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Zum Stand der Energiewende in Wohnungseigentümergemeinschaften
Die grundlegenden Schritte auf dem Weg zur Energiewende im Immobilienbestand dürften inzwischen weitestgehend klar sein. Da mit dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG) bereits ertrag- und umsatzsteuerliche Erleichterungen für Betreiber kleinerer Photovoltaik(PV)-Anlagen auf den Weg gebracht worden sind, werden mit den Diskussionen zu den geplanten Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vermehrt Fragen nach einer Gesamtlösung laut.
Während für den Betrieb kleinerer PV-Anlagen die Steuerbefreiung durch Einführung des neuen § 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz (EStG) erweitert wurde, sollen dem GEG-Entwurf zufolge im Wesentlichen öffentliche Fördermittel Anreize für Investitionen in neue Heizungsanlagen schaffen. Schon nach den bisherigen Bestimmungen des GEG wurden bestimmte energetische Maßnahmen zumindest bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gem. § 35c EStG steuerlich besonders gefördert, ursprünglich auch die Erneuerung der Heizungsanlage. Erst mit der zweiten Verordnung zur Änderung der Energetische Sanierungmaßnahmenverordnung vom 19. Dezember 2022 (Bundesgesetzblatt I S. 2414) sind zum 1. Januar 2023 gasbetriebene Heizungen aus der steuerlichen Förderung wieder herausgenommen worden. Nach dem Willen der Ampelfraktionen soll die Erneuerung der Heizungsanlagen nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen mit bis zu 70 Prozent durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln gefördert werden. Zunächst würde ein einheitlicher Fördersatz von 30 Prozent einkommensunabhängig für alle Haushalte gewährt. Weitere 30 Prozent sollen Haushalte mit weniger als 40.000 Euro Jahreseinkommen erhalten. Darüber hinaus ist ein „Geschwindigkeitsbonus“ von 20 Prozent für Heizungen geplant, die vor 2028 ausgetauscht werden.
Es ist zu erwarten, dass Immobilienverwaltungen in nächster Zeit in hohem Maße gefordert sein werden, an einer sinnvollen Lösung zur Energiewende mitzuwirken. Ob es dann jeweils bei der Planung und Umsetzung nur bestimmter Einzelmaßnahmen bleibt oder eine Lösung als „Gesamtpaket“ angestrebt wird, dürfte nicht nur von den politisch vorgegebenen Maßnahmen abhängen, sondern vielfach auch von den Wünschen und Vorstellungen der Immobilieneigentümer, die trotz der gesetzlich vorgesehenen Fördermöglichkeiten wegen unzureichender eigener Mittel nicht selten ihre Grenzen finden werden.
Die Freistellung des durch kleine PV-Anlagen erzeugten Stroms von steuerlichen und weiteren bürokratischen Pflichten durch das JStG 2022 dürfte die Energiewende in gewissem Maße unterstützen. Doch während Einfamilienhausbesitzer in ihrer Entscheidungsfreiheit erforderliche Investitionen zu tätigen vor keinen großen Hürden stehen, wird für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern, insbesondere aber in Wohnungseigentümer-gemeinschaften, bei der Investitionsplanung eine Reihe von Problemen zu lösen sein. Unabhängig davon, dass es sich bei der Anschaffung einer PV-Anlage oder eines Balkonkraftwerks nach § 20 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in Bestandsbauten um eine bauliche Veränderung handelt (vgl. hierzu Bärmann/Dötsch § 20 WEG Rn. 25 ff.), stellt sich die Frage, in welchem Umfang bzw. zu welchen Zwecken PV-Anlagen genutzt werden sollen: nur zur Abdeckung des Strombedarfs für gemeinschaftliche Zwecke wie Treppenhaus-, Kellerlicht, Heizungsstrom, Aufzug und Tiefgarage, oder auch zur Versorgung der Eigentümer und Mieter im jeweiligen Wohnbereich? Bei Balkonkraftwerken stellt sich die Frage nach den rechtlichen Bedingungen künftig vielleicht nicht mehr, falls mit dem Gesetzentwurf zu deren beschleunigtem Ausbau (s. BT-Drs. 20/6905 vom 23. Mai 2023) § 20 Abs. 2 S. 1 WEG um eine neue Nummer 5 und § 554 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend erweitert werden. Zu befürchten steht aber, dass die Fassaden von Wohnanlagen künftig wieder so aussehen, wie seinerzeit nach der massenhaften Installation von Satellitenanlagen.
