19.04.2024 Ausgabe: 3/24

WEG-Recht: Balkonkraftwerk: keine privilegierte bauliche Veränderung im Sinne § 20 Abs. 2 WEG

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(LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 6.11.2023 – Az. 13 S 54/23)

Das Thema 

Angesichts der am 18. Januar 2024 im Bundestag erfolgten ersten Lesung und der erneut verschobenen Entscheidung über den neuen Gesetzentwurf, der sowohl die Einführung von virtuellen Eigentümerversammlungen als auch die Privilegierung von Stecker-Solargeräten, den sogenannten Balkonkraftwerken, in das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) umfasst, ist nachfolgende Entscheidung des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main ak­tueller denn je: Bis zum Inkrafttreten der neuen Bestimmungen – dies wird voraussichtlich nicht vor dem dritten Quartal diesen Jahres sein – ist ein Balkonkraftwerk eine bauliche Veränderung, die nicht unter die Privilegierung des § 20 Abs. 2 WEG in der der­zeitigen Fassung fällt.

Der Fall

Der Kläger ist Wohnungseigentümer der beklagten Ge­meinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und begehrt mit seiner bei Gericht eingereichten Anfechtungsklage die Ungültigerklärung des Beschlusses, der ihn zur Ent­fernung und zum Rückbau des an seinem Balkon von ihm angebrachten Balkonkraftwerks verpflichtet.

Das Amtsgericht hat die Anfechtungsklage erstinstanzlich abgewiesen. Als Begründung hat es ausgeführt, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung wider­spreche. Der Beschluss sei weder unbestimmt noch ohne hinreichende Entscheidungsgrundlage gefasst worden; ein Anspruch der GdWE auf Beseitigung sei daher gegeben.

Mit seiner beim LG Frankfurt am Main eingereichten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Be - gehren – die Ungültigerklärung des Rückbaubeschlusses – weiter. Seiner Ansicht nach stelle die Anbringung des Balkonkraftwerks bereits keine bauliche Veränderung dar, weil keine feste Verbindung der Anlage mit dem Gebäude bestehe. Im Übrigen stelle ein solcher Beschluss im Hinblick auf die zeitnahe Änderung der Rechtslage eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Das Begehren des Klägers hat auch in der Berufungsinstanz keine Aussicht auf Erfolg. Das LG Frankfurt am Main teilt die Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts und bestätigt, dass der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und folglich nicht für ungültig zu erklären ist.

Grundsätzlich stellt ein an einem Balkon angebrachtes Stecker-Solargerät eine bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG dar, die der Vorbefassung der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihrer Be­schlussfassung in der Eigentümerversammlung bedarf. Eine bauliche Veränderung liegt durch die Anbringung des Stecker-Solargeräts regelmäßig schon durch die mit dieser einhergehenden dauerhaften Änderung des äußeren Erscheinungsbildes vor, was im konkreten Fall ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Lichtbildes bestätigt wird.

Die Anbringung der Stecker-Solaranlage ist ins­besondere auch keine privilegierte Maßnahmen gemäß § 20 Abs. 2 WEG. § 20 Abs. 2 WEG ist nach seinem eindeutigen Wortlaut keiner Analogie zulässig und daher auch nicht auf Stecker-Solaranlagen zu erweitern. Dies zeigt sich auch in der geplanten Einführung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 WEG; die wiederum vor endgültigem Inkrafttreten nicht zu einer rechtsmissbräuchlichen Anwendung des geltenden Rechts führen kann.

Selbst wenn die Anbringung einer Stecker-Solaranlage unter den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 WEG zu subsumieren wäre, scheitert das Begehren des Klägers vorliegend an dem auch für privilegierte bauliche Maß­nahmen vor Errichtung einzuholenden Beschluss der Eigentümergemeinschaft.


VERWALTERSTRATEGIE
Das LG Frankfurt am Main folgt mit seiner vorstehenden Entscheidung der in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Meinung: Wohnungseigentümer haben (noch) keinen Anspruch auf die Genehmigung eines Balkonkraftwerks unter der geltenden Gesetzeslage.

Aufgrund der abschließenden Formulierung des § 20 Abs. 2 WEG und der fehlenden Erweiterungsmöglichkeit der dort genannten Tatbestände auch auf Stecker-Solargeräte, stellt die Anbringung eines solchen (noch) keine privilegierte bauliche Maßnahme dar. Wollen Wohnungseigentümer noch vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung ein Balkonkraftwerk installieren, ist zwingend ein genehmigender Beschluss der Gemeinschaft einzuholen – wobei bei einer Änderung des äußeren Erscheinungsbildes regelmäßig alle Eigentümer zuzustimmen haben. Den Anspruch auf die Genehmigung der Anbringung des Balkonkraftwerks wird daher erst die Gesetzesänderung bringen. Wird dieser nach Inkrafttreten der neuen Regelungen abgelehnt, kann der einzelne Eigentümer hiergegen mit der Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 S. 2 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorgehen.

Bordt, Franziska

Rechtsanwältin; Unternehmensrecht
Kanzlei Bub Memminger & Partner, München
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