01.12.2015 Ausgabe: 8/2015

Zweckbestimmung von Wohn- und Teileigentum in der Teilungserklärung als Vereinbarung

Was war passiert?
Eine bestehende Teileigentumseinheit wurde in zwei Einheiten unterteilt. Bei der Eintragung der geänderten Teilungserklärung wurde zugleich eine andere Zweckbestimmung in das Grundbuch eingetragen: Zuvor im Rahmen der Teilungserklärung als „Büroräume“ ausgewiesene Räume wurden nun als „Wohnräume“ eingetragen. Dieser Eintragung mit einer anderen Zweckbestimmung hatten die übrigen Eigentümer allerdings im Vorfeld nicht zugestimmt. Im Anschluss wurde ein Widerspruch gegen diese Eintragung erhoben und ins Grundbuch eingetragen, über dessen Rechtmäßigkeit das Gericht zu entscheiden hatte.

Die Meinung des Gerichts: Eine inhaltliche Änderung der Zweckbestimmung von Teileigentum („Büroräume“) zu Wohneigentum („Wohnräume“) kann nur in das Grundbuch eingetragen werden, wenn ihr sämtliche Eigentümer zustimmen. In der Bezeichnung „Wohneigentum“ oder „Teileigentum“, wie in der Teilungserklärung ausgewiesen, liegt nämlich bereits eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Definitionen in § 1 Abs. 2 und Abs. 3 WEG, die auch Inhalt des jeweiligen Sondereigentums werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Teilungserklärung ausdrücklich besagt, dass die Zweckbestimmung nicht mit bindender Wirkung vereinbart werden soll (Stichwort: „Vereinbarungscharakter“). Dieser Ausnahmefall war hier jedoch nicht gegeben. Die übrigen Eigentümer hatten der Eintragung einer geänderten Zweckbestimmung nicht zugestimmt. Für die betreffenden Räume durfte daher keine geänderte Zweckbestimmung in das Grundbuch eingetragen werden, mit anderen Worten: Sie hätten dort nicht als „Wohnräume“ ausgewiesen werden dürfen. Der Grundbuchpfleger hat dieses Zustimmungserfordernis übersehen, als er die Räume dennoch mit der geänderten Zweckbestimmung in das Grundbuch eingetragen hat. Der Widerspruch war daher berechtigt und muss nicht gelöscht werden. Das Oberlandesgericht weist außerdem darauf hin, dass diese Überlegungen auch für die Bezeichnung von sonstigen Nutzungsarten in der Teilungserklärung gelten.

Dokumentation: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 31.7.2014 – Az.: 20 W 111/14 = ZWE 2015, 320

Ratschlag für den Verwalter:
Wird eine geänderte Zweckbestimmung ohne Zustimmung sämtlicher Teileigentümer in das Grundbuch eingetragen, kann ein Widerspruch in das Grundbuch eingetragen werden lassen. Eine Änderung der Zweckbestimmung ohne die erforderliche Zustimmung aller Eigentümer ist trotz einer entsprechenden Eintragung in das Grundbuch unwirksam. Diese Unwirksamkeit wird durch die Eintragung eines Widerspruchs für jedermann aus dem Grundbuch ersichtlich.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.