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Was ist zu tun und wer entscheidet, wenn und ob nach einem erstinstanzlich obsiegenden Beschlussanfechtungsverfahren Berufung eingelegt werden soll? Eine Anmerkung u. a. zur Entscheidung des AG Charlottenburg, Urteil vom 11.9.2015, 73 C 17/15.
Zum ordnungsgemäßen Handeln des WEG-Verwalters bestehen in diesem Zusammenhang noch viele offene Fragen und ungelöste Probleme. Das oben genannte neuerliche Amtsgerichtsurteil aus Charlottenburg betrifft nicht nur eine rechtliche Auslegungsproblematik der aktuellen Gesetzesformulierung. Es ist vielmehr auch für den Verwalter als gesetzlichem Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft und auch der einzelnen Eigentümer von erheblicher praktischer Bedeutung. Dabei geht es um die sicher noch nicht abschließend geklärten Fragen, ob und ggf. durch wen gegen ein erstinstanzlich vor dem Amtsgericht obsiegendes Urteil des Anfechtungsklägers für die beklagten Eigentümer evtl. Berufung eingelegt werden soll – und wie Verwalter dies organisatorisch korrekt vorbereiten.
Hier geht es (zunächst) um die erste Instanz eines Beschlussanfechtungsverfahrens. Was Berechtigungen – und damit auch Verpflichtungen – des Verwalters im Beschlussanfechtungsverfahren erster Instanz betrifft, entspricht es heute herrschender Meinung, dass er zunächst als Zustellungsvertreter auch für die beklagten Eigentümer aus durchaus prozessökonomisch vertretbaren Gründen zu fungieren hat, selbst dann, wenn Schriftstücke entgegen dem bisherigen gesetzlichen Wortlaut in § 27 Abs. 2 Nr. 1 WoEigG im Anfechtungsverfahren gerade nicht an „alle Wohnungseigentümer gerichtet sind“, sondern nur an die beklagten „übrigen Eigentümer“ der Gemeinschaft. Nachfolgend hat er kurzfristig in geeigneter Weise die Eigentümer (d. h. die beklagten Eigentümer) von der Anhängigkeit eines solchen Anfechtungsstreits zu unterrichten (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 7 WoEigG). Sehr rasch wird er auch vom Amtsgericht unter 14-tägiger Ausschlussfrist zur Erklärung aufgefordert, ob sich die Beklagten im Verfahren „verteidigen“ wollen. Schon vor dieser oft schwierigen Entscheidung sollte der Verwalter evtl. anwaltlichen Rat einholen. Da ein entsprechender Mehrheitsbeschluss vorliegt, den er grundsätzlich trotz erfolgter Anfechtung auch auszuführen hat (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WoEigG), wird er dem Gericht im Zweifel zunächst in eigener, fristgebundener Ermessensentscheidung auch zu Recht Verteidigungsbereitschaft fristgemäß anzeigen, was auch dem mutmaßlichen Willen der beschlussfassenden Eigentümermehrheit entsprechen dürfte. Gleichzeitig hat er in diesem Fall ebenfalls nach herrschender Meinung auch das Recht, für alle beklagten Eigentümer in deren Vertretung einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dies wird aus Gründen der gebotenen Fristwahrung und zur Abwendung sonstiger Rechtsnachteile, wenn auch nur für eine Beklagtenmehrheit, aus § 27 Abs. 2 Nr. 2 WoEigG abgeleitet, zumal dort ausdrücklich auch auf Anfechtungsverfahren gemäß § 43 Nr. 4 WoEigG verwiesen wurde. Entsprechende weitere Berechtigungen ergeben sich für ihn auch aus § 27 Abs. 2 Nr. 4 WoEigG. Wird z. B. eine Anfechtung allerdings vorwiegend oder gar ausschließlich mit formellen, auch objektiv unzweifelhaft begründeten Beschlussfehlern begründet, kann eine Verwalterempfehlung schon zu Beginn des Verfahrens dahingehen, ggf. zu einer neuerlichen außerordentlichen Eigentümerversammlung zu laden, um eine korrekte Zweitbeschlussfassung herbeizuführen. In einem solchen Fall könnte sich das vorausgehende Anfechtungsverfahren vielleicht sehr rasch und noch halbwegs kostengünstig erledigen.
Wird dem Verwalter bzw. dem beauftragten Rechtsanwalt nun das klägerisch obsiegende Urteil des Amtsgerichts zugestellt, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob das Ersturteil von den Beklagten akzeptiert werden soll, oder ob zunächst das Rechtsmittel einer Berufung für alle oder einzelne Beklagte einzulegen ist. In größeren Gemeinschaften ist es organisatorisch beschwerlich, diese Entscheidung innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist im Interesse der beklagten Eigentümer verbindlich abzuklären, zumal die Erfolgsaussicht einer Berufung auch von fachanwaltlicher Seite überprüft werden sollte.
