21.01.2014 Ausgabe: 1/2014

Zwischen den Stühlen

Die Jahresabrechnung für Sondereigentum zwischen WEG und Mietrecht

Bei der Erstellung von Betriebskostenabrechnungen für vermietete Eigentumswohnungen auf Basis der Hausgeldabrechnung gibt es immer wieder Probleme. Zwar bildet die beschlossene Jahresabrechnung der WEG die Basis für die Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter einer Eigentumswohnung. Aber die darin enthaltenen Zahlen dürfen nicht ohne Weiteres übernommen werden. Der Grund dafür liegt in den Unterschieden beider Abrechnungen, wie sie die tabellarische Gegenüberstellung auf der nächsten Seite ausweist. Für die meisten Unterschiede lassen sich Lösungen finden, insbesondere durch entsprechende Klauseln im Mietvertrag oder durch Nachbelastungsvorbehalte. Es besteht im Bereich der Vertragsgestaltung jedoch schon angesichts der sich ständig weiterentwickelnden BGH-Rechtsprechung keine zukunftsfeste Rechtssicherheit.

Die Knackpunkte im Einzelnen

Der Katalog der umlagefähigen Betriebskostenarten im Mietvertrag kann zwar über den gesetzlichen Rahmen hinaus in Wohnraummietverträgen nicht erweitert werden. Zumindest aber sollten Öffnungsklauseln verwendet werden, auf deren Grundlage Kostenarten, die später evtl. im Objekt anfallen oder gesetzlich eingeführt werden – u. U. auch deren Umlage erst später durch die Rechtsprechung anerkannt wird – in die Kostenumlage einbezogen werden dürfen. Relevant ist dies vor allem für die sonstigen Betriebskosten i. S. d. § 2 Nr. 17 BetrkV. Soweit dabei auch ein vom gesetzlichen Regelfall abweichender Umlagemaßstab eingeführt werden soll, muss die Klausel die Berücksichtigung des billigen Ermessens erkennen lassen.

Die gravierendste Abweichung findet sich im Abrechnungsprinzip. Während im WEG das Zu- und Abflussprinzip (also die Umlage der im Abrechnungszeitraum tatsächlich verauslagten Kosten, für die allein der Zeitpunkt der Rechnungsbegleichung maßgebend ist) als zwingend erachtet wird, findet im Wohnraummietrecht grundsätzlich das Verursachungs- oder Anfallprinzip (also die Umlage der im Abrechnungszeitraum verursachten Kosten ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Rechnungsbegleichung) Anwendung. Insbesondere durch den BGH ist in den letzten Jahren diese strikte Trennung aufgeweicht worden. Zwingend sind lediglich

  1. die Anwendung des Zu- und Abflussprinzips im Rahmen der WEG-Gesamtjahresabrechnung und
  2. des Verursachungs- oder Anfallprinzips im Rahmen der Heizkostenumlage – und zwar sowohl in den WEG-Einzelabrechnungen als auch in den Betriebskostenabrechnungen.
Schutz vor unangemessener Benachteiligung

In Eigentümergemeinschaften, in denen zumindest die weit überwiegende Zahl der Eigentümer keine Selbstnutzer, sondern Kapitalanleger sind, kann auch über eine Erstellung der Einzelabrechnungen in sämtlichen Positionen oder zumindest hinsichtlich sämtlicher verbrauchs- bzw. verursachungsabhängiger Positionen auf der Basis des Verursachungsprinzips nachgedacht werden, was den Aufwand für den Verwalter beträchtlich erhöht. Dessen Bereitschaft, den Mehraufwand in Kauf zu nehmen, wird bei entsprechender Zusatzvergütung steigen, wenn er selbst vermietender Miteigentümer in der Gemeinschaft oder aber Sondereigentumsverwalter ist. Der BGH jedenfalls scheint dies nicht als unzulässig zu erachten, vgl. Urteil vom 12.02.2012, Az. V ZR 251/10.


