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(BGH, Urteil vom 22.3.2024 - Az. ZR 141/23)
Zum Schutz vor finanziell und persönlich unzuverlässigen Erwerbern sehen viele Vereinbarungen das Erfordernis einer Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums vor. Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) und der Stärkung des Verbandes sowie seiner Aufgaben ist fraglich, wie Altvereinbarungen, die die „Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer“ zur Veräußerung eines Wohnungseigentums fordern, auszulegen sind bzw. ob die Zustimmung durch jeden Wohnungseigentümer einzeln oder durch Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) zu erfolgen hat.
Die Parteien des Rechtsstreits sind zwei Wohnungseigentümer. Diese sind die einzigen Mitglieder einer verwalterlosen Zweier-GdWE. § 6 der Teilungserklärung dieser GdWE lautet wörtlich: „Ein Wohnungseigentümer bedarf zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grunde versagt werden. Der Zustimmung des Verwalters bedarf es nicht. [...]“
Nachdem die Klägerin ihr Wohnungseigentum im Jahr 2021 veräußert hatte, verweigert die Beklagte die von ihr verlangte Zustimmung zur Veräußerung.
Das erstinstanzlich der Klage stattgebende Urteil wurde in der Berufungsinstanz aufgehoben und die Klage auf Zustimmung im Ergebnis abgewiesen. Die Klägerin begehrt nun mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Revision hat keinen Erfolg, denn die beklagte Wohnungseigentümerin ist nicht passivlegitimiert.
Zwar kann nach § 12 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) die Veräußerung eines Wohnungseigentums von der Zustimmung eines anderen Wohnungseigentümers oder eines Dritten als Inhalt des Sondereigentums wirksam vereinbart werden. Auch findet sich eine solche Regelung in § 6 der Teilungserklärung, die die Veräußerung des Wohnungseigentums von „der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer“ abhängig macht. Fraglich ist jedoch, wer zustimmungsberechtigt ist, wenn die Vereinbarung – wie im konkreten Fall – die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer fordert. Dies war bis zur vorliegenden Entscheidung in Rechtsprechung und Literatur bereits unter Geltung des bisherigen Rechts und damit noch vor Inkrafttreten des WEMoG stark umstritten.
Einerseits wurde gefordert, dass eine Vereinbarung, die die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer fordert, nur so ausgelegt werden kann, dass die Veräußerung eine eigenständige Zustimmungserklärung eines jeden Wohnungseigentümers voraussetzte. Folglich würde der GdWE für einen auf Zustimmung gerichteten Mehrheitsbeschluss die Beschlusskompetenz fehlen.
Andererseits wurde eine Vereinbarung, die die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer fordert, dahingehend ausgelegt, dass die Zustimmung als Aufgabe der GdWE zu sehen sei, die Gesamtheit der Wohnungseigentümer demnach im Wege eines Mehrheitsbeschlusses zu entscheiden habe.
Mit dem vorliegenden Urteil entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) den Streit zugunsten der letztgenannten Ansicht. Wenn vereinbart ist, dass die Veräußerung „der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer“ bedarf, hat hierüber die GdWE durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden; allein die GdWE ist folglich bei einer Klage auf Zustimmung zur Veräußerung passivlegitimiert und nicht der einzelne Wohnungseigentümer. Allein dies steht im Einklang mit der seit dem Inkrafttreten des WEMoG zentrierten Verbandzuständigkeit für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis. So hat der BGH bereits entschieden, dass bei einer vereinbarten Verwalterzustimmung die Klage auf Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums stets gegen die GdWE zu richten ist. Für eine andere Beurteilung des konkreten Falls ergeben sich keine Anhaltspunkte. Auch bei der hier geforderten Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer ist die gebotene objektive und nächstliegende Auslegung der Teilungserklärung, dass die GdWE zuständig ist.
Für dieses Ergebnis spricht auch der Sinn und Zweck einer Vereinbarung nach § 12 Abs. 1 WEG. Denn diese Vorschrift dient allein dem Schutz der Wohnungseigentümer gegen den Eintritt unerwünschter Personen in die GdWE, insbesondere auch davor, dass das Wohnungseigentum in die Hand eines persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerbers fällt. Da nach dem Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember 2020 jedoch allein die GdWE betroffen ist, wenn sich der Erwerber als persönlich oder finanziell unzuverlässig erweist, ist es nur konsequent, auch die Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung in die Zuständigkeit der GdWE durch Mehrheitsbeschluss zu legen.
Dem steht nicht entgegen, dass die Vereinbarung – wie hier – vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurde. Allein maßgeblich ist die objektive Auslegung der Teilungserklärung. Unerheblich ist, ob sich die Bedeutung der in der Vereinbarung verwendeten Begriffe mit der Zeit ändert. Der Inhalt der Vereinbarung kann folglich einem Wandel unterliegen, sodass im konkreten Fall ab der Geltung des neuen Rechts nächstliegend ist, nicht die einzelnen Wohnungseigentümer als zustimmungsberechtigt anzusehen, sondern die GdWE, was durch § 47 WEG bestätigt wird. § 47 WEG stellt einen Fall der ergänzenden Vertragsauslegung von Vereinbarungen dar, wonach die allgemeinen Grundsätze der Auslegung von Grundbucherklärungen Anwendung finden. Gemäß § 47 S. 1 WEG stehen Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurden und die von Vorschriften des WEG abweichen, die durch das WEMoG geändert wurden, der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. Ein von dieser gesetzlichen Vermutung abweichender Wille ist in der Regel nicht anzunehmen. Zwar ist § 47 WEG im konkreten Fall nicht unmittelbar anwendbar; der Wortlaut des § 12 WEG ist seit dem Jahr 1951 unverändert geblieben. Nichtsdestotrotz ist § 47 WEG der eindeutige Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, dass bei einer Auslegung von Vereinbarungen im Zweifel dem neuen Recht der Vorrang einzuräumen ist, was der BGH durch die dynamische Auslegung im konkreten Fall ermöglicht.
VERWALTERSTRATEGIE
Mit überzeugenden Argumenten und im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers zur Stärkung des Verbandes und Konzentration der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mit dem Inkrafttreten des WEMoG schafft der BGH mit der vorstehenden Entscheidung Rechtssicherheit und klärt eine lang umstrittene Frage: Sieht die Gemeinschaftsordnung die Zustimmung der anderen Eigentümer als Voraussetzung einer Veräußerung vor, so ist ausschließlich die GdWE zustimmungsberechtigt, nicht jeder einzelne Wohnungseigentümer. Folgerichtig ist – soweit die Gemeinschaftsordnung die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer fordert – die Klage auf Erteilung der Zustimmung auch gegen die GdWE zu richten. Es empfiehlt sich, den genauen Wortlaut der Vereinbarung zu prüfen. Denn sicher kann die vorstehende Argumentation des BGH aufgrund der eingeschränkteren Auslegungsmöglichkeit nicht auf jegliche Vereinbarungen übertragen werden, insbesondere nicht, wenn diese beispielsweise „die Zustimmung der einzelnen Wohnungseigentümer“ vorsehen.
Rechtsanwältin; Unternehmensrecht
Kanzlei Bub Memminger & Partner, München
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