20.07.2016 Ausgabe: 5/2016

Wer wohnt dort eigentlich?

Die illegale Untervermietung wird zum immer häufigeren Problem.

Zumindest in unserer Praxis hat sich in den letzten zwölf Monaten gezeigt, dass Mieter ihre Wohnung zunehmend illegal untervermieten. In großen Wohnanlagen – aber auch in kleineren – fällt das oft nur auf, wenn entweder keine Miete mehr eingeht oder andere Mieter darauf aufmerksam machen. Ein Problem, das vornehmlich in mittleren und großen Städten mit akuter Wohnungsknappheit auftritt. Auch der Zuzug Geflüchteter spielt eine Rolle, wie der folgende Fall aus Kiel zeigt:

Hier hatte eine Mieterin mit Migrationshintergrund seit zweieinhalb Jahren eine Wohnung ganz regulär angemietet und war ihren diesbezüglichen Verpflichtungen auch immer pünktlich nachgekommen. Mit der Begründung, sie beabsichtige wegzuziehen, fragte sie beim Verwalter an, ob zwei Bekannte die Wohnung zur Miete übernehmen könnten. Seiner Bitte um Auskunft über Namen und Bonität der Mietinteressenten kam sie nicht nach, Wochen später erfuhr er von anderen Mietern, dass sie wohl ausgezogen sei und nun zwei junge Männer mit Migrationshintergrund die Wohnung bewohnten. Zwar schlug die Verständigung mit den neuen Bewohnern fehl, in ihren Ausweisen hatte die zuständige Meldebehörde jedoch die Anschrift der Wohnung als Wohnsitz vermerkt. Die eigentliche Mieterin hatte sich bereits in eine andere Stadt abgemeldet und offenkundig einen Mietvertrag mit den jungen Männern geschlossen, der sie als Vermieterin ausgab.

Erfolglose Abmahnung

Eine Abmahnung zur Beendigung der illegalen Untervermietung blieb ohne Reaktion, so wurde das Mietverhältnis fristlos gekündigt. Solange die Wohnung aber von den beiden jungen Männern bewohnt wird, kann sie nicht weitervermietet werden.

Formaljuristisch ist vom Vermieter eine Räumungsklage gegen die ursprüngliche Mieterin und die illegalen Mieter einzuleiten, wobei sich schon die Zustellung der Räumungsklage an die „Altmieterin“ problematisch darstellte, deren neue Anschrift nicht bekannt war. Da sie zudem bereits ausgezogen und in der Stadt abgemeldet war, kann die Klage nur gegen die beiden illegalen Mieter geltend gemacht werden – mit erheblichen Kosten für den Vermieter. Die jungen Männer verfügen als syrische Flüchtlinge nicht über Geldmittel; ein solcher Prozess kann ewig dauern, selbst nach einem kurzfristigen Räumungstitel im Wege der Zwangsvollstreckung. Auch ein illegaler Mieter kann Räumungsschutz beantragen, der bis zu sechs Monate gewährt werden kann.
Dem Vermieter bleibt somit lediglich der Rechtsweg, dessen Einhaltung nur zu empfehlen ist, da andere Räumungsmethoden strafrechtlichen Handlungen gleichkommen können.

Der rechtliche Hintergrund

Von illegaler Untervermietung wird gesprochen, wenn Räume von der Hauptpartei einer dritten Person, die nicht Vertragspartei des Eigentümers/Vermieters ist, entweder zum Gebrauch überlassen oder weitervermietet werden, ohne die nach § 540 Abs. 1 S. 1 BGB erforderliche Erlaubnis des Eigentümers/Vermieters.

Diese formlos gültige Erlaubnis, die zur Untervermietung berechtigt, ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Familienangehörige wie Ehegatten, Kinder und Eltern gelten nicht als Dritte. Sie dürfen auch ohne Erlaubnis einziehen. Das gilt auch wie für eingetragene Lebenspartner (vgl. § 1, 11 Abs. 1 LpartG) sowie für Hausangestellte und Pflegepersonal. Bei nicht eingetragenen Lebensgefährten, Geschwistern und sonstigen Verwandten ist eine Erlaubnis erforderlich. Sie gelten nicht als Familienangehörige (vgl. BGH, Urteil vom 5.11.2003, VIII ZR 371/02). Bei nicht eingetragenen Lebensgefährten ist zu ergänzen, dass dem Hauptmieter in der Regel ein Anspruch auf die Erlaubnis zusteht (vgl. BGH NJW 04, 56).

Voraussetzungen für den Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis sind, dass 1. nur ein Teil der Wohnung untervermietet wird, ­2. der Mieter ein berechtigtes Interesse hat, das erst nach Abschluss des Mietvertrags entstanden ist, und dass 3. die Untervermietung für den Vermieter nicht unzumutbar ist.

Es genügt, wenn der Hauptmieter eines von mehreren Zimmern zur Lagerung von Einrichtung oder gelegentlichen Übernachtung behält (vgl. BGH, Urteil vom 11.6.2014, VIII ZR 349/13). Ein berechtigtes Interesse des Mieters ist jeder vernünftige Grund von nicht ganz unerheblichem Gewicht, z. B. dass sich die wirtschaftlichen, persönlichen oder familiären Verhältnisse verändert haben, das Einkommen gesunken ist, ein beruflich bedingter Ortswechsel erforderlich ist, eine neue Partnerschaft entstanden ist. Für die Unzumutbarkeit trägt der Vermieter die Beweislast, nach § 553 Abs. 1 S.2 BGB wenn sie in der Person des Dritten selbst begründet ist, z. B. weil durch sie andere Mieter beeinträchtigt würden, die Wohnung überbelegt wäre oder sich ihr Verwendungszweck ändern würde, evtl. durch gewerbliche Nutzung.

