04.09.2020 Ausgabe: 5/20

Wer ist wofür zuständig? - Wer hat bei der Instandsetzung von Fenstern und Türen in Eigentümergemeinschaften welche Kosten zu tragen?

Das Thema wäre unproblematisch und keinen Beitrag wert, wenn es nicht gut gemeinte Regelungen in Teilungserklärungen gäbe. Gut gemeint ist bekanntlich oft das Gegenteil von gut. Tatsächlich resultieren viele Fallstricke aus unwirksamen Vorgaben in Teilungserklärungen und überraschenden Gerichtsurteilen.

Ob die Gemeinschaft für die Instandsetzung zuständig ist, oder ob es die einzelnen Wohnungseigentümer sind, hängt im Ausgangspunkt davon ab, ob der betreffende Gebäudebestandteil (hier: Fenster bzw. Tür) zum Sonder- oder zum Gemeinschaftseigentum gehört. Für die Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum ist gemäß § 21 Abs. 5 WEG die Gemeinschaft zuständig; die damit verbundenen Kosten sind gemäß § 16 Abs. 2 WEG grundsätzlich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen. Für die Instandsetzung von Sondereigentum sind nach § 14 Nr. 1 WEG die jeweiligen Wohnungseigentümer auf eigene Kosten zuständig. Fenster stehen im Gemeinschaftseigentum (BGH ZMR 2012, 641). Sie prägen die äußere Gestaltung des Gebäudes und sind außerdem für dessen Sicherheit unverzichtbar, weil es ohne sie hineinregnen würde; eine eigentumsrechtliche Aufspaltung in Außenfenster und Innenfenster oder in Rahmen, Glas und Beschläge ist nicht möglich. Außen- und Wohnungsabschlusstüren stehen ebenfalls im Gemeinschaftseigentum (BGH ZMR 2014, 223). Nur Türen innerhalb der Wohnung sind Sondereigentum. Bis hierher ist alles klar und unproblematisch. Aber: Die Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) kann abweichende Regelungen treffen – oder dies zumindest versuchen.

Die versuchte Begründung  von Sondereigentum
Die meisten Teilungserklärungen enthalten eingangs einen Abschnitt „Gegenstand des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums“, in dem aufgelistet wird, welche Gebäudebestandteile zum Sonder- und welche zum Gemeinschaftseigentum gehören sollen. Das ist jedenfalls in Bezug auf die Zuweisung von Sondereigentum blanke Irreführung! Denn schon längst hat man erkannt, dass die Zuordnung zum Sondereigentum sich zwingend aus der gesetzlichen Regelung in § 5 WEG ergibt und von der Teilungserklärung nicht abweichend festgelegt werden kann. Nicht sondereigentumsfähige Gebäudebestandteile können auch in der Teilungserklärung nicht wirksam zum Gegenstand des Sondereigentums gemacht werden (BGH ZMR 2014, 223). Gänzlich unbedeutend sind solche „versuchten“ (also unwirksamen) Sondereigentumszuweisungen aber nicht, denn nach herrschender Meinung kommt eine Umdeutung gemäß § 140 BGB in Betracht.

Man möchte die unwirksame Regelung gewissermaßen nicht einfach ignorieren, sondern überlegt, was damit gemeint war. Offensichtlich verfolgt eine Teilungserklärung mit der (unwirksamen) Sondereigentumszuweisung das Ziel, die „Verantwortung“ für den betreffenden Gebäudebestandteil auf die jeweiligen Sondereigentümer zu verlagern. Dieses Ziel hätte sich durch eine wirksame Klausel zur Verlagerung der Verwaltungszuständigkeit oder jedenfalls der Kostentragung verwirklichen lassen; also kann man im Einzelfall die unwirksame Sondereigentumszuweisung entsprechend umdeuten (LG Dortmund ZMR 2014, 815). Was aber bedeutet die Einschränkung „im Einzelfall“? Man sagt, die Umdeutung könne nur mit Rücksicht auf die konkrete Teilungserklärung erfolgen, der sich (weitere) Ansatzpunkte oder wenigstens eine Tendenz entnehmen lassen müssten, die Verwaltungszuständigkeit oder die Kostenlast auf die einzelnen Wohnungseigentümer zu verlagern. Solche Vorgaben sind für die Praxis „Steine statt Brot“, denn häufig lässt sich einer Teilungserklärung eben nichts anderes entnehmen als die fragliche nichtige Sondereigentumszuweisung.

