22.04.2022 Ausgabe: 3/22

Wenn das Geld nicht reicht - Tipps für die Darlehensaufnahme durch Eigentümergemeinschaften

Schimmel im Treppenhaus, ein defekter Aufzug oder das undichte Dach: Die Umsetzung unvorhergesehener Modernisierungs- oder Sanierungsmaß­nahmen ist oft mit hohen Kosten verbunden. Bei Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) reichen häufig die Rücklagen nicht aus, um solche Maßnah­men kurzfristig aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Dann droht die unbeliebte Sonderumlage, die zu Liquiditätsengpässen bei Einzelnen oder der gesamten Eigentü­merschaft führen kann. Hier kann die Auf­nahme eines Darlehens ein Ausweg sein. Wer eine Eigentümergemeinschaft ver­waltet, stellt sich dabei folgende Fragen: In welcher Höhe und zu welchem Zweck kann die WEG ein Darlehen aufnehmen? Was muss die Verwaltung dabei beachten, und worauf sollte sie hinweisen?
 

Grundsätzlich möglich und machbar
Die gute Nachricht: Die Darlehensauf­nahme durch eine WEG ist grundsätz­lich möglich und machbar. Dies hat das BGH-Urteil vom 25. September 2015 (V ZR 244/14) bestätigt. Die Darlehensauf­nahme muss allerdings ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wobei verschiedene Punkte berücksichtigt werden soll­ten, damit der Beschluss zur Finanzierung nicht anfechtbar ist. Vor Aufnahme eines Darlehens sollten die folgenden Punkte abgeklärt werden: Sind Erhaltungsrücklagen vorhanden? Sind die Erhaltungsrücklagen für die Maßnahme ausreichend? Kann die Erhaltungsrücklage für die Maßnahme genutzt werden oder besteht eine Zweck­bindung? Ist eine Sonderumlage möglich? Ist die Maßnahme tatsächlich kurzfristig notwendig, oder könnte zunächst Geld angespart werden?
 

Im Vorfeld der Darlehensaufnahme
Wenn sich herausstellt, dass das Geld kurz­fristig zur Verfügung stehen muss und nicht mit vorhandenen Mitteln aufgebracht wer­den kann, empfiehlt sich die Aufnahme eines Darlehens. Die Verwaltung muss vor der Beschlussfassung die Eigentümerinnen und Eigentümer über das Haftungsrisiko aufklären: Kommt es nämlich zu Zahlungs­ausfällen einzelner Mitglieder der WEG, haben die übrigen über ihre eigene Zahlungsverpflichtung hinaus auch für diesen Zahlungsausfall einzustehen. Diese Auf­klärung muss im Beschluss dokumentiert werden.
 

Das richtige Angebot finden
Bei der Auswahl des passenden Finanzie­rungsangebotes sollten zudem folgende Fragen beantwortet werden: Handelt es sich um eine Darlehensaufnahme durch die Gemeinschaft der Wohnungseigen­tümer? Bei den meisten Banken wird die WEG als Verband Darlehensnehmerin. Es gibt aber auch Anbieter, die das Darlehen auf die einzelnen WEG-Mitglieder abstel­len. Hierbei besteht jedoch die Gefahr, dass einzelne Personen nicht kreditwürdig sind und damit die gesamte Maßnahme gefährden. Zudem ist der Aufwand für die Verwaltung in diesem Fall deutlich höher.
 

Fördermittel berücksichtigen
Gibt es Fördermöglichkeiten für die geplante Maßnahme? Bei energetischen Sanierungen empfiehlt es sich, schon früh­zeitig einen Energieberater einzubinden. Er weiß, welche Maßnahmen förderfähig sind und welche regionalen Förderprogramme in den einzelnen Bundesländern angeboten werden. Einige Banken, wie zum Beispiel die DKB, bieten Sonderkonditionen für energetische Sanierungen, für den alters­gerechten Umbau oder für Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität.

Sind die Konditionen für die gesamte Laufzeit garantiert und ist das Darlehen am Laufzeitende auch vollständig zurück­geführt? Diese Frage sollte nicht nur aus wirtschaftlicher Perspektive, sondern auch unter rechtlichen Gesichtspunkten mit Ja beantwortet und im Beschluss dokumen­tiert werden.
 

Sorgfältige Prüfung der Konditionen
Wie sich die WEG letztlich auch entschei­det, es gilt: Die Finanzierung ist immer im Einzelfall zu prüfen. Alle Beteiligten soll­ten umfassend über sämtliche Aspekte der Darlehensaufnahme aufgeklärt werden. Der Beschluss muss Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreiten­den Zinssatzes enthalten und erkennen las­sen, dass das Darlehen am Ende der Laufzeit getilgt ist. Ferner sollte im Protokoll doku­mentiert sein, dass die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Woh­nungseigentümerinnen und -eigentümer vor der Beschlussfassung in der Eigentü­merversammlung erörtert wurde.

Groß, Yvonne Hube & Steffen

YVONNE HUBE
Leiterin für das Immobilienverwaltergeschäft bei der Deutschen Kreditbank AG (DKB) www.dkb.de/weg-finanzierung

STEFFEN GROß
Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter der GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH www.gross.team