Andererseits darf mietvertraglich auch das Abflussprinzip vereinbart werden, so der BGH im Urteil vom 20. Februar 2008, Az. VIII ZR 49/07. Offen gelassen hat er jedoch die Frage, ob das auch im Falle eines unterjährigen Mieterwechsels gilt, weil dann eine Belastung mit Kosten, die nicht der jeweilige Mieter verursacht hat, erfolgen kann. Da der Wohnraummieter dem Gesetzgeber besonders schutzwürdig erscheint, muss er vor unangemessenen Benachteiligungen geschützt werden. Falls der BGH für die Betriebskostenabrechnung dieses Wechseljahres das Abflussprinzip als unzulässig erachtet, fragt sich der Vermieter zu Recht, wie er für ein einziges Abrechnungsjahr auf das Verursachungsprinzip umstellen – und für das nächste Jahr wieder zum Abflussprinzip zurückkehren soll.

Die Kostenverteilungs- oder Umlageschlüssel sind für beide Rechtsgebiete gesetzlich normiert. Diese Vorgaben sind jedoch nicht zwingend. Sie gelten sozusagen nur, falls die Beteiligten sich auf keine andere Umlage verständigen. So können und dürfen die Mietvertragsparteien durchaus eine Kostenumlage nach Miteigentumsanteilen vereinbaren, vgl. BGH Urteil vom 19.11.2008, Az. VIII ZR 295/07. Jedoch darf der Mieter jedenfalls bei einem Formularmietvertrag hierdurch nicht unangemessen benachteiligt werden. Das erscheint schon fraglich, wenn das Verhältnis der Miteigentumsanteile nicht mit dem Anteil der Wohnfläche an der Gesamtwohnfläche übereinstimmt. Der durchschnittliche Wohnraummieter wird im Zweifel nicht einmal wissen, was ein Miteigentumsanteil ist – geschweige denn vermuten, dass dieser Umlageschlüssel für ihn deutlich ungünstiger sein kann als der gesetzliche nach Wohnfläche. Würde der Vermieter ihn aber darauf hinweisen, käme der Mietvertrag dann zustande?

Oftmals kennen selbst die Verwalter des Gemeinschaftseigentums und die Sondereigentümer die Berechnungsgrundlage für die Verteilung der Miteigentumsanteile nicht. Nur selten ist diese in den Unterlagen der Gemeinschaft offengelegt. Der gemäß § 8 WEG teilende Eigentümer kann die Anteile nach freiem Ermessen festlegen oder auch andere Erwägungen als die Größe des Sondereigentums zu Grunde legen, beispielsweise die Ausstattung oder Lage der Wohnung, vgl. Bärmann/Armbrüster, Kommentar zum WEG 10. Auflage 2008, § 3 Rn. 38 ff. Auch der nachträgliche Anbau von Balkonen kann dazu führen, dass Wohnungen gleicher Wohnfläche i. S. d. WohnflVO andere Miteigentumsanteile aufweisen, weil im Unterschied zu Einheiten, die schon bei Gründung der WEG einen Balkon hatten, nach der Nachrüstung keine Erhöhung der MEA vereinbart wurde. Selbst wenn der vermietende Wohnungseigentümer den in der WEG gültigen Umlageschlüssel auch im Verhältnis zu seinem Mieter vereinbaren will – er muss ihn kennen. Ein Blick ins Gesetz genügt nicht, denn häufig sind in den Gemeinschaftsordnungen andere Verteilermaßstäbe festgesetzt worden. Zudem wurden in vielen Gemeinschaften andere Verteilerschlüssel mehrheitlich beschlossen. § 16 Abs. 3 WEG ermöglicht diese Beschlüsse seit der WEG-Reform im Juli 2007. Die zuvor gefassten und gleichlautenden Beschlüsse sind jedoch unwirksam, da seinerzeit noch keine entsprechende gesetzliche Ermächtigung bestand und Abweichungen vom vereinbarten Verteilungsmaßstab nur vereinbart oder für einen feststehenden Einzelfall beschlossen werden konnten (eine Jahresabrechnung). Insoweit ist die Beschluss-Sammlung seit 2007 maßgebend.

