23.08.2021 Ausgabe: 5/21

Wer trägt hier die Verantwortung? - Gewährleistungs- und Mängelrechte nach neuem BGB-Bauvertragsrecht: Welche Rechte hat der Besteller im Falle der Mangelhaftigkeit, und welche besonderen Probleme stellen sich beim Wohnungseigentum?

Nach den allgemeinen Vorschriften des Werkvertragsrechts hat der Unternehmer dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Frei von Sachmängeln ist ein Werk, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat, d. h. dem Vertrag entspricht, so steht es in § 633 Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Somit ist ein Werk mangelhaft, wenn die vorstehenden Voraussetzungen nicht­ ­vorliegen.

Gegenstand eines Werkvertrags ist nach § 631 Abs. 2 BGB die Herstellung oder Veränderung einer Sache sowie ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg. Das Spektrum reicht somit von der Treppenhausreinigung bis zur Errichtung eines Hochhauses.

Mit der Gesetzesreform aus dem Jahr 2018 wurde neben dem allgemeinen Werkvertrag der Bauvertrag (§§ 650a ff. BGB), der Verbraucherbauvertrag (§§ 650i ff. BGB), der Architekten- und Ingenieurvertrag (§§ 650p ff. BGB) sowie der Bauträgervertrag (§ 650u f. BGB) eingeführt, die spezielle Formen des Werkvertrags darstellen. Die Mängelrechte des allgemeinen Teils des Werkvertragsrechts gelten jedoch für alle Vertragsarten.

Wann liegt ein Werkvertrag vor?
Festzustellen, wann ein Werkvertrag vorliegt, kann im Einzelnen hoch problematisch sein, insbesondere beim Erwerb einer Eigentumswohnung, wenn diese nach Neuerrichtung zunächst vermietet war.

Beim Kauf einer noch zu errichtenden Neubauwohnung (Wohnungseigentum) stehen dem Erwerber gegenüber dem Verkäufer (in der Regel einem Bauträger) vertragliche Gewährleistungsrechte zu, die sich bezogen auf das Bauwerk nach dem Werkvertragsrecht richten (sog. Bauträgervertrag, § 650u Abs. 1 BGB). Das Werkvertragsrecht findet aber auch Anwendung, wenn das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits fertiggestellt ist, oder der Erwerbsvertrag zwei Jahre nach der Errichtung geschlossen wurde (vgl. BGH NJW 2016, 2878 und BGH NJW-RR 2003, 519). Wichtig ist hierbei, dass Mängelrechte bei Eigentumswohnungen, die ein Bauträger ungefähr drei Jahre nach Errichtung veräußert und die zuvor vermietet waren, sich nicht nach der Sachmängelhaftung des Werkvertragsrechts richten, sondern nach Kaufrecht (BGH NJW 2016, 1575).

Die Rechte des Bestellers
Die Rechte eines Bestellers bei Mängeln lassen sich in zwei Gruppen aufteilen. Vorrangig ist die Nacherfüllung durch den Unternehmer, § 634 Nr. 1 BGB. Auf einer zweiten Stufe kann der Besteller den Mangel selbst beseitigen und dafür Aufwendungsersatz bzw. Vorschuss verlangen (§ 634 Nr. 2 BGB), einen Teil des Vergütungsanspruchs im Wege der Minderung oder des kleinen Schadensersatzes zurückerhalten oder sich durch Rücktritt oder großen Schadensersatz gänzlich vom Vertrag lösen. Die Nachrangigkeit dieser Mängelrechte ergibt sich durch das grundsätzliche Fristsetzungserfordernis und den Ablauf von Fristen, den ein Nacherfüllungsanspruch nicht voraussetzt.

Die Mängelrechte könnten grundsätzlich erst ab der Abnahme geltend gemacht werden, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil aus dem Jahr 2017 entschieden hat (vgl. BGH NJW 2017, 1604). Bis zur Abnahme besteht noch ein sogenanntes Erfüllungsstadium, d. h. der Besteller kann noch Erfüllung seines Vertrages in Bezug auf eine ordnungsgemäße Herstellung verlangen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Erfüllungsanspruch nicht mehr besteht, weil das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Wann dies der Fall ist, sollte man im Einzelfall durch einen versierten Rechtsanwalt rechtlich überprüfen lassen.

