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22.04.2022 Ausgabe: 3/2022
(BGH, Urteil vom 16.7.2021 – Az. V ZR 284/19)
DAS THEMA
Die zum 1. Dezember 2020 in Kraft getretene Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) hat sowohl in prozess- als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht einige Änderungen in die gewohnten Mechanismen des WEG eingeführt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit der für die Rechtspraxis sicherlich interessanten prozessrechtlichen Frage zur zeitlichen Anwendbarkeit der neuen Regelungen des WEG betreffend die Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft zu befassen. Darüber hinaus hatte der BGH in materiell-rechtlicher Hinsicht an mehreren Stellen die Gelegenheit, seine jahrelange Rechtsprechung zu den Kriterien für die Zulässigkeit der Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum zu bestätigen.
DER FALL
Nach einem vorausgegangenen Streit verklagte die Wohnungseigentümerge-meinschaft eines ihrer Mitglieder auf Unterlassung der Wohnnutzung eines zu dessen Sondereigentumseinheit gehörenden Einfamilienhauses, welches der Beklagte nach Teilungserklärung anstelle einer fensterlosen Scheune errichten ließ. Mit der Klage verlangt die Klägerin, dem Beklagten zu untersagen, das von ihm errichtete Gebäude als Wohnraum zu nutzen und ihn dazu zu verurteilen, eine angebaute Terrasse insoweit zurückzubauen, als sie das Grundstück der Klägerin überbaut. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten vor dem Landgericht ist erfolglos geblieben. Die Revision vor dem BGH hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage.
Der BGH hatte sich im Rahmen der Zulässigkeit der Klage in erster Linie mit der Frage nach der Prozessführungsbefugnis der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft zu befassen. Diese Frage hat der BGH gemäß § 557 Abs. 3 S. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) von Amts wegen zu prüfen, weil es sich um eine das Verfahren betreffende Voraussetzung handelt. Der BGH bejaht im Ergebnis die Prozess-führungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, wobei er in Abgrenzung zu dem Berufungsgericht die Unterschiede zwischen der alten und der nach der WEG-Reform seit 1. Dezember 2020 bestehenden neuen Rechtslage herausarbeitet.
Nach Rechtslage vor der WEG-Reform bestand für Ansprüche auf Unterlassung nach § 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und § 15 Abs. 3 WEG a. F. wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums bzw. wegen einer Nutzung, die gegen eine in der Teilungserklärung/Gemein-schaftsordnung enthaltene Zweckbestimmung verstößt, eine sogenannte gekorene Ausübungsbefugnis des Verbandes gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 WEG a. F. Der Verband konnte die Geltendmachung der Ansprüche an sich ziehen.
In dem konkreten Fall kommt es für die Beurteilung der Frage nach der Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentü-mergemeinschaft nach Auffassung des BGH aber nicht auf das bisherige Recht, sondern auf die neue Rechtslage an. Die Prozess-führungsbefugnis und die Anspruchsberechtigung der Eigentümergemeinschaft als Verband sind durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) vom 16. Oktober 2020 mit Wirkung zum 1. Dezember 2020 neu geregelt worden. Auf dieser Grundlage ist die Klägerin berechtigt, über das von ihr behauptete Recht einen Prozess als Partei im eigenen Namen zu führen. Verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einer vor dem 1. Dezember 2020 anhängigen Klage von einem Wohnungseigentümer Unterlassung einer gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßenden Nutzung, kommt es nach Inkrafttreten des WEMoG am 1. Dezember 2020 für die Prozessführungsbefugnis des Verbandes nicht mehr darauf an, ob ein Vergemeinschaftungsbeschluss vorlag. Dies ist auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen.
Die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Unterlassungsansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB übt gemäß § 9a Abs. 2 WEG der Verband aus, der deshalb nach neuem Recht schon kraft Gesetzes prozessführungsbefugt ist. Der Anspruch aus dem an die Stelle von § 15 Abs. 3 WEG a. F. getretenen § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist nunmehr allein dem Verband zugewiesen. Das ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des neu gefassten Gesetzes („gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ – im Unterschied zu § 14 Abs. 2 WEG: „gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern“) und aus dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks. 19/18791, S. 52). Im Hinblick auf einen Anspruch aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG folgt die Prozessführungsbefugnis des Verbandes deshalb bereits aus dem allgemein anerkannten Grundsatz, dass derjenige, der behauptet, Inhaber eines bestimmten Rechts zu sein, prozessual die Befugnis hat, dieses Recht im eigenen Namen einzuklagen.
