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(LG Karlsruhe, Urteil vom 4.9.2023 – Az. 11 S 68/22)
Die Entscheidung setzt sich mit der interessanten Frage auseinander, inwieweit eine Verwaltung zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt ermächtigt werden kann.
Die klagende Wohnungseigentümerin, ein Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), wendet sich mit ihrer Beschlussanfechtungsklage gegen den in der Eigentümerversammlung vom 15. September 2021 unter TOP 17 gefassten Beschluss, welcher die Verwalterin ermächtigt, zwecks Führung von Beschlussklagen auf Passivseite eigenstä ndig über die Auswahl eines Rechtsanwalts, den Abschluss einer Honorarvereinbarung, die Abstimmung der Strategie sowie über die Einlegung von Rechtsmitteln zu entscheiden. Die Klägerin wendet sich dabei nur insoweit gegen den Beschluss, als dieser die Delegation der Honorarvereinbarungen für Beschlussklagen auf Passivseite von der GdWE auf die Verwalterin zum Gegenstand hat, weil dadurch eine Kostenmehrung zu befürchten sei.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit welcher diese Recht bekam. Die begründete Berufung der Klägerin führte zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung; das Landgericht (LG) hat den – insoweit teilbaren Beschluss – hinsichtlich der Delegation der Honorarvereinbarung auf die Verwalterin für ungültig erklärt.
Das Landgericht als Berufungsgericht entschied, dass der in der Eigentümerversammlung vom 15. September 2021 gefasste Beschluss unter TOP 17 hinsichtlich der dort geregelten Entscheidungskompetenz der Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Rechtsanwalt für Beschlussklagen auf Passivseite – sowohl nach altem als auch neuem Recht – für ungültig zu erklären ist, weil er ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Bei einer Vergütungsvereinbarung müsste, so das Landgericht, zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden. Für eine von den gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergü-tungsgesetz (RVG) abweichende Vergütungsvereinbarung (mit Zeithonorar o. Ä.), die für eine Angelegenheit, die den Verband betrifft, mit dem Rechtsanwalt abzuschließen ist, bedarf es eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Damit ein solcher Beschluss den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, müssen besondere Gründe vorliegen. Denn selbst die meisten Fachanwälte dürften, so das Gericht, nach dem RVG abrechnen, sodass ein praktischer Bedarf für Vergütungsvereinbarungen in der Regel für Wohnungseigentümergemeinschaften betreffende Sachen nicht besteht. Hinzu komme, dass nur bei einer Abrechnung nach RVG gewährleistet ist, dass im Falle des Obsiegens alle Kosten vom Gegner im Rahmen der Kostenfestsetzung erlangt werden können. Bei einer Abrechnung außerhalb der gesetzlichen Gebühren stellte sich zudem die Frage, ob Vergleichsangebote anderer Anbieter einzuholen sind. Besondere Gründe, die ausnahmsweise eine Vergütungsvereinbarung rechtfertigen und ggf. zugleich auch die Einholung von Vergleichsangeboten entbehrlich machen könnten, seien beispielsweise ein besonderes Vertrauensverhältnis zu dem Rechtsanwalt, dessen besondere fachliche Qualifikation oder eine Vorbeauftragung in einer relevanten Angelegenheit. Diese Gründe müssen der Ermessensentscheidung der Eigentümerversammlung zugrundeliegen und können auch im Beschlusstext benannt werden; jedenfalls muss der zu beauftragende Rechtsanwalt aus dem Beschlusstext erkennbar sein, da ein unauflöslicher Zusammenhang zwischen seiner Person und den Gründen für die Entscheidung für eine Vergütungsvereinbarung besteht. Keineswegs kann diese Entscheidung ohne inhaltliche und/oder personelle Vorgaben auf den Verwalter delegiert werden, da eine Vergütungsvereinbarung nicht von § 27 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz gedeckt ist.
VERWALTERSTRATEGIE
Die Entscheidung reiht sich in die bisher von der Rechtsprechung vertretene überzeugende Linie ein (vgl. LG München I, Urteil vom 2.8.2017 – Az. 1 S 15254/16; LG München I, Urteil vom 12.7.2017 – Az. 1 S 15254/16), auch wenn eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema noch nicht ergangen ist. Danach gilt: Zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft und zur Beauftragung eines Rechtsanwaltes bedarf der Verwalter einer Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer. Ein Beschluss, der den Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt, umfasst regelmäßig auch die Ermächtigung, einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung zu beauftragen. Die Wohnungseigentümer müssen die Auswahl des Rechtsanwalts grundsätzlich nicht selbst treffen, sondern können dies auf den Verwalter delegieren. Zu einer Vergütungsvereinbarung, insbesondere über ein Stundenhonorar, bedarf es jedoch einer ausdrücklichen Ermächtigung durch einen inhaltliche und/oder personelle Vorgaben enthaltenden Beschluss, der aber nur bei Vorliegen besonderer Gründe ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.
PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com