Wie darf ein Garten genutzt, bebaut und bespielt werden? Darüber kann schnell Streit entstehen und es kann hilfreich sein, durch Hausordnung oder in der Gemeinschaftsordnung Regelungen zu treffen. In einer Münchner Wohnanlage musste gerichtlich entschieden werden, was nach objektiver Lesart unter einem Ziergarten zu verstehen ist.
Mit Urteil vom 08.11.2017 zum gerichtlichen Aktenzeichen 485 C 12677/17 WEG entschied das Amtsgericht München, dass es einem Gartensondernutzungsberechtigten gestattet ist, auf seinem Rasen ein Trampolin als Spielgerät für Kinder aufzustellen.
Der Fall
Die Wohnanlage besteht aus mehreren Häusern. Zwischen Haus 1 und Haus 4 liegt ein großer Spielplatz. In der Gemeinschaftsordnung ist vereinbart, dass die den einzelnen Eigentümern zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenanteile nur als Terrasse bzw. Ziergarten genutzt werden dürfen. Die Beklagten stellten in ihrem Gartenanteil hinter einer Hecke ein nicht fest mit dem Boden verankertes Trampolin nebst Fangnetz mit einer Gesamthöhe von etwa 3 Metern auf. Klägerin ist eine Eigentümerin im Haus 1, die ihre Wohnung im 1. OG vermietet hat. Die Beklagten sind Eigentümer einer Erdgeschosswohnung im Haus 4. Die Klage richtet sich auf Unterlassung und Beseitigung.
Die Entscheidung
Das Amtsgericht weist die Klage ab. Der in der Gemeinschaftsordnung verwendete Begriff des Ziergartens sei nicht im Sinne einer rechtsverbindlichen Nutzungsbeschränkung auszulegen, die nur das Anpflanzen optisch erbaulicher und schmückender Pflanzen erlaube und ein Spielverbot für Kinder reglementiere. Dürften aber Kinder auf dem Gartensondernutzungsrecht spielen, so gehöre hierzu auch das Aufstellen eines Spielgeräts. Das Trampolin mit Fangnetz erscheine zwar groß, aber nicht überdimensioniert und schon gar nicht als schwarze Wand, die die Wohnanlage verschandele, zumal vor dem Trampolin Anpflanzungen vorgenommen worden seien. Mangels einer festen Verankerung mit dem Untergrund stelle das Trampolin außerdem keine bauliche Veränderung dar.
Fazit für den Verwalter
Im vorliegenden Fall zierte sich die Klägerin nicht, persönlich zu klagen, also die Rechtsverfolgung nicht per Eigentümerbeschluss zu einer WEG-Klage zu machen. Daher wird der Verwalter in seiner neutralen Funktion allenfalls Zaungast des Prozesses gewesen sein.
Streitentscheidend war die Auslegung der Gemeinschaftsordnung im Hinblick auf die Frage, was bei objektiver Betrachtung nach Wortlaut und Sinn mit einem Ziergarten gemeint ist. Liegt in der Verwendung des Begriffes überhaupt eine rechtsverbindliche Regelung oder nur ein unverbindlicher Nutzungsvorschlag? Ist ein Ziergarten vom Nutzgarten oder Spielgarten abzugrenzen? Setzt der Wortteil Zier (von Zierde, Schmuckwerk) die allgemeine Funktion eines Gartens außer Kraft? So oder ähnlich lauten die Fragen, die sich dem Rechtsanwender bei der Auslegung stellen.
Ob eine bauliche Anlage die nicht fest mit dem Boden verbunden ist, sondern durch ihr Eigengewicht einen festen Standort auf dem gemeinschaftlichen Eigentum hat, mangels Substanzeingriffs eine bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 WEG sein kann, ist umstritten. Das Amtsgericht München schließt sich der wohl überwiegenden Rechtsmeinung an.
Hätten die Beklagten einen Beschlussantrag in die Eigentümerversammlung eingebracht, um sich die Aufstellung des Trampolins gestatten zu lassen, hätte der Verwalter die Eigentümer vor der Abstimmung auf die Unsicherheit der tatsächlichen und rechtlichen Bewertung des Falles hinzuweisen, um ihnen zu verdeutlichen, dass ein eventuell gefasster Mehrheitsbeschluss möglicherweise erfolgreich gerichtlich angefochten werden könnte. Damit hätte der Verwalter seine Schuldigkeit getan. Seine neutrale Amtsstellung verpflichtet ihn dazu, sich einer näher oder gar abschließenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu enthalten.
Fazit für Busch-Freunde
Mit Recht erscheint uns das Klavier, wenn's schön poliert, als Zimmerzier. Ob's außerdem Genuss verschafft, bleibt hin und wieder zweifelhaft.
(Wilhelm Busch)
Mit Recht erscheint uns Nachbars Garten, wenn reich verziert mit Blumenbeeten, Ranken und Tomaten. Ob ein Trampolin Genuss verschafft, bleibt hin und wieder zweifelhaft.
(frei nach Wilhelm Busch)
Dr. Jan-Hendrik SchmidtW·I·R Breiholdt Nierhaus SchmidtRechtsanwälte PartmbB Hamburgwww.wir-breiholdt.de