Die neu gefassten §§ 9a Abs. 2 und 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG sind anwendbar und auch der Entscheidung im Revisionsverfahren zugrunde zu legen, obwohl die Entscheidung des Berufungsgerichts vor dem Inkrafttreten des WEMoG ergangen ist. Ob infolge eines neuen Gesetzes geänderte Vorschriften auf schwebende Verfahren anzuwenden und auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen sind, richtet sich in erster Linie nach den in dem Gesetz enthaltenen Übergangsvorschriften. Eine Übergangsvorschrift, wonach bei einer noch vor Inkrafttreten des WEMoG erhobenen und auf die §§ 1004 Abs. 1 BGB und 15 Abs. 3 WEG a. F. gestützten Unterlassungsklage des Verbands gegen einen Wohnungseigentümer die §§ 9a Abs. 2 und 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG keine Anwendung finden, enthält das Gesetz jedoch nicht. Fehlt es an entsprechenden Übergangsvorschriften, gelten die neuen Regelungen nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auch für bereits laufende Prozesse. Dies gilt nach dieser Rechtsprechung sowohl für materiell-rechtliche Vorschriften als auch für Änderungen des Prozessrechts. Auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz kommt es hingegen nur bezüglich des für die Beurteilung der Prozessführungsbefugnis maßgeblichen Tatsachenstoffs an.
In der Sache gibt der BGH dem Berufungsgericht Recht, soweit es davon ausgeht, dass die Wohnnutzung des Beklagten der nach der Teilungserklärung gestatteten Nutzung widerspricht. Die Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum erfordert grundsätzlich eine Änderung der Gemeinschaftsordnung, die materiell-rechtlich im Wege der Vereinbarung aller Wohnungseigentümer erfolgt, zu der es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gekommen ist. Auch ein sogenannter Änderungsvorbehalt, anhand dessen ein Sondereigentümer ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer sein Teileigentum in Wohnungseigentum umwandeln kann, ist in der in dem entschiedenen Fall streitgegenständlichen Gemeinschaftsordnung nicht enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann eine nach dem vereinbarten Zweck nicht gestattete Nutzung nach den Grundsätzen einer ergänzenden Vertragsauslegung allerdings dann nicht untersagt werden, wenn diese bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung des Teileigentums. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine solche Einschränkung des Unterlassungsanspruchs verneint, ist nach Auffassung des BGH von Rechtsfehlern beeinflusst. Abstrakte Aussagen, wann eine Wohnnutzung anstelle einer Nutzung zu sonstigen Zwecken typischerweise mehr stört und deshalb von den übrigen Eigentümern nicht hinzunehmen ist, sind nicht möglich. Erforderlich ist stets der Vergleich der mit der erlaubten und der tatsächlichen Nutzung in der konkreten Anlage typischer-weise verbundenen Störungen. Störender ist die Wohnnutzung allerdings jedenfalls dann, wenn der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Vergleich zu einer Nutzung als Teileigentum höhere Kosten entstehen oder die Gefahr der erheblich intensiveren Nutzung von Gemeinschaftsflächen besteht. Die von dem Berufungsgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigen nach Ansicht des BGH die Annahme, dass die Wohnnutzung nicht störender ist als die in der Zweckbestimmung allgemein vorgesehene Nutzung des Teileigentums, sodass die Klage der Eigentümergemeinschaft abzuweisen war.
VERWALTERSTRATEGIE
Für Verwalter ist die Entscheidung insbesondere insoweit interessant, als sich der BGH mit der Frage nach der Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft vor dem Hintergrund der WEG-Reform auseinandersetzt. Der BGH bejaht die Prozessführungsbefugnis unter Anwendung der Vorschriften des WEG in neuer Fassung und stellt fest, dass es für die Prozessführungsbefugnis des Verbandes nicht mehr darauf ankommt, ob ein Vergemeinschaftungsbeschluss gefasst wurde. Weiter behandelt der BGH die in der Praxis wichtige Frage nach dem Zeitpunkt der Anwendbarkeit der WEG-Vorschriften in neuer Fassung und spricht sich für eine Ausdehnung ihrer Anwendbarkeit selbst in bereits schwebenden Verfahren aus.
DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.
PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com