01.03.2017 Ausgabe: 2/2017

(Wieder-) Bestellung eines faktischen Verwalters erfordert Alternativangebote.

(LG Dortmund, Urteil vom 14.6.2016 – 1 S 455/15)

DAS THEMA

Die Bestellung des Verwalters ist stetig ein wichtiges Thema für Wohnungseigentümergemeinschaften. Als „Mädchen für alles“ muss er den Ansprüchen der WEG gerecht werden, wobei auch die Vergütung eine wichtige Rolle spielt. Grundsätzlich müssen Wohnungseigentümer daher vor der Beschlussfassung zu einer neuen Verwalterbestellung Alternativangebote einholen und sie vor der Versammlung allen Stimmberechtigten zur Kenntnis bringen. Anders sieht es aus, wenn der bestehende Verwalter erneut bestellt werden soll. Da es neben der Vergütung auch und vor allem auf das Verhältnis zwischen Verwalter und WEG ankommt, kann eine Wiederbestellung auch ohne Alternativangebote beschlossen werden. Die WEG darf ihrem Verwalter erneut ihr Vertrauen aussprechen, ohne allein die Vergütung im Blick zu haben. Ähnliches gilt in der Regel auch für den faktischen Verwalter. Auch er ist der WEG bereits bekannt, sodass sie beurteilen kann, ob er seine Aufgaben zu ihrer Zufriedenheit erfüllt. Das gilt aber nicht, wenn schon der erstmalige Bestellungsbeschluss mangels Alternativangeboten nicht wirksam war und der WEG noch nie eine hinreichende Grundlage für ihre Entscheidung vorgelegen hat.

DER FALL

In der streitenden WEG wurde am 30.12.2014 und am 11.2.2015 der gleiche Verwalter neu gewählt. Beide Beschlüsse wurden durch eine Anfechtung für ungültig erklärt. Auch die im Juni 2015 erneut beschlossene Wahl des Verwalters wurde angefochten, weil (nach wie vor) Vergleichs­angebote fehlten und der Verwaltervertrag für eigentlich typische Aufgaben Sondervergütungen vorsah. In zweiter Instanz wurde auch dieser Beschluss für ungültig erklärt.
Das Gericht betonte in seiner Entscheidung ausdrücklich, dass es sich bei der Wahl des Verwalters nicht um eine Wiederwahl, sondern um eine Neuwahl handelte. Da die vorherigen Beschlüsse bereits für unwirksam erklärt worden waren, lag nie eine gültige Verwalterbestellung vor. Für eine Neuwahl gilt die zwingende Voraussetzung, mindestens drei Alternativangebote einzuholen, damit die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung auf einer fundierten Basis treffen können. Das Gericht weist außerdem darauf hin, dass eine ursprünglich mangels Vergleichsangeboten ungültige Wahl nicht mit einem Wiederwahlbeschluss geheilt werden kann. Würde man eine Heilung zulassen, würde dies die geltende Regelung, vor der Beschlussfassung drei Vergleichsangebote vorzulegen, schlicht umgehen.
Hilfsweise beschäftigte sich das Gericht noch mit den vereinbarten Sondervergütungen, insbesondere mit der Frage, ob es genügen würde, solche nicht angemessenen Sondervergütungen durch Gerichtsbeschluss zu streichen, um nicht den gesamten Verwaltervertrag für unwirksam erklären zu müssen. Dies kommt nach Auffassung des Gerichts jedoch nur dann infrage, wenn der bestehende Vertrag bestandskräftig geworden ist und damit eine Anspruchsgrundlage für die Vergütung darstellt. Dies ist hier nicht der Fall, da alle Bestellungsbeschlüsse – zu Recht – angefochten wurden.

Verwalter­strategie

Immer wieder befassen sich die Gerichte mit dem Erfordernis der Einholung von Vergleichsangeboten vor der Vergabe großer Aufträge. Dieses Erfordernis besteht selbstverständlich auch und insbesondere bei so weitreichenden Entscheidungen wie der Verwalterbestellung. Um unter geregelten Verhältnissen arbeiten zu können, ist es für Verwalter sinnvoll, sich zu vergewissern, dass die Mitglieder einer WEG vor der Beschlussfassung durch entsprechende Vergleichsangebote hinreichend informiert waren, um sich bewusst für die vertraglich zu vereinbarenden Konditionen zu entscheiden. Dies gilt auch dann, wenn ein faktischer Verwalter (wieder) bestellt werden soll, für dessen Erstbestellung noch nie Alternativangebote vorlagen. Auch wenn ein Verwalter nicht gefordert ist, selbst Vergleichs­angebote gegen sein eigenes Angebot einzuholen, empfiehlt es sich, die Eigentümer bei Neubestellungen auf dieses Erfordernis hinzuweisen. Denn eine spätere Beschlussaufhebung trifft auch den gewählten Verwalter.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.