüssen ging die außerordentliche Eigentümerversammlung vom 4. Februar 2020 voraus, auf der die GdWE die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche sowie die sonstigen primären Mängelrechte durch Beschluss an sich gezogen hatte. Durch den nun streitgegenständlichen Beschluss zu TOP 14 wurde festgelegt, die auf Grundlage des Vergemeinschaftungsbeschlusses erhobene Klage gegen den Bauträger fortzuführen sowie hierzu – dies ist Gegenstand des streitgegenständlichen Beschlusses zu TOP 15 – eine einmalige Sonderumlage in Höhe von 6.000 Euro für die Finanzierung des Prozesses zu erheben.

Das Amtsgericht hat der Beschlussmängelklage in erster Instanz stattgegeben und die Ansicht der Klägerin, die Beschlüsse würden ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, bestätigt. Das Landgericht als Berufungsgericht hat hingegen die Klage abgewiesen. Die Klägerin begehrt nun mit ihrer Revision die Wiederherstellung des erst-instanzlichen Urteils; dies jedoch ohne Erfolg.

Grundsätzlich ist der zu TOP 15 gefasste Beschluss, der Wille der GdWE, zur Prozessfinanzierung eine Sonderumlage zu erheben, nicht zu beanstanden. Denn der GdWE kommt eine Beschlusskompetenz bei vergemein-schafteten Ansprüchen auch dahingehend zu, über mit der gerichtlichen Geltendmachung zusammenhängende Fragen wie die Finanzierung zu entscheiden.

Insbesondere widerspricht der Beschluss zu TOP 15 nicht deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung, weil er die von dem einzelnen Wohnungseigentümer zu leistenden Anteile an der gesamten Sonderumlage nicht in absoluten Beträgen beziffert. Ausreichend ist – und dem wird der vorliegende Beschlusstext gerecht – wenn der Wortlaut des Beschlusses auf die Miteigentumsanteile als Maßstab für den jeweils von dem einzelnen Eigentümer zu leistenden Anteil Bezug nimmt.

Voraussetzung eines wirksamen Beschlusses ist im Hinblick auf die Bindung auch von Sonderrechtsnachfolgern nach § 10 Abs. 3 S. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und das damit verbundene Interesse des Rechtsverkehrs, dass dieser inhaltlich bestimmt und klar gefasst ist. Etwaige Rechtswirkungen müssen dem Beschlusstext unmittelbar entnommen werden können. Umstände, die sich nicht aus der Beschlussformulierung und damit aus dem Beschluss „aus sich heraus“ ergeben, sind nur relevant, wenn sie für jedermann erkennbar sind.

Für den Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage bedeutet dies, dass der Beschlusswortlaut als Ergänzung des geltenden Wirtschaftsplanes zwar grundsätzlich die geschuldete und anteilmäßige Beitragsverpflichtung jedes einzelnen Wohnungseigentümers betragsmäßig ausweisen muss. Jedoch ist es ausreichend, wenn der von dem einzelnen Wohnungseigentümer geschuldete Betrag objektiv eindeutig bestimmbar ist und von diesem selbst ohne Weiteres errechnet werden kann.

Dies ist im konkreten Fall gegeben, denn der Beschlusswortlaut weist nicht nur die Erhebung einer Sonderumlage in Hohe von insgesamt 6.000 Euro aus, sondern auch, dass jeder Wohnungseigentümer diese anteilig entsprechend den in den Text aufgenommenen Miteigentumsanteilen zu tragen hat. Hiernach kann jeder Wohnungseigentümer den von ihm zu tragenden Anteil ohne Weiteres errechnen.


VERWALTERSTRATEGIE

Die Entscheidung des BGH vom 13. Januar 2012 (Az. V ZR 129/11), mit der er feststellte, dass die Sonderumlage eine Er­gänzung des beschlossenen und geltenden Wirtschaftsplans ist, zog die Forderungen in der Literatur mit sich, dass der Beschlusswortlaut nur dann dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen könne, wenn er die von den Wohnungseigentümern jeweils geschuldeten Beträge hinsichtlich der Sonderumlage summenmäßig beziffert. Von dieser Ansicht hat sich der BGH mit der vorstehenden Entscheidung abgewendet und sich der Instanzrechtsprechung angeschlossen. Ausreichend ist demnach, wenn der einzelne Eigentümer anhand des Beschlusswortlautes in nur wenigen Rechenschritten den auf ihn entfallenden Anteil berechnen kann. Mit anderen Worten: Der Beschlusswortlaut muss zumindest die Gesamtsumme und den Kostenver­teilungsschlüssel – im Fall von Miteigentumsanteilen die auf die einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Anteile – unmittelbar ausweisen, um ordnungsgemäßer Verwaltung zu entsprechen. Zu berücksichtigen bleibt weiter, dass der BGH die Zulässigkeit dieser „Rechenaufgabe“ ausdrücklich als Ausnahme zur Regel zugelassen hat. Der Praxis ist daher dennoch zu raten, an der summenmäßigen Bezifferung des von dem einzelnen Eigentümer geschuldeten Anteils in der Regel festzuhalten.

Bordt, Franziska

Rechtsanwältin; Kanzlei Bub Memminger & Partner, München