02.09.2014 Ausgabe: 6/2014

Wohnung der Verwalterin kann ein unzumutbarer Ort für eine WEG-Versammlung sein

Die Klägerin und die Beklagten bilden gemeinsam eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Zwischen der Klägerin und der Verwalterin der WEG bestanden seit Jahren erhebliche Differenzen über die Art und Weise der Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Jahr 2012 lud die Verwalterin zu einer Eigentümerversammlung in ihre Wohnung ein. Die Klägerin schrieb daraufhin die Verwalterin an und äußerte ihre Bedenken gegen den Tagungsort. Die Eigentümerversammlung wurde dennoch in der Wohnung der Verwalterin abgehalten, die Klägerin blieb der Versammlung jedoch fern. Die Klägerin focht daraufhin die in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse gerichtlich an.

Die Meinung des Gerichts

Das Gericht sah die Klage als begründet an und hob die Beschlüsse auf. Nach Ansicht des Gerichts begründet bereits die Wahl des Versammlungsortes die Unwirksamkeit der in der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse. Damit allen Wohnungseigentümern die Teilnahme ermöglicht und nicht erschwert wird, muss der Ort der Eigentümerversammlung verkehrsüblich zu erreichen und den Wohnungseigentümern zumutbar sein. Das Gericht hat hier entschieden, dass die private Wohnung der Verwalterin der Klägerin nicht zumutbar war, weil zwischen beiden seit mehreren Jahren heftige Differenzen bestanden. Es konnte daher keine Rolle spielen, dass vor Auftreten dieser Differenzen eine Versammlung in der Wohnung der Verwalterin stattgefunden hatte. Die Versammlung hätte daher an einem neutralen Ort stattfinden müssen.

Dokumentation: AG Büdingen, Urteil vom 07.04.2014 – 2 C 359/12 = BeckRS 2014, 10354

Ratschlag für den Verwalter

Bei der Wahl des geeigneten Versammlungsortes ist sowohl die Lage als auch die Beschaffenheit der Räumlichkeiten zu berücksichtigen. Es muss allen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft zumutbar sein, zur Versammlung zu kommen. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Versammlung in den privaten Räumlichkeiten der Verwalterin stattfinden soll und diese im Zwist mit einem oder mehreren Mitgliedern der WEG liegt. Gleiches gilt etwa auch für die Privatwohnung eines WEG-Mitgliedes, wenn zwischen den einzelnen Mitgliedern Streit besteht. Der Verwalter sollte daher neben der verkehrsmäßigen Erreichbarkeit und der Ausstattung der Räumlichkeiten (es muss gewährleistet sein, dass die Versammlung nicht-öffentlich stattfindet) auch auf die Neutralität des Versammlungsortes achten. Gewährleistet die Tagungsstätte keinen geordneten Ablauf der Versammlung oder ist er für ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft unzumutbar, so hat dies die Anfechtbarkeit der dort gefassten Beschlüsse zur Folge, weil dadurch das Teilnahmerecht eines Wohnungseigentümers an der Versammlung verletzt werden kann. Dieses Teilnahmerecht gehört zum unantastbaren Kernbereich der WEG-Mitgliedschaft.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.