06.09.2013 Ausgabe: 6/2013

Wer stattet Wohnungen mit Rauchwarnmeldern aus?

In fast allen Bundesländern ist mittlerweile die Ausstattung von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern vorgeschrieben.

Bei Eigentumswohnungen war bisher streitig, ob die einzelnen Wohnungseigentümer diese Ausstattung vornehmen müssen oder aber die Eigentümergemeinschaft diese Maßnahme durchführen kann. Mit Spannung wurde daher das erst kürzlich veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 8. Februar 2013 (V ZR 238/11) erwartet (siehe auch Seite 46 und 47). Im Streitfall hatte eine Eigentümergemeinschaft in Hamburg beschlossen, die Rauchwarnmelder durch die Eigentümergemeinschaft anzuschaffen und auch zu warten. Das AG Hamburg-Wandsbek hielt diesen Beschluss mangels Beschlusskompetenz für nichtig, das LG Hamburg hingegen für wirksam. Das Urteil des BGH lautet:

Die Wohnungseigentümer können den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen jedenfalls dann beschließen, wenn das Landesrecht eine entsprechende eigentumsbezogene Pflicht vorsieht.

Der BGH führt aus, dass die Eigentümer bei Bestehen einer entsprechenden Verpflichtung in der jeweiligen Landesbauordnung von ihrem Zugriffsermessen nach § 10 Absatz 6 Satz 2 Halbsatz 2 WEG Gebrauch machen können, eine Beschlusskompetenz sei also gegeben. Das Urteil wird sicherlich kontrovers diskutiert werden (kritisch bereits Greupner, Zeitschrift für Immobilienrecht Heft 14/2013 = ZfiR 2013, 514). Seine faktische Wirkung ist aber enorm und Verwalter sollten sich Gedanken machen, wie sie mit dieser Möglichkeit umgehen.

„Brandschutz geht alle an“ – mit diesem Gefühl könnten nun Eigentümergemeinschaften dazu neigen, die Ausstattung der Wohnungen mit Rauchwarnmeldern zu übernehmen. Eigentümergemeinschaften und Verwalter sollten aber die Folgen einer solchen gut gemeinten Vorgehensweise bedenken.

Vergegenwärtigen muss man sich zunächst, dass Rauchwarnmelder keine Brandmeldeanlagen sind. Ein Blick in die Gesetzesbegründung für die Erweiterung der Bauordnung Nordrhein-Westfalen offenbart: „Rauchwarnmelder dienen als Frühwarnsystem ausschließlich dem Schutz der sich in einer Wohnung aufhaltenden Personen. Eine Warnung von Personen in anderen Wohnungen oder die Vermeidung von Sachschäden kann durch Rauchwarnmelder dagegen planmäßig nicht erzielt werden“ (Begründung Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 16/1624).

Im Gegensatz zu Brandmeldeanlagen beschränkt sich der Einsatz der Rauchwarnmelder auf die jeweilige Wohnung beziehungsweise sogar nur auf die Schlaf- und Kinderzimmer und den Rettungsweg innerhalb der Wohnung. Wie aber sollen Eigentümergemeinschaften oder deren Verwalter wissen, welche Räume entsprechend genutzt werden und vor allem auf Nutzungsänderungen reagieren? Es macht daher keinen Sinn, die im Gesetz angelegte Verantwortlichkeit der Wohnungseigentümer und -nutzer durch Beschluss auf die Eigentümergemeinschaft zu übertragen. Die Mitwirkung der Wohnungsnutzer ist unerlässlich.

Die Eigentümergemeinschaft und der Verwalter geraten sogar in die Haftung, wenn sie die Ausstattung der Wohnungen mit Rauchwarnmeldern übernehmen. Denn keiner der zahlreichen Anbieter übernimmt hierfür die Gewähr: Im Kleingedruckten ist der Auftraggeber, also die Eigentümergemeinschaft und deren Verwalter, für die Benennung der Räumlichkeiten zuständig; der Verwalter muss sogar Abnahmeprotokolle unterschreiben.

Verwalter, deren Eigentümergemeinschaften die Ausstattung per Beschluss bereits vergeben haben, berichten nun, dass sich bei ihnen Mitteilungen der Dienstleister über Behinderungen bei der Ausstattung stapeln – meist deshalb, weil die Wohnung nicht zugänglich ist.

Jeder Verwalter weiß, wie schwierig es oft ist, in die Wohnungen nur für die Ablesung der Heizkostenverteiler zu gelangen. Es macht aber einen Unterschied, ob man nicht abgelesene Heizkostenverteiler notfalls schätzt oder eine sicherheitsrelevante Ausstattung oder regelmäßige Wartung nicht vornehmen kann.

Denn es geht auch um die in der jeweiligen Bauordnung ebenfalls vorgeschriebene Sicherstellung der Betriebsbereitschaft. Für die Wartung ist nach dem Wortlaut der Bauordnung fast aller Bundesländer ausdrücklich der unmittelbare Besitzer, also der eigennutzende Eigentümer oder Mieter zuständig. Dem vom BGH entschiedenen Fall liegt die Bauordnung von Hamburg zugrunde und diese nennt – anders als viele andere – nicht den Adressaten der Ausstattungs- und Wartungsverpflichtung (siehe Tabelle). Wiederum informativ ist ein Blick in die Gesetzesbegründung zur Bauordnung Nordrhein-Westfalen, in der es wörtlich heißt: „Die Wartung der Geräte ist einfach und kann daher auch der jeweiligen Eigenverantwortung der unmittelbaren Besitzer überlassen bleiben. Damit wird zusätzlicher Verwaltungsaufwand vermieden und die Privatsphäre der Wohnungsnutzer geschützt.“

Es ist daher auch nach dem aktuellen Urteil des BGH (je nach Formulierung der jeweiligen Landesbauordnung) fraglich, ob die Eigentümergemeinschaft die Wartung der Rauchwarnmelder überhaupt an sich ziehen kann.

Die praktischen Umsetzungsprobleme relativieren das Argument der Sicherheit, die Freizeichnungsklauseln der Anbieter stellen den Auftraggeber, also die Eigentümergemeinschaften und auch den Verwalter in die Verantwortung für eine fremde Verpflichtung und die Kosten liegen höher als bei der Eigeninitiative.

Warum also diese Sehnsucht der Eigentümergemeinschaften und der Verwalter nach mehr Arbeit und Haftung?

Der VNWI empfiehlt seinen Mitgliedern, die Eigentümer und Bewohner von Eigentumswohnungen über die Ausstattungspflicht mit Rauchwarnmeldern zu informieren, zur Umsetzung anzuhalten und praktische Hilfestellung anzubieten. Von einer Beschlussfassung, durch die die Eigentümergemeinschaft in diese Verpflichtung eintritt und damit letztlich dem Verwalter überträgt, rät der Verband ausdrücklich ab.


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Casser, Dr. Michael

Der Verfasser ist Rechtsanwalt in Köln und Vorsitzender des Verbands der nordrheinwestfälischen Immobilienverwalter (VNWI).