Aus meiner Sicht ist es strikt abzulehnen, zu dieser Frage eine alle Beteiligten bindende neuerliche Mehrheitsentscheidung in einer kurzfristig einberufenen „Eigentümerversammlung“ herbeizuführen. Insoweit besteht nach derzeitiger Rechtslage keine Beschlusskompetenz der Gesamtgemeinschaft, eine neuerliche Entscheidung der Eigentümergemeinschaft herbeizuführen. Somit ist ein solcher positiver wie auch negativer Eigentümerbeschluss von Anfang an als nichtig anzusehen. Dies wurde auch schon völlig zu Recht im Jahr 2013 vom AG Erfurt und jetzt neuerlich mit dem hier besprochenen Urteil des AG Charlottenburg entschieden. Dem entgegen steht allerdings ein Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. aus dem Jahr 2015 zur Möglichkeit entsprechender Weisungsbeschlüsse der Gemeinschaft an den Verwalter. Solange der Gesetzgeber auch Beschlussanfechtungsverfahren nur als Auseinandersetzungen der einzelnen Eigentümer wertet (vgl. § 46 Abs. 1 WoEigG) und sie nicht ebenfalls als Verbands- bzw. Gemeinschaftsangelegenheit behandelt sehen will (selbst wenn es in Beschlussanfechtungen meist auch um gemeinschaftliche Verwaltungsbelange geht), kann die Berufungsfrage von den einzelnen beklagten Eigentümern erster Instanz, die bekanntlich verfahrensrechtlich in notwendiger Streitgenossenschaft stehen, m. E. auch nur individuell entschieden werden. Völlig zu Recht wurde damit auch in Charlottenburg entschieden, dass sich insoweit auch aus § 27 Abs. 2 Nr. 2 WoEigG keinerlei ungeschriebene Beschlusskompetenz einer „Wohnungseigentümergemeinschaft“ ergäbe, auch nicht für etwaige Weisungsentscheidungen an den Verwalter.
Allerdings führt das AG Charlottenburg nunmehr zu § 27 Abs. 2 Nr. 2 WoEigG in Anlehnung auch an die bisherige Rechtsprechung des BGH zusätzlich aus, dass die dort geregelte Vertretungsmacht des Verwalters auch hinsichtlich der beklagten Eigentümer weit auszulegen und umfassend zu verstehen sei. Der Verwalter sei der „geborene Verteidiger des Mehrheitswillens“, so dass auch die Frage der Berufungseinlegung grundsätzlich seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen bleibe – allerdings mit der Einschränkung, dass Weisungen einzelner beklagter Eigentümer nach entsprechender Information und Abfrage zu berücksichtigen sind. Zu fragen ist also, ob die Beklagten das Verfahren fortsetzen wollen, und ob gemeinschaftlich oder nur einzelne Beklagte der ersten Instanz. Dieses Ergebnis individueller Vollmachts-Abrufe ist sicher der richtige Lösungsweg. Es führt allerdings zu weiteren, oft schwierigen organisatorischen Entscheidungen eines Verwalters, mit allen auch damit verbundenen Haftungsrisiken im Einzelfall.
Ich kann Verwaltern nach derzeitiger Rechtslage folgende Empfehlungen ans Herz legen, wenn es um eine Entscheidung zur Berufung und deren Organisation geht:
Der Verwalter ist grundsätzlich allen Eigentümern gegenüber zur Neutralität verpflichtet. Ihm als „geborenem Verteidiger“ der Beklagten sicher unstreitig in erster Instanz, mit Hinweis auf § 27 Abs. 2 Nr. 2 WoEigG aber auch in allen eventuellen Folgeinstanzen Entscheidungskompetenzen zuzuweisen, halte ich nach derzeitigem Gesetzeswortlaut nicht für überzeugend. Dies vor allem, weil seine Entscheidung nicht „alle“ Eigentümer in einem solchen Anfechtungsverfahren betrifft und weil für ihn bei objektiv rechtlich fragwürdiger Entscheidung sogar Haftungsrisiken entstehen können. Auch auf Klägerseite könnte eine „starke“ mehrköpfige Streitgenossenschaft stehen. So extensiv kann und muss m. E. auch § 27 Abs. 2 Nr. 2 WoEigG nicht ausgelegt werden! Der Zeitdruck ist hier sicher nicht so groß, dass von einer Not- oder Eilentscheidung des Verwalters gesprochen werden muss.
