12.03.2020 Ausgabe: 1/20

Zeit, Bilanz zu ziehen - Führen Mieterstrommodelle tatsächlich zu mehr Klimaschutz in Wohnanlagen?

Das Mieterstrommodell für PV- und KWK-Anlagen sowie die Rahmenbedingungen dafür wurden bereits in ­DDIVaktuell 1/19 eingehend erläutert. Hier soll es nun um die bisherigen Wirkungen – politischer wie auch ökonomischer Natur – gehen. Zur Erinnerung: Der Begriff „Mieterstrom“ als alleinstehender Begriff ist in § 21 Abs. 3 EEG 2017 als unter bestimmten Bedingungen förderfähiges Versorgungsmodell, allerdings nur für Strom aus Photovoltaik (PV) mit maximal 100 kWpeak definiert.

Zur Unterscheidung von anderen Modellen, z. B. der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), werden im Folgenden die Begriffe PV-Mieterstrom und KWK-Mieterstrom verwendet.

Die politische Zielrichtung für PV-Mieterstrom
Um das Ausbauziel für PV-Strom auch mit kleinen Anlagen zu befördern, wurde im Juli 2017 das „Mieterstromgesetz“ (nur für PV) eingeführt. Wegen der erwarteten hohen Nachfrage wurde das förderfähige Volumen auf jährlich 500 MW beschränkt, bis insgesamt 2 500 MW erreicht sind.

Als Förderung wurde ein Zuschlag auf den nicht in das Netz eingespeisten Strom gewährt, der sich nach der zum Inbetriebnahmezeitpunkt aktuellen Einspeisevergütung für PV-Anlagen gleicher Größe richtet, wobei pauschal 8,5 ct/kWh abgezogen werden. Dieser Abzug wurde durch eine Gesetzesänderung zwischenzeitlich auf 8,0 ct/kWh reduziert.

Wo stehen wir heute?
Nach den Erwartungen des Gesetzgebers hätten von Juli 2017 bis Juli 2019 also bereits rund 1 500 MW PV-Leistung nach dem Modell installiert sein sollen. Tatsächlich sind es erst rund 14 MW – also noch nicht einmal zehn Prozent der Zielmarke! Kritiker formulieren zu Recht, dass so die allseits beschworene Energiewende in der Wohnanlage mit Sicherheit nicht umgesetzt wird. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Berechnung der Förderung führt zu derart geringen Beträgen, dass der Mehraufwand für die betreibenden Eigentümer nicht annähernd gedeckt wird, wie die Tabelle unten zeigt. Von den darin ausgewiesenen Sätzen  werden 8,0 Cent abgezogen, die Differenz verbleibt als Förderung. Immerhin müssen die Betreiber von Anlagen über 40 kWp den sich ergebenden negativen „Förderbetrag“ nicht draufzahlen. Sie erhalten einfach nichts. Es bleibt allein der Vorteil aus vermiedenen Netzentgelten, Umlagen – Achtung: EEG-Umlage muss in voller Höhe entrichtet werden! – und Wegfall der Stromsteuer. Was sich daraus ergibt, ist allerdings schon mehr als nötig, um Investition und Verwaltung zu refinanzieren. Bedenken wir weiterhin die in ­DDIVaktuell 1/19, S. 23 ff. beschriebenen preislichen Sonderbedingungen für PV-Mieterstrom, dann bleibt zur Deckung des gesamten Aufwands tatsächlich kaum noch etwas übrig. Wenig verwunderlich also, dass die Nachfrage seitens der Eigentümer extrem verhalten bleibt.


Die Lage beim KWK-Mieterstrom
Beim KWK-Mieterstrom verhält es sich etwas anders. Eine direkte Förderung aus dem EEG, die ich aufgrund der vorstehenden Erkenntnisse eigentlich gar nicht mehr als solche bezeichnen möchte, gibt es für KWK-Mieterstrom nicht. Dafür bestehen im Unterschied zum PV-Mieterstrom keine Sonderauflagen für die Strompreisbildung. „Gefördert“ wird KWK-Mieterstrom durch den KWK-Zuschlag für Anlagen bis maximal 100 kW elektrischer Leistung, der auch für Strom, der nicht in das Netz eingespeist wird, für eine allerdings begrenzte Förderhöchstdauer gezahlt wird. Und auch für den KWK-Mieterstrom fallen Netzentgelte, Umlagen – Achtung: EEG-Umlage muss in voller Höhe entrichtet werden! – und die Stromsteuer an. Zusätzlich wird noch der Brennstoff gefördert, weil für hocheffiziente KWK-Anlagen – andere gibt es kaum – die im Gaspreis enthaltene Energiesteuer von 0,55 ct/kWh auf Antrag erstattet wird.

