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„Kein Bordell in Westerlands Zentrum“ – Was die Bezeichnung „Gaststätte“ erlaubt, und was nicht.
Mitten im Zentrum von Westerland, Sylt, befindet sich ein Wohnblock mit über 80 Wohneinheiten, die zum Teil von den Eigentümern selbst als Ferienwohnung genutzt oder als solche vermietet werden. Für eine Teileinheit des gewerblich genutzten Erdgeschosses ist in der Teilungserklärung als Nutzungszweck „Gaststätte“ vorgesehen. Dort befand sich bis zum Jahr 2011 ein China-Restaurant. Nach dessen Auszug und zeitweiligem Leerstand planten die Teileigentümer die Aufteilung der Räumlichkeiten mit drei unterschiedlichen Nutzungsarten: ein Backshop, eine Ladeneinheit, eine Arztpraxis. 2014 stellten sie auf einer Eigentümerversammlung den Antrag „Änderung der Außenansicht der Teileinheit Nr. 81“, legten Ansichts- und Grundrisszeichnungen vor. Die Eigentümer genehmigten die Änderung per Beschluss. Im Protokoll wurde festgehalten, dass die Räumlichkeiten aufgeteilt werden, eine Arztpraxis, ein Ladengeschäft sowie ein Backshop entstehen und die Kosten dafür von den Teileigentümern übernommen werden.
Der Beschluss wurde nicht angefochten, der Backshop zwischenzeitlich fertiggestellt, im Ladengeschäft soll demnächst ein Fahrradverleih eröffnen. Ohne die Verwaltung oder die übrigen Eigentümer zu informieren, beantragten die Eigner der eigentlich vorgesehenen Arztpraxis im Juli 2015 eine Nutzungsänderung als Schankwirtschaft und die Genehmigung für Öffnungszeiten von 21:00 Uhr abends bis 6:00 Uhr morgens. Durch Zufall erfuhren die übrigen Wohnungseigentümer, dass die auf der Insel bekannte Bordellbetreiberin Eve Gablenz die Teileinheit angemietet hatte. Sie beabsichtigte, ihr Etablissement „Eve‘s“ in die Teileinheit Nr. 81 zu verlegen. Um nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, beauftragten sie eine Anwaltskanzlei mit der Erhebung der Klage auf Unterlassung des Betreibens bzw. des Vermietens der Räumlichkeiten zum Betrieb einer Nachtbar und/oder einer Bar und/oder eines Bordells und/oder eines vergleichbaren Vergnügungsbetriebes. In der nach Klagezustellung einberufenen Eigentümerversammlung stellten sie den Antrag, den Eigentümern der Teileinheit zu untersagen, eine Bar, eine Nachtbar und/oder ein Bordell zu betreiben bzw. betreiben zu lassen. Dem wurde mehrheitlich zugestimmt, und man beschloss, sich der Klage der anderen Eigentümer anzuschließen.
Die Klagschrift wurde dementsprechend vor der mündlichen Verhandlung geändert, sodass alle übrigen Eigentümer Kläger waren. Das Amtsgericht Niebüll hat am 16.12.2015 noch nicht rechtskräftig entschieden, dass die beklagten Eigentümer verurteilt werden, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatz- oder wahlweise an ihren Gesellschaftern zu vollstreckende Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die im Aufteilungsplan mit Nr. 81 bezeichnete Teileinheit mit 197,5 qm an Dritte zum Betrieb eines Bordells und/oder eines vergleichbaren Vergnügungsbetriebes zu überlassen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Da die Klage nun von allen übrigen Wohnungseigentümern fortgeführt wurde, sah das Gericht dies als zulässige Klagänderung an, die gem. § 263 ZPO sachdienlich und damit als gewillkürter Parteiwechsel auch zulässig sei. Es berief sich dabei auf die BGH-Entscheidung vom 10.6.2015 (V ZR 169/14, zitiert nach juris), in der der BGH festgestellt hatte, dass in einem solchen Fall ein gewillkürter Parteiwechsel sachdienlich sei und selbst noch in der Revisionsinstanz vorgenommen werden könne. Das Gericht hat den Anspruch der Eigentümer auf Unterlassung gem. § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG befürwortet. Der Betrieb eines Bordells, also einer Räumlichkeit in der Personen arbeiten, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen ausüben, gehört nicht zum Umfang des in der streitgegenständlichen Teileinheit zulässigen Gaststättenbetriebes. Das Rechtsschutzbedürfnis auf Unterlassungserklärung sei auch vor der Betriebsaufnahme durch die Dritte gegeben, da die Dritte einen Betrieb unterhält, der nicht der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung entspräche. Es sei den Eigentümern auch nicht zumutbar, erst eine Erstverletzungshandlung und damit einen Einzug abzuwarten, da die äußeren Umstände bereits nahe legten, dass die Dritte nicht nur eine reine Schankwirtschaft betreiben will – so wie die beklagten Eigentümer es vorgetragen haben –, sondern bereits Umbaumaßnahmen zur Einrichtung sogenannter Separees vorgenommen hatte – wenn auch ohne Genehmigung. Das Gericht vertrat die Auffassung, es sei nicht ausreichend, dass der Vermieter den Mietvertrag mit ausgewiesenem Nutzungszweck „Schankwirtschaft“ vorlegte. Die Eigentümer hätten hingegen hinreichend substantiiert darlegen müssen, dass tatsächlich nur eine Schankwirtschaft dort betrieben werden soll. Da dies nicht geschehen war, spräche vieles dafür, dass hier ein Bordell oder eine vergleichbare Vergnügungsstätte betrieben werden soll.