Änderung des Umlageschlüssels in Mietverträgen

Hat es der Sondereigentümer tatsächlich geschafft, den aktuellen Umlagemaßstab der WEG auch für sein Mietverhältnis zu vereinbaren, können die Eigentümer wiederum mehrheitlich eine Änderung des Umlageschlüssels für Betriebskosten im Innenverhältnis der Sondereigentümer gemäß § 16 Abs. 3 WEG beschließen. Nach derzeitiger Rechtslage besteht kein einseitiges Änderungsrecht des Sondereigentümers gegenüber seinem Wohnraummieter hinsichtlich der entsprechenden Mietvertragsanpassung. Dies befürwortet jedoch Prof. Dr. Häublein mit einem instruktiven Regelungsvorschlag in seinem vom DDIV beauftragten Rechtsgutachten mit dem Titel „Erforderlichkeit und Möglichkeit einer Harmonisierung von Wohnungseigentums- und Mietrecht“. Aktuell kann sich der Sondereigentümer nur durch Vereinbarung eines entsprechenden Änderungsvorbehaltes im Mietvertrag absichern. Der muss jedoch transparent und offenkundig sein und zudem besondere Umstände des Einzelfalls berücksichtigen, die einer automatischen Anpassung entgegenstehen. Die Änderung darf mithin nur nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung besonders schutzwürdiger Belange des Mieters erfolgen. Die Wirksamkeit derartiger Klauseln wird vielfach in Abrede gestellt, vgl. Emmerich, ZWE 2012, 245 m. w. N. Das AG Saarbrücken hat beispielsweise im Urteil vom 12.05.2011, Az. 42 C 464/10, eine Öffnungsklausel wegen des Verstoßes gegen § 556a Abs. 3 BGB als unwirksam betrachtet. Zudem könne ein vermietender Sondereigentümer nicht einseitig den Umlageschlüssel für Müllkosten von MEA auf Personenzahl umstellen, weil die erfasste Personenzahl nicht zwangsläufig dem unterschiedlichen Verbrauch entspreche. Nach anderer Ansicht ist auch ein formularvertraglicher Änderungsvorbehalt im Mietvertrag vereinbarungsfähig, sofern dies ausdrücklich unter einen Zumutbarkeitsvorbehalt zugunsten des Mieters gestellt wird, vgl. Lehmann-Richter ZWE 2009, 345.

Das häufig geäußerte Argument, der Sondereigentümer könne und müsse eben gegen den Beschlussvorschlag in der Versammlung stimmen, scheint angesichts des einfachen Mehrheitserfordernisses gemäß § 16 Abs. 3 WEG weniger zum Ziel als in gerichtliche Anfechtungsstreitigkeiten zu führen. Bislang ist zudem keine einschlägige Rechtsprechung veröffentlicht, aus der ersichtlich wird, inwieweit die sachlichen Gründe in der Gemeinschaft, die für eine Änderung sprechen, mit den schutzwürdigen Belangen eines einzelnen vermietenden Eigentümers in Einklang zu bringen sind, vgl. Emmerich a. a. O.

Kein Anspruch auf Vertrags­anpassung

Einen Anspruch des Vermieters auf Vertragsanpassung gegen den Mieter nach Beschlussfassung in der WEG zur Änderung des Umlagemaßstabs wird jedenfalls in der Rechtsprechung verneint, weil dieses Risiko allein der Vermieterseite zuzuordnen sei, vgl. AG Saarbrücken a. a. O. Soweit der Vermieter die Abrechnungsfrist des § 556a BGB gegen sich gelten lassen muss, die Abrechnung aber mangels Beschlussfassung über die Jahresabrechnung nicht erstellen kann, sollte er dem Mieter die Verzögerung ankündigen und ihm mitteilen, dass er diese nicht zu vertreten hat. Gleichzeitig sollte er innerhalb der WEG sämtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung des Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung ausschöpfen. Gegebenenfalls haftet auch der Verwalter des Gemeinschaftseigentums für eine verspätete Abrechnungserstellung, vgl. Urteil des LG Frankfurt/M. vom 14.10.2011, Az. 2/09 S 2/11. So sitzt der vermietende Wohnungseigentümer gleich an mehreren Stellen sprichwörtlich „zwischen den Stühlen“.

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Walther, Noreen

Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist in der Chemnitzer Kanzlei Strunz, Alter insbesondere in den Bereichen Wohnungseigentumsrecht sowie Wohnungs- und Gewerberaummietrecht tätig. www.strunz-alter.de