20.01.2023 Ausgabe: 1/23

Zum Jahresbeginn 2023

Steuerliche Hinweise für Arbeitnehmer und Unternehmer

Das Jahr 2022 war nicht nur politisch, sodern auch im Steuerwesen keineswegs gemütlich. Deutlich ruhiger wird wohl 2023 nicht, schon wegen des in jüngster Zeit angehäuften Schuldenbergs.

Termine und Fristen

Bereits seit 1. Januar 2023 gelten folgende Änderungen: Für kleinere Photovoltaik-Anlagen wird umsatzsteuerlich ein Null-Prozent-Satz festgelegt und zugleich die Durchschnittssatzbesteuerung aufgehoben. Steuerbürger, die ihre Steuererklärungen selbst erstellen, müssen sie prinzipiell bis Ende Juli 2023 beim Finanzamt einreichen. Andernfalls droht ein Verspätungszuschlag. Längere Fristen gelten für Steuerkanzleien, in der Regel bis 28. Februar 2024. Natürlich empfiehlt sich für Personen und Unternehmen, die mit Erstattungen rechnen, eine möglichst zeitige Einreichung.

Steuerliche Entlastungen

Das Jahressteuergesetz 2022 vom September 2022 hebt die Durchschnittssatzbesteuerung nach §§ 23, 23a Umsatzsteuergesetz (UStG) auf. Bis Ende 2022 konnten bestimmte Unternehmen eine Pauschalierung der Vorsteuerbeträge bei im Vorjahr nicht mehr als 61.356 Euro bzw. 35.000 Euro vor- nehmen. Eine innergemeinschaftliche Lieferung galt seit 1. Januar 2020 nur bei
gültiger Umsatzsteuer- Identifikationsnummer des Leistungsempfängers. Die Abgabefrist für die Jahressteuererklärungen 2022 wurde vom 31. Juli 2023 auf den 30. September 2023 verschoben. Bei Erstellung durch Angehörige steuerberatender Berufe verlängert sie sich bis Ende Februar 2024, wegen der Corona- Pandemie bis 31. Juli 2024.

Aktuelle Steueränderungen

Zur Eindämmung der Inflationsfolgen soll der Grund- freibetrag für 2023 auf 10.908 Euro angehoben werden und für 2024 weiter auf 11.604 Euro. Der Einkommensteuertarif wird eine Rechtsverschiebung erfahren, um der sogenannten kalten Progression entgegenzuwirken. Lohnanpassungen aufgrund der Inflation sollen nicht zu höheren Steuersätzen führen. Seit 26. Oktober 2022 und bis 31. Dezember 2024 können Arbeitgeber Mitarbeitern eine „Inflationsausgleichsprämie“ in Höhe von bis zu insgesamt 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei (!) zahlen. Dieser Freibetrag kann in Teilbeträgen genutzt werden. Voraussetzung: Die Prämienzahlung erfolgt zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn. 

Ab 2023 erhöht sich das Kindergeld für die ersten drei Kinder auf 250 Euro je Kind. Familien mit niedrigem Einkommen werden durch einen neuen Höchstbetrag beim Kinderzuschlag entlastet. Der Kinderfreibetrag erhöht sich ab 2023 auf 6.024 Euro und ab 2024 auf 6.384 Euro.

Der Arbeitnehmerpauschbetrag für Werbungskosten soll mit dem Jahressteuergesetz 2022 auf 1.230 Euro angehoben werden. Für Kapitaleinkünfte soll der Sparerpauschbetrag ab 2023 von 801 Euro auf 1.000 Euro und bei Zusammenveranlagung von 1.602 Euro auf 2.000 Euro steigen. Hochgesetzt werden soll ab 2023 auch der Ausbildungsfreibetrag auf 1.200 Euro, erfreulicherweise die erste Anpassung seit 1980.