Die Abnahme
Die Abnahme ist für alle Werkverträge in § 640 BGB geregelt, wobei es verschiedene Arten der Abnahme sowie eine Abnahmefiktion nach § 640 Abs. 2 S. 1 BGB gibt. Aus Platzgründen wird im Folgenden nur auf die sogenannte ausdrückliche förmliche Abnahme eingegangen. Hierunter versteht man in der Regel die gemeinsame Überprüfung der Bauleistung durch Besteller und Unternehmer im Zuge eines gemeinsamen Abnahmetermins, wobei ein Protokoll angefertigt wird, das abschließend von beiden unterzeichnet wird. Das Abnahmeprotokoll soll Angaben zu den beteiligten Personen und zum Tag der Ausfertigung enthalten, den Vorbehalt einer ggf. vereinbarten Vertragsstrafe sowie eine Auflistung noch vorhandener Mängel nebst etwaigen Einwendungen des Unternehmers. Die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls ist keine Voraussetzung für eine wirksame Abnahme, sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben (vgl. BGH vom 29.11.1973, Az. VII ZR 205/71). Diese Form der Abnahme ist zwar – anders als in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B) – im BGB nicht explizit geregelt und kann daher auch nicht einseitig von einer Partei verlangt werden, jedoch sollte sie aus Beweisgründen bei Vertragsschluss vereinbart werden.

Wird keine förmliche Abnahme vereinbart, kann das Werk ausdrücklich, durch konkludentes Verhalten oder fiktiv nach § 640 Abs. 2 BGB abgenommen werden. Die Abnahme ist als Hauptpflicht selbstständig einklagbar (vgl. BGH BauR 1996, 386).

Verjährungsfristen
Nach § 634a BGB gelten für die Verjährung von Mängelansprüchen unterschiedliche Zeitspannen. D. h. dass Ansprüche auch nur innerhalb des jeweiligen Zeitrahmens geltend gemacht werden können. Die Verjährungsregelung ist durch die Reform des Bauvertragsrechts nicht abgeändert worden. Sie gilt ausschließlich für das Werk- und Bauvertragsrecht. Demnach verjähren in fünf Jahren Mängelansprüche bei einem Bauwerk und an einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür liegt, § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Verjährung beginnt in diesem Fall gem. § 634a Abs. 2 BGB mit der Abnahme. Festzustellen, wann ein solcher Fall vorliegt, kann wiederum hoch problematisch sein. Über die Jahre hat sich in der Rechtsprechung eine verzweigte und uneinheitliche Kasuistik hervorgetan. Vor allem für nachträgliche Arbeiten an einem Bauwerk im Rahmen von Reparaturen, Renovierungen und Sanierungen können keine allgemein gültigen Grundsätze aufgestellt werden. Es empfiehlt sich in jedem Fall die Konsultation eines Rechtsanwalts.

Handelt es sich um Mängelansprüche an einem Werk, dessen Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungs- und Überwachungsleistungen dafür besteht, beträgt die Verjährungsfrist lediglich zwei Jahre, § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB. Beginn der Frist ist wiederum die Abnahme.

Alle sonstigen Mängelansprüche, die nicht in der Negativabgrenzung genannt sind, verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB. Fristbeginn ist in diesen Fällen der Schluss des Jahres, in dem der Besteller Kenntnis von den Tatsachen erlangt hat, die den Anspruch begründen.

Hat der Unternehmer einen Mangel arglistig verschwiegen, verjähren die Ansprüche ebenfalls in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, bei einem Bauwerk jedoch nicht, bevor fünf Jahre nach der Abnahme vergangen sind, § 634a Abs. 3 BGB.

Empfehlung für Verwaltungen
Verwaltungen ist somit zu empfehlen, bei der Übernahme von neu errichteten Wohnungen sowohl die Fristen als auch die Durchsetzung der Ansprüche nach Art und Weise genau zu dokumentieren. Die Verwaltung ist dafür verantwortlich, rechtzeitig die oben genannten Mängelansprüche für die Gemeinschaft gegenüber dem Werkunternehmer/Bauträger geltend zu machen, da ansonsten Haftungsansprüche drohen.

Auf die in diesem Zusammenhang bestehenden Probleme bei der Abnahme von Gemeinschaftseigentum und die Durchsetzung und Verjährung dieser Ansprüche wird in einem späteren Artikel näher eingegangen.

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Mattern, Wolfgang

Wolfgang Mattern ist Rechts­anwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt im Immobilienrecht sowie Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Steuerrecht. Er ist Mitbegründer und seit über 20 Jahren geschäftsführender Vorstand des VDIV Schleswig-Holstein, ­Hamburg, Mecklenburg-­Vorpommern, mit Kanzleien in Kiel und Hamburg.