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22.04.2022 Ausgabe: 3/22
Unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen beschließen – wie geht das? Laut dem inzwischen nicht mehr ganz so novellierten Wohnungseigentumsgesetz (WEG) gilt für Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung (= Erhaltung) hinausgehen, § 20 WEG zu baulichen Veränderungen. Danach können Beschlussfassungen über die Durchführung von modernisierenden Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum mit einfacher Mehrheit (§ 20 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) erfolgen, ohne dass es auf die Zustimmung aller von einer Maßnahme betroffenen Eigentümer ankommt.
Begriffsbestimmung
Bei einer modernisierenden Erhaltung handelt es sich um eine Reparatur oder die Abwendung eines anstehenden erheblichen Schadens, bei der über die Reparatur hinaus das gemeinschaftliche Eigentum durch eine technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung verändert wird. Erhaltungsmaßnahmen werden daher oft dazu genutzt, ein zu erhaltendes Bauteil zu verbessern. Die Erhaltungsmaßnahme wird also mit einer baulichen Veränderung verbunden.
Das Beispiel Heizungsanlage
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft möchte beschließen, eine veraltete und reparaturanfällige Heizungsanlage gegen eine Anlage mit moderner Brenn-werttechnik, die technisch auf dem neuesten Stand ist, auszutauschen, womit nachweislich ein Einsparpotenzial von 15 bis 25 Prozent der Heizkosten erreicht werden kann.
Die Kostenverteilung
Wenn sich die dafür anfallenden Kosten „innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren“, sind sie von allen Wohnungseigentümern entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG). Das heißt, was früher nur für sogenannte modernisierende Instandsetzungen galt, gilt inzwischen für alle baulichen Veränderungen. Dabei regelt das Gesetz bewusst nicht konkret, was als angemessener Zeitraum zu verstehen ist. Denn die von der Rechtsprechung zur sogenannten modernisierenden Instandsetzung entwickelte Annahme, wonach der Zeitraum im Regelfall zehn Jahre betragen soll, lässt sich nicht statisch übertragen. Der Zeitraum kann je nach konkreter Maßnahme auch überschritten werden, etwa um sinnvolle Maßnahmen der energetischen Sanierung auf Kosten der gesamten Eigentümerschaft zu ermöglichen.
Übertragen auf das obige Beispiel heißt das: Auch wenn die Heizungsanlage nur veraltet und reparaturanfällig, jedoch nicht defekt war, kann diese bestenfalls ohne Probleme auf Kosten aller Wohnungseigentümer ausgetauscht werden, da von einer Amortisation in einem angemessenen Zeitraum ausgegangen wird.
Sollte allerdings das Vorliegen dieser Voraussetzung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 WEG unklar oder gar streitig sein, könnte die Regelung in § 21 Abs. 3 WEG zu taktischem Stimmverhalten verführen, nämlich dann, wenn die Maßnahme keinen neuen Nutzen mit sich bringt, der den mit Ja stimmenden Eigentümern als Ausgleich für die dafür aufzuwendenden Kosten dienen können.
Rechtssichere Beschlussfassung
Um gerade energetische Sanierungen dieser Art in Eigentümergemeinschaften durch rechtssichere Beschlussfassungen voranzubringen, ist es für Verwaltungen und Eigentümergemeinschaften sehr wichtig, wirksame Beschlüsse für die unterschiedlichen Varianten baulicher Maßnahmen und deren Kostenfolgen nach den §§ 20 und 21 WEG zu fassen.
Entsprechend dem obigen Beispiel einer Heizungssanierung kommt das Gesetz in § 21 Abs. 2 WEG bestenfalls zu einer gemeinschaftlichen Kostentragung, weil sich die Kosten nachweislich amortisieren (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 WEG).
Alternativ kann der Beschluss über die Maßnahme mit einer doppelt qualifizierten Mehrheit (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 WEG) gefasst werden. Dieses zusätzliche Erfordernis der Kostenfolge bringt es jedoch mit sich, dass die Eigentümer bei der Abstimmung nicht wissen, wer die Kosten der Maßnahme zu tragen hat. Um dieser Ungewissheit vorzubeugen, bietet sich in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung eine bedingte Beschlussfassung an, woraus deutlich wird, dass die Eigentümer den Beschluss nur wollen, wenn alle Eigentümer die Kosten gemeinschaftlich tragen:
Musterbeschluss
Ein solcher Beschluss könnte wie folgt aussehen:
„(1) Die Eigentümer stimmen folgender baulicher Veränderung [möglichst genaue Beschreibung der Maßnahme oder Bezugnahme auf Angebot mit Datum] unter der aufschiebenden Bedingung zu, dass ein Beschluss bestandskräftig wird, nach dem die Kosten dieser Maßnahme alle Eigentümer nach Mitei-gentumsanteilen (MEA) tragen.
(2) Die Eigentümer beschließen, dass die Kosten der Maßnahme unter TOP 1 von allen Eigentümern nach MEA zu tragen sind.“
Enthalten ist u. a. dieser Beschluss in der VDIV-Beschlussvorlagensammlung „Neue Beschlüsse nach der WEG-Reform 2020“. Sie ist als Download zum Preis von 79 Euro zzgl. ges. USt. online erhältlich: www.vdiv.de/publikationen
Zu berücksichtigen ist, dass der Beschluss über die Maßnahme zu (1) unbedingt zu verkünden ist. Dieser erste Beschluss wird allerdings nur unter der festgelegten Bedingung eines bestandskräftigen Beschlusses zu (2) über die gemeinschaftliche Kostentragung wirksam.
Rechtsanwältin, Referentin Recht des VDIV Deutschland