Regelungen zur Verlagerung der Zuständigkeit oder Kostentragung
Während es nicht möglich ist, in der Teilungserklärung Sondereigentum an Gebäudebestandteilen zu begründen, die nach der gesetzlichen Regelung zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen, ist es sehr wohl möglich, die Zuständigkeit oder Kostentragung für bestimmte im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudebestandteile auf einzelne Sondereigentümer zu verlagern. In vielen Gemeinschaftsordnungen finden sich deshalb Kostentragungsregelungen in etwa wie folgt: „Die Sondereigentümer tragen die Kosten für Ersatz und Reparatur von Fenstern und Wohnungsabschlusstüren in ihren Einheiten.“ Bei Geltung einer solchen Regelung bleibt die Zuständigkeit für Entscheidungen über das Ob und Wie der Instandsetzung bei der Gemeinschaft. Die Gemeinschaft entscheidet bspw. über den Austausch eines maroden Fensters, beauftragt die Arbeiten und tritt mit den Kosten in Vorlage. In der Jahresabrechnung werden die Kosten aber nur dem kostentragungspflichtigen Wohnungseigentümer belastet. Solche Regelungen haben den Vorteil, dass die keineswegs unkritischen Arbeiten am Gemeinschaftseigentum im Zuge eines Fenstertauschs nur nach Beschluss der Gemeinschaft und unter Aufsicht der Verwaltung ausgeführt werden. Mitunter stößt das Vorgehen aber auf Unverständnis bei den Wohnungseigentümern, denn es widerspricht dem Grundsatz „wer bestellt, der zahlt“. Bei Geltung einer Kostentragungsklausel „bestellt“ nämlich die Gemeinschaft und der Einzelne zahlt.
Die Alternative zu einer Kostentragungsklausel besteht in der Verlagerung der Verwaltungszuständigkeit (Instandsetzungslast): Dann ist nicht mehr die Gemeinschaft, sondern der einzelne Wohnungseigentümer zur Instandsetzung von Fenstern oder Abschlusstüren seiner Wohnung verpflichtet, und zwar selbstverständlich auf eigene Kosten (BGH ZMR 2017, 256). Voraussetzung ist aber, dass die betreffende Regelung klar und eindeutig ist (BGH ZMR 2019, 625); andernfalls bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung. Hier kann man so manche Überraschung erleben. Beispielhaft sei folgende Regelung angeführt, die sich so oder ähnlich in vielen Gemeinschaftsordnungen findet: „Die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen und Rollläden im räumlichen Bereich des Sondereigentums ist Sache des Wohnungseigentümers, die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen und Rollläden bleibt aber Sache der Gemeinschaft.“

Der BGH versteht diese Regelung so, dass der Austausch von Fenstern Gemeinschaftssache (auf Gemeinschaftskosten) ist. Die Begründung lautet im Kern: „Behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung der Fenster“ (BGH ZMR 2012, 641; bestätigt durch BGH ZMR 2019, 890). Darauf kann man als Wohnungseigentümer oder Verwalter nicht ohne Weiteres kommen (und auch für den Verfasser dieses Beitrags ist das Ergebnis erstaunlich); das muss man einfach wissen. Und da es die Wohnungseigentümer (und Verwalter) oftmals nicht wissen, kommt es immer wieder dazu, dass Wohnungseigentümer in der nachvollziehbaren, aber irrigen Auffassung, hierfür zuständig zu sein, kaputte Fenster ihrer Wohnung auf eigene Kosten ersetzen. Wird dann irgendwann in der betreffenden Wohnungseigentumsanlage die wahre Rechtslage bekannt, ändert man die Praxis und Fenster werden im Bedarfsfall von der Gemeinschaft ersetzt. Die Wohnungseigentümer aber, die zuvor gutgläubig eigenes Geld für einen Fenstertausch ausgegeben haben, möchten dann – wiederum nachvollziehbar – Kostenersatz von der Gemeinschaft, die sich die entsprechenden Ausgaben sparte. Ein solcher Bereicherungsausgleich war früher (bis zur Grenze der Verjährung) ganz herrschend anerkannt. Der BGH hat dem aber kürzlich einen Riegel vorgeschoben (BGH ZMR 2019, 890): Demnach steht einem Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführte, keinerlei Ersatzanspruch zu, auch wenn die von ihm durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen.

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Greiner, Dr. David

Der Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Wohnungseigentumsrecht sowie für Bau- und Architektenrecht in Tübingen.
www.greiner.one