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(KG, Beschluss vom 1.2.2024 - Az. 1 W 385/23)
Die Änderung der tatsächlichen Umstände führt oftmals zu dem Bedürfnis der Eigentümer, die vor geraumer Zeit in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung getroffenen Vereinbarungen zu ändern. Das Kammergericht (KG) hat mit seiner nachfolgenden Entscheidung festgestellt, dass die – nachträgliche – Aufnahme einer Öffnungsklausel in die Gemeinschaftsordnung zur Eintragung in die Woh-nungs- und Teileigentumsgrundbücher der Zustimmung aller Miteigentümer bedarf.
Die früheren Eigentümer des Grundstücks teilten dieses im Jahr 1984 in fünf Teileigentums- und 22 Wohnungs-eigentumseinheiten auf. In der Gemeinschaftsordnung heißt es wie folgt:
„2. Zweckbestimmung der Baulichkeiten
[...] Der Bestimmungszweck des Gebäudes und der einzelnen Sondereigentumsräume kann nur mit einer Mehrheit von 3/4 aller stimmberechtigten Miteigentümer geändert werden [...].
17. Eigentümerversammlung
[...] Bei der Eigentümerversammlung kann sich der Wohnungseigentümer durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vertreter vertreten lassen. Bevollmächtigter kann jedoch nur ein anderer Wohnungseigentümer sein [...].“
In der Eigentümerversammlung im Jahr 2022 fasste die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) auf das Begehren des Beteiligten hin mehrheitlich Beschlüsse:
TOP 9: „Die Teilungserklärung wird in Bezug auf die Ausübung des Stimmrechts dahingehend abgeändert, dass der Kreis der Vollmachtnehmer nicht mehr auf Miteigentümer oder den Verwalter beschränkt ist.“
TOP 10: „Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stimmt der Umwandlung der Teileigentumseinheiten 02 und 03 in Wohnungseigentum unwiderruflich zu, sofern der jeweilige Sondereigentümer dies wünscht.“
Die Eintragung der vorstehenden Beschlüsse in das Grundbuch wurde mit Zwischenverfügung vom 6. Oktober 2023 verweigert. Als Begründung führt das Grundbuchamt aus, dass die Änderung der Gemeinschaftsordnung „der Zustimmung der dinglich Berechtigten aus Abt. III der gesamten WEG-Anlage erfordere“ und diese Voraussetzung nicht erfüllt sei.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Verfügung des Grundbuchamtes vom 6. Oktober 2023 führt nur zu einem vorläufigen Erfolg.
Das Grundbuchamt kann gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Grundbuchordnung (GBO) den Antrag auf Grundbucheintragung unter Angabe der Gründe zurückweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung bestimmen, wenn der begehrten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. Letztgenannte Variante ist nur dann möglich, wenn ein bestehendes Eintragungshindernis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei dem Grundbuchamt behoben werden kann.
Im konkreten Fall kann das Hindernis, das der Eintragung entgegensteht, jedoch nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkend behoben werden. Allein aus diesem Grund heraus hat die Beschwerde der Beteiligten Erfolg. In der Sache ist dies jedoch nur ein vorläufiger: Grundsätzlich bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirkung – auch gegen einen Sonderrechtsnachfolger – keiner Eintragung im Grundbuch. Eine Ausnahme hierzu bilden nur Beschlüsse, die Vereinbarungen aufgrund einer Öffnungsklausel abändern oder aufheben, oder Beschlüsse, die aufgrund solcher erst gefasst werden.
Zwar sind im konkreten Fall Beschlüsse betroffen, die auch die Änderung der Gemeinschaftsordnung der GdWE zum Inhalt haben. Diese Beschlüsse sind aber nicht aufgrund der Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung ergangen. Denn weder die Teilungserklärung noch die Gemeinschaftsordnung sieht im konkreten Fall eine Öffnungsklausel vor, die die Grundlage der zu TOP 9 und TOP 10 gefassten Beschlüsse bilden kann. Insbesondere umfasst Punkt 2 der Gemeinschaftsordnung keine solche Ermächtigung.
Inhaltlich umfasst der Beschluss zu TOP 10 die Schaffung einer neuen, weiteren Öffnungsklausel, wodurch die derzeitigen Eigentümer ihre Teileigentumsrechte eigenständig und ohne die Beteiligung der anderen Miteigentümer in Wohnungseigentum umwandeln können. Eine Grundlage für eine derart weite Ermächtigung findet sich in den Vereinbarungen bislang jedoch nicht.
Die Beschlüsse zu TOP 10 und TOP 9 können unabhängig von der Frage, ob sie ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, demnach nicht in das Grundbuch eingetragen werden: Es fehlt an den formalen Voraussetzungen.
VERWALTERSTRATEGIE
Die Änderung, Ergänzung oder Abweichung von einer Gemeinschaftsordnung ist grundsätzlich durch Beschluss nur dann möglich, wenn die Gemeinschaftsordnung selbst eine Öffnungsklausel für den konkret mit dem Beschluss beabsichtigten Inhalt vorsieht. Es ist daher möglich, soweit die Gemeinschaftsordnung eine derartige Kompetenz vorsieht, dass die GdWE durch Mehrheitsbeschluss die Umwandlung von Wohnungs- und Teileigentum vornehmen kann. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es der zusätzlichen Zustimmung der betroffenen Wohnungs- und Teileigentümer bedarf, wenn die Öffnungsklausel so allgemein gefasst ist, dass die möglichen Änderungen und Umwandlungen nicht genau bezeichnet sind (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12.4.2019, Az. V ZR 112/18). Liegt die Zustimmung aller betroffenen Wohnungs- und Teileigentümer nicht vor, ist der Beschluss wohl unwirksam (bislang durch den BGH offen gelassen), in jedem Fall zumindest jedoch anfechtbar. Ein ohne Öffnungsklausel zur Änderung der Gemeinschaftsordnung gefasster Beschluss ist jedenfalls nichtig; Fehlt eine Öffnungsklausel oder deckt sie inhaltlich nicht die beabsichtigte Änderung ab, bedarf die Abänderung der Vereinbarung der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, §§ 5 Abs. 4 S. 1, 10 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 WEG.
Rechtsanwältin; Unternehmensrecht
Kanzlei Bub Memminger & Partner, München
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