Verweigert der Vermieter die Erlaubnis ausdrücklich, beantwortet er die konkrete Anfrage nicht innerhalb einer angemessen gesetzten Frist oder erteilt er sie nur unter mietvertraglich nicht vorgesehenen Einschränkungen, hat der Hauptmieter ein Kündigungsrecht (vgl. § 540 Abs. 1 S. 2 BGB). Im Einzelfall kann die unberechtigte Verweigerung ohne ausreichenden Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB führen, wenn die Erlaubnis vorher schon allgemein erteilt war (vgl. BGH, Urteil vom 11.1.1984, VIII ZR 237/82).

Was tun bei illegaler Untervermietung?

Die unerlaubte Untervermietung stellt auch dann eine Pflichtverletzung des Hauptmieters dar, wenn er gegenüber seinem Vermieter Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat (vgl. BGH, Urteil vom 2.2.2011, VIII ZR 74/10).
Der Vermieter hat gegen den Hauptmieter Unterlassungsanspruch aus § 541 BGB wegen vertragswidrigen Gebrauchs, der nicht nur unerlaubte Haustierhaltung, Ruhestörung etc. umfasst, sondern auch die unbefugte Gebrauchsüberlassung (vgl. Palandt, Weidenkaff, § 541 Rd-Nr. 6). Vor der Unterlassungsklage muss eine Abmahnung erfolgen. Bleibt sie erfolglos, kann Räumungsklage erhoben werden, was zeit- und kostenaufwendig ist. Aus § 280 Abs. 1 BGB erwächst Vermietern auch ein Anspruch auf Ersatz von Schäden, die durch den vertragswidrigen Gebrauch nachweislich entstehen.

Auf Grundlage von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB (unbefugte Gebrauchsüberlassung); § 569 Abs. 2 BGB bzw. § 543 Abs. 1 S. 2 BGB (wichtiger Grund; Unzumutbarkeit) kann auch eine außerordentliche fristlose Kündigung erfolgen, stets nach vorheriger Abmahnung. Eine ordentliche Kündigung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen nicht unerheblicher schuldhafter Pflichtverletzung kann ebenfalls ausgesprochen werden. Ob der Vertragsverstoß des Mieters rechtfertigendes Gewicht hat, ist im Einzelfall zu beurteilen. Eine Kündigung ist zumindest dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Mieter die Erlaubnis zur Untervermietung rechtzeitig erbeten hat und der Vermieter zur Erteilung verpflichtet gewesen wäre (vgl. BGH Urteil vom 2.2.2011, VIII ZR 74/10).

Gegen den Untermieter besteht grundsätzlich weder Anspruch auf Zahlung der Miete noch ein Pfandrecht an dessen eingebrachten Sachen, auch vertragliche Schadensersatzansprüche gibt es nicht. Allerdings kann der Vermieter unmittelbar gegen den Untermieter auf Räumung klagen, wenn das Hauptmietverhältnis beendet ist (vgl. § 546 Abs. 2 BGB, ggf. auch § 985 BGB). Diese Klagen sind in der Regel von Erfolg gekrönt, außer der Untermieter kann den Einwand des Rechtsmissbrauchs aus § 242 BGB deshalb geltend machen, weil er sich gutgläubig für den Hauptmieter gehalten hat oder weil der Eigentümer/Vermieter in kollusivem Zusammenwirken mit dem Hauptmieter versucht, den Rechtsschutz des Untermieters zu unterlaufen. Bei unbefugter Gebrauchsüberlassung haftet der Hauptmieter für jeden Schaden, der durch den Gebrauch des Dritten entsteht.

Fazit

Für Verwalter und/oder Eigentümer bleibt lediglich der langwierige Weg der Räumungsklage. Um einen offensichtlichen Missbrauch wie im erwähnten Fall kurzfristig zu beenden, fehlt die gesetzliche Verankerung eines Eilverfahrens. Die Mietrechtsreform 2013 sowie die Einführung des § 940a ZPO, nach der die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht bei konkreter Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden darf, sind vorliegend nicht einschlägig. Verbotene Eigenmacht kann nur gegen den unmittelbaren Besitzer (den Hauptmieter) verübt werden, vgl. OLG Hamm, Urteil v. 16.10.2014, 5 U 83/14, Rd-Nr. 35. Der Vermieter und Eigentümer ist, wenn er an einen Hauptmieter vermietet, lediglich der mittelbare Besitzer, sodass kein Fall von verbotener Eigenmacht vorliegt, wenn ein Untermieter die Räume gegen den Willen des Vermieters bewohnt. Eine einstweilige Verfügung ist selbst dann ausgeschlossen, wenn bereits ein vollstreckbarer Räumungstitel gegen den Mieter vorliegt und der Besitz des Untermieters ohne Wissen des Vermieters begründet wurde. Der einstweilige Rechtsschutz dient vorläufigen Regelungen. Insofern bleibt es beim ordentlichen Rechtsweg. Es bedarf einer mietrechts- und einer zivilprozessrechtlichen Reform.

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Mattern, Wolfgang

Wolfgang Mattern ist Rechts­anwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt im Immobilienrecht sowie Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Steuerrecht. Er ist Mitbegründer und seit über 20 Jahren geschäftsführender Vorstand des VDIV Schleswig-Holstein, ­Hamburg, Mecklenburg-­Vorpommern, mit Kanzleien in Kiel und Hamburg.