07.09.2022 Ausgabe: vdivDIGITAL 2022/2

Werkzeug der digitalen Transformation – das Handbuch

Wenn es in der Immobilienwirtschaft um Digitalisierung geht, wird häufig auf die großen Software-Systeme geschielt. Aber Investitionen in diesem Bereich sind oft hoch, bringen lange Einführungszeiten mit sich oder legen Unternehmenskapazitäten außerplanmäßig lahm.

Neben den großen Software-Systemen gibt es jedoch viele Maßnahmen, welche die digitale Transformation Ihres Unternehmens erleichtern, die kostengünstig und schnell implementierbar sind.

Eine dieser Maßnahmen ist das digitale Handbuch Ihres Unternehmens. In vielen Gesprächen, die ich mit anderen Immobilienverwaltern geführt habe, hat sich herausgestellt, dass ein Handbuch immer noch ein selten genutztes Instrument ist. Es gibt einige, die ein Prozesshandbuch eingeführt haben, aber das ist zum großen Teil nur vorhanden und nie gepflegt oder größer beachtet worden.

Was kann man sich unter einem modernen, digitalen Handbuch vorstellen?

Die Technik dahinter
Es ist eine Software, die auf einem Webserver läuft, das kann der eigene eine fertige Lösung, die Sie bei einem Anbieter lizensieren. Die Software ist dabei vollkom­men branchenagnos­tisch – Sie benötigen keine Speziallösungen für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Tatsächlich kennen Sie die bekannteste Lösung bestimmt schon: Wikipedia, bzw. die Software, Webspace Ihres Unternehmens sein oder welche die Inhalte von Wikipedia zur Verfügung stellt: MediaWiki. MediaWiki ist eine Open Source Software, die Sie kostenlos herunterladen und nutzen können. Das bekannteste Beispiel für eine kostenpflichtige Software ist Atlassian Confluence.

Sie arbeiten in Ihrem Webbrowser in einem Editor, der der Textverarbeitung, die Sie täglich nutzen, sehr ähnlich ist. Sie können Bilder und Bildschirmfotos, Tabellen und Aufzählungen hinzufügen. Genauso funktioniert das digitale Handbuch Ihres Unternehmens – nur, dass sich Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einloggen müssen, um Zugriff zu erhalten.


Die Vorteile des digitalen Handbuchs
Nachdem das Technische geklärt ist: Warum sollten Sie ein Handbuch bei sich im Unternehmen einführen? Ganz einfach: Um sich die tägliche Arbeit zu erleichtern – und vielleicht, um ein Stück weit die digitale Transformation Ihres Unternehmens zu dokumentieren.

Unser Handbuch unterteilt sich zurzeit in folgende fünf Bereiche: Unser Unternehmen, Prozesse, Best Practices, Vorlagen & Formulare, Weitere Handbücher.

Der Bereich Unser Unternehmen enthält alle Informationen, welche die Mitarbeitenden benötigen, um sich im Unternehmen zurechtzufinden – das erspart viel Arbeit, z. B. beim Onboarding neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben unserem Code of Conduct findet man in diesem Bereich Informationen über die verschiedenen Tagesabläufe in unterschiedlichen Abteilungen, die Schulfolgenpläne der Azubis und dualen Studenten, die Erläuterungen zur Telefonanlage, die Benefits und wie man sie bekommt, aber auch Vertretungsregelungen, Informationen zu unserem Unternehmen und seiner Geschichte, unsere Werte und Ziele. Dieses Wissen existiert bestimmt auch in Ihrem Unternehmen – aber es ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nirgendwo dokumentiert. Hier haben wir auch interne Informationen zu unserer Website und unseren Social Media-Auftritten hinterlegt.

Im Bereich Prozesse finden sich klassischerweise viele Prozesse, die in unserem Unternehmen wiederkehrend vorkommen. Hier war und ist ein schrittweiser Aufbau des Bereiches unser Ziel. Alle Mitarbeitenden sind angehalten zu dokumentieren, wenn sie etwas tun. Somit verbessern wir den Prozess – bei uns ist das noch etwas komplexer, wir nutzen dazu in vielen Fällen Scrum, aber das würde hier zu weit führen – nach und nach, wenn Mitarbeitende Ergänzungen oder Verbesserungen vornehmen. Ein Vorteil: Wenn jemand etwas erledigen soll, was er oder sie lange nicht oder sogar noch nie getan hat, kann die Person bequem den Prozess nachlesen.   

Der Bereich Best Practices ist unsere Sammlung von Tipps & Tricks, die jeder einmal brauchen kann, aber die nicht unbedingt einen Prozess darstellen. Komplexe Buchungsbelege, die nur ein- bis zweimal im Jahr vorkommen, sind ein Beispiel, oder aber auch wie man sich bestimmte Abläufe mit einem unserer anderen Werkzeuge erleichtern kann. Der Bereich ist ziemlich beliebt bei allen.     

In Vorlagen & Formulare finden wir genau das: Früher lagen unsere Vorlagen und Formulardokumente wild verstreut in irgendwelchen Verzeichnissen oder Software-Produkten. Jetzt sammeln und aktualisieren wir sie an zentraler Stelle. Somit vermeiden wir, dass z. B. ein altes Mietvertragsformular verwendet wird.

Im Bereich Weitere Handbücher befinden sich die Links zu den Handbüchern unserer Software-Produkte, damit diese von allen schnell zu finden sind.

Natürlich können Sie auch viele andere Themen im digitalen Handbuch festhalten, z. B.:
·    eine Liste der Objekte, die Sie verwalten, mit Angabe der Objektbetreuer
·    eine Sammlung von Hinweisen zu besonderen Vereinbarungen mit Eigentümern
·    den Speiseplan für die kommende Woche, falls Sie eine Kantine haben oder Essen geliefert bekommen


Der Startschuss
Man startet also am besten mit der Überlegung, welche Bereiche und Prozesse für das Unternehmen interessant sind. Diese Bereiche legt man dann auf der ersten Seite des Handbuchs an und füllt sie mit Leben – sprich, dem einen oder anderen ersten Eintrag.
Wichtig ist, dass alle mitziehen – Sie müssen Ihr Team abholen und dafür begeistern, dass der kleine Mehraufwand bald zu einer echten Arbeitserleichterung führt. Das Handbuch ist bei uns beispielsweise die Startseite im Webbrowser. So ist es präsent und gerät nicht in Vergessenheit.

Füllen Sie es mit Inhalten, die nur dort auffindbar sind: Die Formulare oder Vorlagen sind ein gutes Beispiel dafür.

Die Mitarbeitenden erhalten bei Änderungen im Handbuch in der Regel automatisch eine E-Mail, in der sie über Änderungen informiert werden – auch das trägt dazu bei, dass das Handbuch im Fokus bleibt. Irgendwann hat es sich dann so weit etabliert, dass Ihr Team es automatisch nutzen und schätzen wird.

Besonders positiv ist die geringe Investition zu Beginn: Beide der genannten Software-Lösungen sind entweder vollständig kostenlos oder kosten erst ab einer bestimmten Anzahl von Nutzern Lizenzgebühren. Sie gehen kein oder kein langes Vertragsverhältnis ein. Sie benötigen keine externe Beratung, es ist kein komplexes Software-System. Sie können mit einem einzigen Beitrag starten.

Meiner Meinung nach ein idealer Start in die digitale Transformation Ihres Unternehmens!
 

Niesen, Sebastian

Geschäftsführender Inhaber der Niesen Hausverwaltungen e. K., Düsseldorf