Des Weiteren enthalte die Homepage der Mieterin das Motto „Tags allein, muss nicht sein“, sodass auch vergleichbare Vergnügungsstätten, die auch tagsüber betrieben werden könnten, von der Zweckbestimmung der Gaststätte nicht umfasst seien. Der Antrag auf Unterlassung des Betreibens einer Nachtbar sowie einer Bar wurde von dem Gericht abgelehnt. Eine gesetzliche Legaldefinition einer Nachtbar würde nicht existieren. Nachtzeiten würden gesetzlich unterschiedlich bestimmt. Insofern hätte eine Konkretisierung stattfinden müssen, die jedoch nicht erfolgt sei, sodass die Klage in dieser Hinsicht unzulässig sei.
Das Wort „Bar“ sei Englisch und bedeute Schankwirtschaft. Nach der Teilungserklärung sei eine Gaststätte erlaubt, sodass im weitesten Sinne auch eine Bar erlaubt sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Berufung wurde eingelegt.
Dem Gericht ist zuzustimmen, dass ein Bordell oder eine vergleichbare Vergnügungsstätte nicht als Gaststätte definiert werden kann. Eine andere Auffassung vertreten wir jedoch in Bezug auf den Begriff der Nachtbar und der Bar. In § 4 Abs. 3 Jugendschutzgesetz heißt es wörtlich: „Der Aufenthalt in Gaststätten, die als Nachtbar oder als Nachtclub geführt werden, und in vergleichbaren Vergnügungsbetrieben darf Kindern und Jugendlichen nicht gestattet werden.“ Somit ist entgegen der Auffassung des Gerichts die „Nachtbar“ definiert. Als Nachtzeit versteht das deutsche Zwangsversteigerungsrecht die Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr. Im deutschen Strafverfahrensrecht wird die Nachtzeit ebenfalls zwischen 21:00 Uhr und 4:00 Uhr vom 1.4. bis 30.9. bzw. von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr vom 1.10. bis 31.3. verstanden. Nach unserer Auffassung hätte somit das Gericht auch die Nachtbar untersagen müssen. Der Bundesgerichtshof hat in einer grundsätzlichen Entscheidung darauf hingewiesen, dass wegen der aus Art. 14 GG folgenden Eigentumsgarantie die sich aus der Zweckbestimmungserklärung ergebende Beschränkung der Eigentumsrechte ergänzend nur dahingehend auszulegen ist, dass eine von der im Grundbuch eingetragenen Zweckbestimmung abweichende Nutzung zulässig ist, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stören oder beeinträchtigen kann, als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung (vgl. BGH NJW 2010, 3093; so auch Bärmann, 11. Aufl. § 13 Rnd-Nr. 620). In diesem Zusammenhang sei auch auf eine Entscheidung des LG München (Az. 1 S 21470/09) verwiesen, bei der einem Teileigentümer die beabsichtigte Nutzung einer Spielhalle in Räumen, die nach der Teilungserklärung als Gaststätte bzw. Lokal genutzt werden durften, untersagt wurde. In der Baunutzungsverordnung wird als Faustregel zur Abgrenzung von Vergnügungsstätten zu Gaststätten Folgendes definiert:
„Bei einer Versammlungsstätte handelt es sich dann um eine Gaststätte, wenn das Essen und Trinken bzw. das Bewirten im Vordergrund der geschäftlichen Tätigkeit steht. Steht aber die gewerbliche Freizeitunterhaltung im Vordergrund, so handelt es sich um eine Vergnügungsstätte“ (vgl. Fickert/Fieseler, Kommentar zur Baunutzungsverordnung).