Zahlen zu den KWK-Mieterstrommodellen liegen nicht vor, da hier  anders als beim PV-Mieterstrom keine eigene Erfassung durch die Bundesnetzagentur und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erfolgt. Weil jedoch Wärme aus KWK-Anlagen als Ersatzmaßnahme im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz des Bundes und auch in dem des Landes Baden-Württemberg anerkannt wird, dürfte die Zahl der KWK-Mieterstrommodelle, insbesondere der Größenordnung bis 50 kW, beachtlich sein. Denn hier werden in zahlreichen Projekten, deren Entwicklung ich begleitet habe und weiterhin begleite, zwar keine hohen, aber immerhin angemessene Renditen erzielt.

Hürden, die zu nehmen sind
Nachteilig bei beiden Modellen ist sicherlich, dass Eigentümer als Betreiber umfangreiche administrative Aufgaben aufgebürdet bekommen. Inhaltlich ist deren Herausforderung an sich noch recht überschaubar, lediglich die ungewohnte Materie und die juristische Fachsprache sind für viele Eigentümer und Verwalter pro­blematisch. Weil zudem viele Meldevorgänge nur einmal im Jahr anfallen, kann sich kaum eine Alltagsroutine im Umgang mit der fachfremden Welt einstellen. Wer kennt schon beispielsweise den Unterschied zwischen „elektrischer KWK-Leistung“ und „elek­trischer KWK-Nettoleistung“? Sie werden im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur abgefragt. Noch verwirrender ist, dass für die Energiesteuer die Steuerbeträge auf die kWh nach Gas-Brennwert bezogen werden, die Nutzungsgrade aber auf die kWh nach Gas-Heizwert. Verständlich, dass da so mancher ins Schleudern kommt. Eine unüberwindbare Hürde allerdings sollte das nicht sein, denn es gibt zahlreiche Unterstützungsangebote, zu deren Inanspruchnahme nur zu raten ist.

Das spricht unbedingt dafür.
Von Vorteil ist, dass beide Mieterstrommodelle nachhaltig dem Klimaschutz dienen und die CO2-Bilanz eines Gebäudes massiv verbessern. Preiswerter als mit Mieterstrom – ob nun aus PV oder KWK oder aus ihrer Kombination – können Eigentümerinnen und Eigentümer den nachfolgenden Generationen kaum mit anderen Mitteln sehr viel Gutes tun! Hinzu kommt, dass immer dann, wenn die PV-Mieterstromförderung nach dem EEG nicht in Anspruch genommen wird, die Betreiber in der Gestaltung relativ frei sind und sich dann auch die erforderlichen Renditen erzielen lassen – die ökologische sowieso und die ökonomische auch. Die Darstellung der wirtschaftlichen Berechnung für PV-Mieterstrom und KWK-Mieterstrom würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Daher sei auf die Fachliteratur ver­wiesen.

Es bleibt dabei: Vermieter bzw. Eigentümergemeinschaften, die in das Mieterstrommodell – ob nun PV oder KWK oder die Kombination beider – einsteigen wollen, sollten sich vor Aufnahme des Betriebs unbedingt fachkundige Unterstützung holen. Denn es gilt, „nebenbei“ umfangreiche Meldepflichten zu erfüllen: bei der Bundesnetzagentur, beim Hauptzollamt, beim Verteilnetzbetreiber und auch beim Übertragungsnetzbetreiber bezüglich der EEG-Umlage. Auch diese Aspekte hier detaillierter auszuführen, würde zu weit führen.

Ein nach wie vor verbreitetes Missverständnis ist es, dass eine WEG „sich selbst“ mit Strom versorgen kann. Eigenversorgung im Sinne des EEG erfordert die 100-prozentige Personenidentität von Stromerzeuger und Stromnutzer. Diese sehr enge Identität ist aber bei einer WEG allein schon deshalb nicht gegeben, weil sie gegenüber den Teileigentümern eine eigene Rechtspersönlichkeit darstellt. Und wenn auch nur eine Teileigentumseinheit vermietet ist, ist die Eigenversorgung erst recht nicht möglich. So handelt es sich auch innerhalb einer WEG stets um eine Stromlieferung an Dritte!

FAZIT
Klimaschutz ist nicht einfach. Aber mit PV und KWK lässt er sich trotz all der kleinen Hürden rentabel und nachhaltig realisieren und der Wert einer Immobilie deutlich steigern!

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Brosziewski, Dipl.-Ing. Heinz Ullrich

Der Sachverständige für KWK-Anlagen und Wärmenetze befasst sich seit 1995 mit der Konzeption und Betreuung von Mieterstrommodellen, ist ehrenamtlicher Vizepräsident im Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung und Mitglied im juristischen Beirat des Verbandes für Wärmelieferung.
www.brosziewski.de