21.04.2017 Ausgabe: DDIV DIGITAL 2017

Wohnen digital

Auch für den Wohnungsmarkt spielt die Digitalisierung eine ­entscheidende Rolle: Zukunftsfähige Bestandsimmobilien ­werden generationengerecht und energetisch effizienter.

Eine Wohnungsübergabe direkt per iPad, die Mitteilung von Informationen über digitale Haustafeln in den ­Aufgängen oder die Kommunikation mit Enkeln oder dem Hausarzt via Skype im Wohnzimmer – Szenarien, die bereits heute praktiziert werden. Die digitale Welt aus Datenleitungen und mobilen Endgeräten bestimmt längst unsere Gesellschaft und macht auch keinen Halt vor der Wohnungswirtschaft. Als Verband befasst sich der VSWG schon seit Jahren mit dieser rasanten Entwicklung. Dabei spielen unterjährige Verbrauchsdaten, die den Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden können, sowie neue Dienstleistungen in der Wohnung und der Datenschutz eine wichtige Rolle.

Die Attraktivität von ­Wohnraum steigern

Die demografische Entwicklung in Sachsen ist durch sinkende Einwohnerzahlen und einen kontinuierlichen Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung gekennzeichnet. Die ländlichen Regionen werden hiervon am stärksten betroffen sein. Auf diese Tatsachen kann nur mit einem umfassenden Wandel reagiert werden. Insbesondere in diesen Gebieten wird es darauf ankommen, dass eine leistungs- und zukunftsfähige Breitbandinfrastruktur aufgebaut wird, damit solche Gebiete sowohl wirtschaftlich wie auch sozial eine Zukunft haben.

Die Bandbreite erfüllt dabei zwei Funktionen gleichzeitig. Zum einen stellt sie die zwingende Infrastruktur für den schnellen und effizienten Datentransport dar. Dieser wird vor allem im ländlichen Raum für Telemedizin benötigt. Gleichzeitig hat die Breitbandgeschwindigkeit auch direkte Auswirkungen auf die Vermietungssituation selbst. Vor allem für jüngere Menschen sind digitale Anwendungen Teil des täglichen Lebens geworden. Vor diesem Hintergrund setzt vor allem diese Zielgruppe schnelle Datengeschwindigkeiten voraus. In einem Wohnungsmarkt, der vielerorts angebotslastig ist, stellt die Breitbandgeschwindigkeit somit ein wichtiges Vermietungsinstrument dar. Damit beeinflusst es letztlich auch die Leerstandsentwicklung ganzer Regionen. Nach wie vor können in Sachsen nur etwa 50 Prozent der Bevölkerung von Datengeschwindigkeiten von 50 Mbit/s und mehr profitieren; das sind 20 Prozent weniger als der Bundesdurchschnitt.

Altersgerechtes Wohnen ermöglichen

Der ausdrückliche Wunsch der Bevölkerung ist es, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben zu können und in der Wohnung alt zu werden. Dazu tragen die Digitalisierung und die Technik entscheidend bei. Der Wohnung, dem Lebensmittelpunkt eines Menschen, wird in diesem Wandel eine signifikante Rolle zukommen. Der bisher soziale und kommunikative Lebensmittelpunkt wird sich zum Gesundheitsstandort entwickeln, denn die medizinische Versorgung der Zukunft findet zu Hause statt. Eine zukunftsfähige und leistungsstarke Breitbandversorgung ist eine der Grund­voraussetzungen, um einen langfristigen Verbleib der Menschen in ihren Wohnungen und der gewohnten Umgebung zu gewährleisten und den Einsatz moderner Kommunikationsmöglichkeiten und Assistenzsysteme mit Überwachungsfunktion zur Unterstützung eines selbstbestimmten Lebens zu ­ermöglichen.

Voraussetzungen für Smart Metering ­schaffen

Die Digitalisierung hat bereits heute auch große Auswirkungen auf den Energiebereich. Das Messstellenbetriebsgesetz ordnet den Markt des Messwesens neu. Auf Grundlage des Gesetzes werden die derzeitigen Marktrollen Stromlieferant, Netzbetreiber und Ablesedienst noch um eine vierte, die des Messstellenbetreibers, ergänzt. Somit steigt die Komplexität der Geschäftsprozesse signifikant an. Gleichzeitig steigen auch die Anforderungen an die „Hardware“ im Gebäude. Gemäß dem Willen der EU können bzw. müssen Energiedaten wie z. B. Messwerte von Strommengenzählern oder Heizkostenverteilern künftig über ein Smart-Meter-Gateway transportiert werden. Dabei handelt es sich um einen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI zertifizierten Datenknoten. Die neue Welt bedingt nicht selten eine stärkere Zusammenarbeit mit Partnern auf Augenhöhe.

Konträr dazu hat die Wohnungsgenossenschaft LebensRäume Hoyerswerda die Abrechnung ihrer Wasser- und Wärmemengenzähler sowie Heizkostenverteiler selbst in die Hand genommen. Mittlerweile wurden eigene Messgeräte in 6 700 Wohnungen verbaut. Die Messgeräte ermitteln dabei mehrmals wöchentlich die Verbrauchsdaten und bieten den Mitgliedern über einen Onlinezugang eine laufende Information über die eigenen Verbräuche. Gleichzeitig lassen sich technische Störungen und Leckagen wesentlich schneller entdecken.

Kommunikation erweitern

Auch die Kommunikation mit den Mietern verändert sich derzeit grundlegend. Zum Beispiel in der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt eG sind die Tage des „Schwarzen Bretts“ gezählt. Seit Kurzem finden hier digitale Aushangtafeln Anwendung. Per Knopfdruck können wichtige Informationen gebäude- oder auch stadtteilspezifisch dargestellt werden. Neben den üblichen Informationen zu Baumaßnahmen oder Ableseterminen bietet das digitale Medium zahlreiche Zusatzdienste wie Wetter- und Fahrplanauskunft oder Veranstaltungshinweise.

Die digitalen Prozesse unterliegen aber auch rechtlichen Anforderungen. Die klassischen schriftlichen Protokolle und Vereinbarungen zwischen Wohnungsunternehmen und Mietern werden immer mehr durch digitale Strukturen ersetzt. Bereits heute sind theoretisch sogar Mietverträge über Online-Mieterportale möglich, sofern dabei gewisse Randbedingungen beachtet werden. Auch die zunehmende Zahl an Daten stellt Anforderungen an die Mietverträge der Zukunft sowie den Schutz der personenbezogenen Daten.

Die Digitalisierung erstreckt sich heute bereits auf viele Bereiche der ­Wohnungswirtschaft und trägt somit auch wesentlich zur zukünftigen Entwicklung der sächsischen Wohnungsgenossenschaften bei. Alles in allem verändert die ­Digitalisierung unser aller Leben und bietet dabei die Möglichkeit, sowohl bestehende Prozesse effizienter zu gestalten, als auch neue Geschäftsprozesse zu implementieren. Wir befinden uns ­derzeit erst am Anfang des Prozesses. Dabei muss regelmäßig abgewogen ­werden, welche Prozesse sinnvoll sind und welche nicht. Eines ist aber sicher: Die digitale Welt kann niemals die „warme Hand“ der ­Wohnungsgenossenschaften ersetzen.

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Viehweger, Dr. Axel

Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V.