Die Entfernungspauschale für Wege zur Arbeitsstätte ist ab dem 21. Kilometer rückwirkend bereits seit 1. Ja- nuar 2022 sicher. Altersvorsorgeaufwendungen waren für 2023 mit 96 Prozent und 98 Prozent für 2024 als steuerbegünstigend vorgesehen; nach Jahressteuer- gesetz 2022 sollen sie bereits ab 2023 steuerlich voll als Sonderausgaben zu berücksichtigen sein. Spenden für die Ukraine wirken bis 31. Dezember 2022 steuerlich erleichternd. Unabhängig vom gespendeten Betrag genügt als Nachweis die Bareinzahlung auf ein dafür eingerichtetes inländisches Sonderkonto oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts. Die Spende kann dann als Sonderausgabe in der Steuererklärung abgesetzt werden, auch wenn Arbeitnehmer auf Teile ihres Arbeitslohns verzichten und der Arbeitgeber diesen Betrag auf das Konto einer Hilfsorganisation einzahlt. Vorteil: Für diesen Teil des Lohns fällt keine Lohnsteuer an. Der Arbeitgeber muss die Verwendung erfüllen, die Spende dokumentieren und sie im Lohnkonto ausweisen.

Das ist neu

Für Gebäude, die Wohnzwecken dienen, wird bei Fertigstellung nach dem 31. Dezember 2022 eine Drei-Pro- zent-AfA eingeführt.

§ 7b Einkommensteuergesetz (EStG) wird wiederbelebt durch eine Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau mit Bauantrag vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2026, für Neubauten mit Standard Energie-Effizienzhaus 40 gelten bei einer Obergrenze von 4.800 Euro/qm max. 2.500 Euro/qm als Bemes- sungsgrundlage.

Gesetzlich geregelt wird ein Ehegatten-übergreifen- der Verlustausgleich bei Kapitaleinkünften, die dem gesonderten Tarif des § 32d EStG unterliegen (§ 20 Abs. 6 EStG). Die Besteuerung der „Zuschüsse“ für Gas, Fernwärme und Strom ist in den §§ 123, 124 und 125 EStG als Entlastung bzw. Milderungszone aufgeführt.

Der Anwendungszeitraum für die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine gemäß BMF-Schrei- ben vom 11. November 2022 wird gemäß BMF-Schreiben vom 31. März 2022 bis 31. Dezember 2023 verlängert.

Für den Entlast ungsbetrag Alleinerziehender (BMF-Schrei- ben vom 23. November 2022) gilt ein wesentlicher neuer Aspekt: Ausnahmsweise kann ein steuerpflichtiger Ehegatte/Lebenspartner – einzeln oder zusammenveranlagt – den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Trennung oder der Eheschließung zeitanteilig in Anspruch nehmen, sofern die Voraussetzungen des § 24 b EStG erfüllt sind, und zwar in allen offenen Fällen.

Neue Urteile des Bundesfinanzhofes

BFH-Beschluss vom 24. Mai 2022: Gebäude auf fremden Grund und Boden, die (isoliert) veräußert werden, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 23 (1) S. 1 Nr. 1 EStG. Ein Gebäude auf langfristig angemietetem Grundbesitz stellt kein grundstücksgleiches Recht i. S. d. § 23 (1) S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG dar. Bewertungsrechtlich wird ein Gebäude nicht von § 23 (1) S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG privilegiert. Die Norm ist auf Gegenstände des täglichen Gebrauchs in Gestalt von beweglichen Wirtschaftsgütern gerichtet. Abgrenzung: Erbbaurecht – explizite Nennung in § 23 EStG


BFH-Beschluss vom 27. Juli 2022: Vollverzinsung ab 1. Januar 2014 verfassungswidrig, aber Fortgeltungsanordnung bis einschließlich 31. Dezember 2018 (BVerfG v. 8.7.2021)

BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2022: Der 6. Senat des BFH hat keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungs- mäßigkeit des Säumniszuschlags.


BFH-Beschluss vom 11. November 2022: Der 8. Senat des BFH äußert ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge, soweit diese nach dem 31. Dezember 2018 entstanden sind.

Wawro, Wolfgang

Der seit 1973 selbstständig tätige Steuerberater ist geschäftsführender
Gründungsgesellschafter der Wawro Steuerberatungsgesellschaft mbH, Pressesprecher im Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg und seit 2005
ehrenamtlicher Richter beim Landgericht Berlin. www.wawro-online.de