Damit zurück zur Frage der Nutzung von PV-Anlagen: Während es dem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 29. Oktober 2021 zufolge noch zwingend erforderlich war, den selbst erzeugten Strom ausschließlich für eigene Wohnzwecke bzw. zur Deckung des Gemeinschaftsstroms zu nutzen, um die steuerliche Freistellung für kleinere PV-Anlagen zu sichern, ist nunmehr auch die Versorgung der Mieter zulässig. Schon seit Juli 2017 hatte der Gesetzgeber unabhängig von den steuerlichen Bestimmungen durch Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2017 das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom verabschiedet. In der Folge wurde durch das EEG 2021 der Mieterstrom von der Gewerbesteuer befreit, aktuell hat die Änderung des EEG 2023 zu weiteren Erleichterungen geführt. Zusätzlich ist die EEG-Umlage auf Mieterstrom bereits seit 1. Juli 2022 entfallen. Diese gesetzlichen Maßnahmen eröffnen somit grundsätzlich die Möglichkeit, dem inzwischen vielfachen Wunsch von Miteigentümern und Mietern einer Wohnanlage zur Gesamtversorgung mit selbst produziertem Strom zu folgen oder zumindest konkrete Planungen hierzu anzustellen. In diese wird auch die ggf. gewünschte Versorgung von Wallboxen für E-Fahrzeuge sowie Wärmepumpen als Ersatz konventioneller Heizungsanlagen einzubeziehen sein. Inwieweit die hierfür erforderlichen Investitionen auch mit staatlichen Förderhilfen in einem vertretbaren Verhältnis zu den erwarteten Einsparungen stehen, ergibt sich aus der sorgfältigen Planrechnung für jeden Einzelfall.
Wie eingangs erwähnt, soll der Anreiz zur Investition in neue Heizungsanlagen durch staatliche Förderung von bis zu 70 Prozent der Kosten unterstützt werden. Nach bislang vorliegenden Informationen werden die förderfähigen Investitionskosten bei Mehrfamilienhäusern auf 30.000 Euro für die erste Wohneinheit, je 10.000 Euro für die zweite bis sechste Wohneinheit und je 3.000 Euro ab der siebten Wohneinheit gedeckelt. Ob und inwieweit die neben der Grundförderung von 30 Prozent vorgesehene Zusatzförderung mit weiteren 30 Prozent für einkommensschwache Haushalte auch auf Miteigentümer der Gemeinschaften übertragen werden kann, scheint bisher nicht geregelt zu sein. Klarheit könnte es nach der Sommerpause geben, wenn die Bundesregierung bis dahin das angekündigte Förderkonzept ausgearbeitet hat.
Damit vermietende Eigentümer nicht allein auf den verbleibenden Investitionskosten für neue Heizanlagen sitzen bleiben, haben sich die Ampelfraktionen zwischenzeitlich darauf verständigt, neben der bereits in § 559 Abs. 1 BGB geregelten Modernisierungsumlage von jährlich acht Prozent (im Wesentlichen für bestimmte energetische Maßnahmen) eine zusätzliche Modernisierungsumlage von zehn Prozent festzulegen. Voraussetzung hierfür ist zwingend die Inanspruchnahme der staatlichen Fördermittel, die bei der Berechnung der Umlage gegenüber Mietern in Abzug gebracht werden müssen. Darüber hinaus darf die Jahresmiete nicht um mehr als 50 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche steigen.
Zu beachten sind zudem die in § 71 des neuen GEG geregelten Bestimmungen, die Mieter vor einer Belastung durch Mehrkosten schützen sollen, indem Vermieter Brennstoffkosten nicht umlegen dürfen, die den Betrag übersteigen, der zur Erzeugung derselben Menge Heizwärme mit einer hinreichend effizienten Wärmepumpe anfiele.
Inwieweit sich die Energiewende in Eigentümergemeinschaften mit dem Wunsch nach einer sinnvollen Gesamtlösung umsetzen lässt, bleibt abzuwarten. Schon Einzelmaßnahmen wie die Installation von PV-Anlagen und Wallboxen für E-Fahrzeuge verursachen erhebliche Kosten. Die geplante Umstellung der Heizungssysteme erfordert weitere Investitionen – nicht nur für die Installation von Wärmepumpen, soweit dies in größeren Wohnanlagen überhaupt sinnvoll und möglich ist. Ihr effizienter Betrieb setzt häufig weitere energetische Maßnahmen wie Fenstertausch und Wärmedämmung voraus, deren Kosten schon in Wohnanlagen mittlerer Größe die vorhandenen Mittel oft deutlich übersteigen. Vielfach dürfte dann nur die Umstellung auf Nah- oder Fernwärme möglich sein.
Der Steuerberater betätigt sich auch als Autor und Referent im Wohnungseigentumsrecht.
www.steuerberater-wilhelmy.de