05.12.2017 Ausgabe: 8/2017

Zwangsvollstreckungsunterwerfung für Wohnraummiete zulässig

(BGH, Urteil vom 14.6.2017, Az.: VIII ZR76/16)

DAS THEMA
Im Wohnraummietrecht ist die Kaution gemäß § 551a BGB auf drei Netto-Monatsmieten ohne Vorauszahlungen beschränkt. Räumt der Mieter nach einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht oder kann die Wohnung nach einer außerordentlichen Kündigung nicht sofort weitervermietet werden, übersteigen die Rückstände schnell die geleistete Kaution. Vermieter haben daher auf das Sicherungsinstrument der notariellen Zwangsvollstreckungsunterwerfung zurückgegriffen. Die „Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung“, die zugunsten eines bestimmten Gläubigers in Bezug auf Forderungen aus einem bestimmten Schuldverhältnis vor dem Notar erklärt werden kann, stellt einen Vollstreckungstitel dar. Der Gläubiger, hier der Vermieter, kann aus dieser Erklärung ohne Vorschalten eines Gerichtsverfahrens sofort die entsprechenden Forderungen gegenüber dem Schuldner vollstrecken. Dieser zeitliche Vorsprung gegenüber der Durchführung eines ordentlichen Gerichtsverfahrens mindert das Ausfallrisiko des Gläubigers erheblich. Allerdings war bislang umstritten, ob eine solche Vollstreckungsunterwerfung für Forderungen aus einem Wohnraummietvertrag wirksam ist.

DER FALL
Der Vermieter hatte versucht, aus einer solchen Vollstreckungsunterwerfung gegen den (ehemaligen) Mieter vorzugehen. Der Mieter hatte hiergegen mit vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen nach § 767 ZPO geklagt, um die Vollstreckung zu verhindern. Er hatte geltend gemacht, dass eine Vollstreckungsunterwerfung eine weitere Mietsicherheit darstelle, die die höchstzulässige Kaution nach § 551 Abs. 1 BGB übersteige. Diese Ansicht weist der BGH zurück: Eine Unterwerfungserklärung stellt gerade keine Mietsicherheit im Sinne des § 551 BGB dar, sie bietet dem Gläubiger keinen zusätzlichen Zugriff auf weiteres Vermögen des Schuldners. Der einzige Vorteil ist die Schnelligkeit und der sofortige Zugriff auf das Vermögen des Schuldners. Der ist gezwungen, eventuelle Einwendungen gegen die materielle Berechtigung der Forderung im vollstreckungsrechtlichen Verfahren geltend zu machen. Eine Übersicherung des Gläubigers ist für den BGH daher nicht zu erkennen.
Auch eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB verneint der BGH hier, da es sich bei dem Kläger um einen geschäftserfahrenen Mieter handelte, der die Wohnung als Geschäftsführer einer GmbH und gemeinsam mit dieser angemietet hatte, und als Angehöriger eines Nicht-EU-Landes weder SCHUFA-Auskunft noch Meldeanschrift im Inland vorlegen konnte.
Offen lässt der BGH allerdings, ob die Verpflichtung zur Abgabe einer solchen Vollstreckungsunterwerfung auch formularvertraglich im Wohnraummietvertrag vereinbart werden darf, da es sich hier um eine Individualvereinbarung handelte.
Der entschiedene Fall wies zudem die Besonderheit auf, dass der Wohnraummietvertrag sowohl vom geschäftsführenden Gesellschafter als Person als auch von seiner eigenen GmbH als Mitmieterin geschlossen worden war, mit dem Zweck, dass der Geschäftsführer dort wohnen sollte. Trotz der Beteiligung einer juristischen Person, die nicht „wohnen“ kann, handelte es sich also um einen echten Wohnraummietvertrag. Der Eintritt der GmbH als zweite Mieterin erfolgte als weitere Sicherung des Vermieters. Der BGH weist darauf hin, dass auch der Beitritt eines weiteren Mieters, der einen entsprechenden Schuldbeitritt ersetzt, keinen Verstoß gegen die Begrenzung der Sicherheit nach § 551 BGB darstellt. Es handelt sich auch hier nicht um eine zusätzliche Sicherheit, sondern um den Beitritt einer zusätzlichen Mieterin, die gesamtschuldnerisch mit dem ersten Mieter zur Mietzahlung verpflichtet und damit ebenso der Vollstreckung ausgesetzt ist.

VERWALTERSTRATEGIE
Diesmal hat der Vermieter alles richtig gemacht, was ihm nach zwei Instanzen auch bestätigt wurde. Zwar darf der Vermieter keine höhere Mietsicherheit als die drei Netto-Monatsmieten vereinbaren; der Mieter könnte jede darüber hinausgehende Sicherheit zurückverlangen. Als Sicherheit gilt jedoch nach dieser BGH-Entscheidung nur, was dem Vermieter Zugriff auf zusätzliches Vermögen des Mieters verschaffen würde. Dies ist weder bei der Zwangsvollstreckungsunterwerfung noch beim Vertragsbeitritt eines weiteren Mieters der Fall. Die Zwangsvollstreckungsunterwerfung sollte allerdings individuell vereinbart und mit besonderen Voraussetzungen, bezogen auf den jeweiligen Mieter, begründet werden, da die AGB-Problematik vom BGH ausdrücklich offen gelassen wurde. Schließlich ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass eine solche Zwangsvollstreckungsunterwerfung für einen Räumungsanspruch im Wohnraummietrecht nicht zulässig ist, § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.


Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.