Im Sprachgebrauch dürfte der Begriff der Bar und der Nachtbar somit als Vergnügungsstätte zu bezeichnen sein. Vergnügungsstätten sind jedoch keine Gaststätten, sodass das Betreiben einer Nachtbar oder einer Bar nicht mehr von der Teilungserklärung mit dem Nutzungszweck „Gaststätte“ gedeckt ist.
Das Betreiben einer Nachtbar oder Bar führt jedoch unweigerlich zu mehr Beeinträchtigungen der Wohnungseigentümer, da hier der Besucherverkehr auf Grund der nächtlichen Öffnungszeiten in den üblichen Ruhezeiten stattfindet und es aufgrund des ausschließlichen Getränkeverkaufs, in der Regel Alkohol, zu vorhersehbaren Ruhestörungen durch angetrunkene oder betrunkene Gäste kommen kann. Die Wahrscheinlichkeit ist deutlich höher als in einer tagsüber betriebenen Gaststätte mit Speisen und Getränken, wie auch dafür, dass sich Frauen einfinden, die professionell der Prostitution nachgehen. Dementsprechend vertreten wir die Auffassung, dass auch eine Nachtbar oder Bar nicht mehr der Zweckbestimmung einer Gaststätte entspricht, der Eigentümer letztendlich sein Recht zur Nutzung der Räumlichkeiten als Gaststätte verloren hat. Die Zustimmung zur Fassadenänderung hatte er vor dem Hintergrund der Aufteilung der Räumlichkeiten in einen Backshop, einen Laden und eine Arztpraxis erhalten, sie aber auch als Nutzungsänderung verstanden, indem er einen entsprechenden Antrag beim Bauamt eingereicht und auch die Räumlichkeiten dahingehend verändert hat.
Da der damalige Beschluss nicht angefochten wurde, ist die Änderung der Zweckbestimmung eingetreten. Es kann nicht im Belieben des Teileigentümers liegen, von dieser beschlossenen Zweckbestimmung nunmehr wieder abzuweichen und sich auf die Teilungserklärung zu berufen – mit dem Hinweis, eine Gaststätte sei dort erlaubt und er dürfe auch einen Teil dieser Räumlichkeiten wieder als Schankwirtschaft betreiben.
Das Gericht hat eine andere Auffassung vertreten: Angeblich liegt eine Zweckerweiterung vor, die jedoch nicht den Verzicht auf die Nutzung als Gaststätte darstellt. Diese Auffassung können wir nicht teilen, da eine vom Eigentümer selbst herbeigeführte vollständig andere Zweckbindung beschlossen wurde. Er hat damit sein Recht auf das Betreiben einer Gaststätte aufgegeben, um ein neues Recht zum Betreiben eines Backshops, eines Ladens und einer Arztpraxis zu erhalten. Im Übrigen hätten die Eigentümer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihre Zustimmung zur Fassadenänderung nicht erteilt, wenn sie gewusst hätten, dass damit anstelle der Arztpraxis eine Nachtbar, eine Bar und/oder ein Bordell oder eine vergleichbare Vergnügungsstätte betrieben hätte werden dürfen. Insofern ist die erteilte Zustimmung zur Fassadenänderung zugleich eine Zustimmung zur Nutzungsänderung, die der Eigentümer nicht willkürlich wieder ändern kann. Es bleibt abzuwarten, ob das Berufungsverfahren durchgeführt oder ob das Urteil des Amtsgerichts Niebüll rechtskräftig wird und die Parteien damit zufrieden sind. Abschließend sei angemerkt, dass die Teileigentümer den Beschluss auf der letzten Eigentümerversammlung hinsichtlich der Untersagung des Betreibens einer Nachtbar/Bar oder eines Bordells angefochten haben. Dieser Prozess ist noch rechtshängig. Wir werden über den Ausgang berichten.
Foto: © Michael Thaler / Shutterstock.com
Wolfgang Mattern ist Rechtsanwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt im Immobilienrecht sowie Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Steuerrecht. Er ist Mitbegründer und seit über 20 Jahren geschäftsführender Vorstand des VDIV Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, mit Kanzleien in Kiel und Hamburg.