Vielmehr hat jeder Verwalter alle beklagten Eigentümer von einem Urteil erster Instanz unverzüglich mindestens rundschriftlich zu informieren, unter Hinweis auf die laufende einmonatige Frist für die Berufungseinlegung bzw. das Ende dieser Frist. Insoweit erwarten auch die beklagten Eigentümer die Einräumung entsprechender Fristen zur Überlegung.
Schon in einem solchen Rundschreiben kann und sollte der Verwalter insbesondere in größeren Gemeinschaften auch beklagte Eigentümer noch rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist dazu auffordern, Einzelweisungen und Erklärungen abzugeben. Auch Fiktionserklärungen sollten vorgesehen sein, des Wortlauts etwa: „ … ; wer also nicht fristgemäß ablehnend antwortet, stimmt der Berufungseinlegung zu.“ In Würdigung des Amtsgerichtsurteils und unter Wahrung seiner Neutralitätspflichten kann er dabei auch seine – allerdings rechtlich unverbindliche – Rechtsauffassung bekannt geben, evtl. die schon eingeholte Empfehlung des bisher in erster Instanz beauftragten Rechtsanwalts. Zu fragen ist, ob beklagte Eigentümer über Einzelvollmacht die Fortsetzung des Verfahrens wünschen, und zwar entweder durch den bisher vom Verwalter beauftragten Rechtsanwalt erster Instanz oder durch einen neu zu beauftragenden Rechtsanwalt eigener Wahl. Auch zu klären ist, ob einzelne Beklagte das Urteil des Amtsgerichts akzeptieren und damit bei eventueller Berufungsführung durch andere Beklagte ggf. in zweiter Instanz nur als sog. weitere Beteiligte ohne etwaige Kostenfolgen behandelt werden wollen.
Verwalter sollten beklagten Eigentümern allerdings auch klar vor Augen führen, dass sich niemand ungewollt in ein vielleicht auch objektiv wenig erfolgversprechendes Berufungsverfahren mit allen möglichen weiteren Kostennachteilen „hineindrängen“ lassen muss. Das Amtsgericht kann ja durchaus richtig entschieden haben!
Insoweit kann es in kleineren Gemeinschaften auch angezeigt sein, die beklagten Eigentümer rechtzeitig zu einem informellen gemeinsamen Gespräch im Verwalterbüro, einem Tagungsraum oder auch in der Kanzlei des bisher in erster Instanz beauftragten Rechtsanwalts einzuladen, um dort Einzelvollmachtsfragen verbindlich abzuklären.
Die „vorsorgliche“ (bedingte) Berufungseinlegung – wie zu früheren Zeiten unter Anwendung des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) häufig praktiziert – gibt es in der heutigen Zivilprozessordnung nicht mehr.
Bisher noch nicht diskutiert und hinterfragt wurde in diesem Zusammenhang, ob nicht auch eine Beklagtengemeinschaft als notwendige Streitgenossenschaft in kurzlebiger Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB eine solche Berufungsfrage ggf. über § 745 BGB mit absoluter Mehrheit und Verbindlichkeit für alle Beklagten als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung (also nicht per WEG-Beschluss) entscheiden könnte.
Mir scheint es an der Zeit, dass die Klärung der Fragen zu einer gewollt bejahten oder verneinten Berufungseinlegung auch mit Blick auf die entsprechenden Berechtigungen und Pflichten des Verwalters dem BGH überantwortet wird. Dies vor allem aufgrund der bestehenden widersprüchlichen Meinungen: AG Erfurt, AG Charlottenburg, letztlich wohl auch Elzer, ETW 2/249 und MietRB 11/2015, 335/336 vs. LG Frankfurt a. M. 2015 und Abramenko, ZMR 2014, 703. In Auslegung des Gesetzes halte ich es derzeit jedenfalls für rechtlich nicht vertretbar, die oft schwierigen Entscheidungen zur etwaigen Einlegung von Rechtsmitteln in rechtlicher Wertung allein dem evtl. sogar haftungsrelevanten Ermessen eines Verwalters zu überlassen!
Illustration: © 3d_kot / Shutterstock.com
Der auf ziviles Bau- und Wohnungseigentumsrecht spezialisierte Rechtsanwalt ist Teil der Deckert | Janssen Rechtsanwälte in Bürogemeinschaft, Starnberg, und u. a. Herausgeber des Loseblattwerks „Die Eigentumswohnung“ 1982 ff. (Haufe-Lexware GmbH & Co, KG, Freiburg).
www.deckertjanssen.de