07.09.2022 Ausgabe: 6/22

Wenn die Verwaltung wechselt

Rechte, Pflichten, klassische allstricke und was Nachfolger eines vorfristig abgewählten Verwalters beachten sollten.

Die jederzeit mögliche Abberufung eines amtie­renden Verwalters ohne wichtigen Grund und das Auslaufen der Covid-Sonderregelungen am 31. August 2022, wonach der zuletzt bestell­te Verwalter im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen im Amt bleibt, geben Anlass, sich erneut mit dem Thema „Verwalterwechsel“ zu befassen.

Beendigung des Verwalteramtes und -vertrages

Grundsätzlich sind Verwalteramt und Verwaltervertrag auch weiterhin differenziert zu betrachten: Berufen Wohnungs­eigentümer eine Person als Verwalter aus wichtigem Grund ab, liegt allein im Abberufungsbeschluss nicht zugleich eine Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund. Es bedarf grundsätzlich einer Kündigungserklärung, die nicht in der Abberufungsentscheidung liegt, gegebenenfalls aber in der Mitteilung der Abberufungserklärung.

Nunmehr sieht § 26 Abs. 2 S. 1 WEG vor, dass auch der Vertrag und somit der Vergütungsanspruch des Verwalters automatisch nach sechs Monaten enden. Entgegenste­hende Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung und auch in Verwalter-(Alt-)Verträgen sind unwirksam gewor­den, hat der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst klargestellt.

Einem Versuch der Gemeinschaft, ihre Entgeltfortzah-lungsverpflichtung zu umgehen, indem sie beschließt, das Verwalteramt erst sechs Monate nach dem Abberufungs-beschluss enden zu lassen, kann nach herrschender Mei­nung der abberufene Verwalter entgegenhalten, dass für die Berechnung der Sechsmonatsfrist nicht die Beschluss­fassung, sondern die Beendigung des Verwalteramtes maßgeblich ist.

Nachwirkende Pflichten des abberufenen Verwalters

Vorzeitig abberufene Verwalter sollten ihre nachvertragli­chen Pflichten durchaus ernst nehmen. Mit dem Ende des Verwaltervertrags schuldet der ehemalige Amtsinhaber die Herausgabe der ihm überlassenen (Geld-)Mittel und der Verwaltungsunterlagen. Hierzu zählen auch selbst ange­legte Akten, sonstige Unterlagen und auch selbst erstellte Dateien im Original.

Der ehemalige Verwalter ist – was in der Praxis viel zu wenig beachtet wird – nach §§ 666, 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit Beendigung des Verwaltervertrags ohne Weiteres zur umfassenden Rechnungslegung nebst Vorlage der üb­lichen Belege verpflichtet. Er hat zum Zeitpunkt seines Aus­scheidens eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung unter Beifügung der (als Verwaltungsunterlagen ohnehin heraus­zugebenden) Belege zu erstellen. Von diesem Anspruch sind sämtliche Unterlagen und Konten erfasst, in denen die Woh-nungseigentumsanlage betreffende Vorgänge gebucht sind. Die Rechnungslegung muss den Wohnungseigentümern zu erkennen geben, welche Ansprüche noch gegenüber Mit­eigentümern und Dritten bestehen bzw. welche Verpflich­tungen sie haben. Neben der Darstellung der Kontostände gehören somit auch Aufstellungen der noch bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten zu den Pflichten des ausgeschiedenen Verwalters. Dieser kann dem Anspruch auf Rechnungslegung auch nicht entgegenhalten, dass er die dafür benötigten Unterlagen bereits an den neuen Verwalter herausgegeben hat, vielmehr muss er gegebenenfalls Kopien anfordern oder sich um Ersatz bemühen. Abberufenen Ver­waltern ist daher zu raten, von den für die Erfüllung dieser Pflichten erforderlichen Unterlagen stets Kopien anzuferti­gen, zumal sie ohnehin bereits digitalisiert vorliegen dürften.

Erstellung der Jahresabrechnung

Einer der häufigsten Streitpunkte beim Verwalterwechsel: Wer hat die Jahresabrechnung zu erstellen? Der Grundsatz­entscheidung des BGH zufolge kommt es insoweit nicht darauf an, wann die Erstellung der Abrechnung fällig wird, sondern darauf, welcher Verwalter zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs Amtsinhaber ist.

Nach wohl herrschender Auffassung soll der am ersten Tag des Folgejahres im Amt befindliche Verwalter die Abrechnung zu er­stellen haben, bei vorzeitiger Abberufung in der Regel der alte Verwalter. Diese Pflicht besteht dann als nachwirkende Pflicht aus dem Verwaltervertrag fort und geht nicht auf den neuen Ver­walter über.

Fraglich ist zwar, ob die BGH-Entscheidung nach der WEG-Re­form noch anwendbar ist, weil die Pflicht zur Erstellung der Jah­resabrechnung nunmehr bereits aus der Organstellung des Ver­walters und nicht aus einem etwaigen Verwaltervertrag folgt. Der ausgeschiedene Verwalter ist jedoch wie oben dargelegt ohnehin zur umfassenden Rechnungslegung verpflichtet. Eine Vertei­lungsrechnung ist insoweit allerdings nicht geschuldet, weil die Ermittlung des Anteils der einzelnen Wohnungseigentümer nicht Inhalt der Rechnungslegung ist, der sich vereinfacht als Jahres­abrechnung ohne Einzelabrechnung beschreiben lässt.

Die Rechnungslegung des Vorverwalters ermöglicht es dem neu bestellten Verwalter, auf dieser Grundlage die Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen zu erstellen, eigentlich nur noch die Einzel­abrechnungen abzuleiten. Statt mit unterschiedlichen Rechts­auffassungen zu streiten, wer die Jahresabrechnung zu erstellen hat, sollten sich die Beteiligten bei der Erstellung der jeweiligen Rechenwerke eher abstimmen und unterstützen, um Rechts­streitigkeiten bereits im Vorfeld zu umgehen.

Übernahme durch den neuen Verwalter

Zeigt sich bei Verwaltungsübernahme, dass der abberufene Ver­walter seinen nachvertraglichen Pflichten wohl nicht nachkommen wird, sollte der neu zu bestellende schon per Bestellungsbeschluss von der Gemeinschaft bevollmächtigt werden, etwaige Ansprüche gerichtlich geltend machen zu können. Hat eine Eigentümerge­meinschaft ihren Verwalter vorzeitig ohne wichtigen Grund abbe­rufen, sollte der neu zu bestellende zudem erwägen, im Verwalter­vertrag für die ersten beiden Jahre eine erhöhte Vergütung nach dem Baukastenprinzip zu vereinbaren. So lässt sich die jederzeitige Abberufungsmöglichkeit kompensieren, und auch für Aufgaben, die der neue Verwalter für seinen Vorgänger erfüllen muss, dürfte die Vereinbarung einer Sondervergütung gerechtfertigt sein.

Schmidt, Michael

Der Rechtsanwalt ist in der Kanzlei GROSS Rechts­anwaltsgesellschaft mbH tätig