Mietrecht

Ausschluss der Anwendbarkeit der Mietpreisbremse bei umfangreicher Modernisierung

Die Modernisierung einer Wohnung ist als umfassend im Sinne des § 556f Satz 2 BGB anzusehen, wenn sie einen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt erscheinen lässt. Die Anwendbarkeit der Mietpreisbremse ist bei einem Bauaufwand von einem Drittel der Neubaukosten ausgeschlossen. Kosten für Erhaltungsmaßnahmen haben dabei unberücksichtigt zu bleiben.

Der Fall

Im vorliegenden Fall verlangten die Wohnungsmieter in Berlin von der Vermieterin eine Mietrückzahlung in Höhe von insgesamt 2.253 Euro für den Zeitraum Juni 2016 bis November 2016. Das Mietverhältnis bestand seit April 2016. Im Mietvertrag wurde eine Nettokaltmiete von ca. 1.200 Euro vereinbart, was bei einer knapp 86 qm großen Wohnung einen Quadratmeterpreis von etwa 14 Euro ausmacht. Nach Ende des letzten Mietverhältnisses ließ die Vermieterin zahlreiche Arbeiten an der Wohnung durchführen. So wurde die Elektrik erneuert, die zuvor über Putz gelegenen Heizungsrohre in den Fußboden verlegt sowie in Küche und Bad Fliesen und in den übrigen Räumen Parkett verlegt. Schließlich wurden die sanitären Anlagen im Bad erneuert und erstmals eine Küche eingebaut. Nach Ansicht der klagenden Mieter verstößt die vereinbarte Miethöhe gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe nach §§ 556d ff. BGB, da die gemäß § 556d BGB zulässige Höchstmiete um mehr als 10 Prozent überschritten werde. Die Vermieterin meint, die Mietpreisbremse sei gemäß § 556f Satz 2 BGB nicht anwendbar, da vor der Vermietung eine umfassende Modernisierung stattgefunden habe. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht wiesen die Klage ab und begründete ihre Entscheidungen damit, dass die für die Wohnung aufgewandten Baugesamtkosten von 58.500 Euro ein Drittel der Neubaukosten erreichten.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof folgt der Rechtsauffassung der Vorinstanzen nicht und verweist den Rechtsstreit für weitere vorzunehmende Prüfungen dorthin zurück. Nach Ansicht des BGH dürfe man bei der Prüfung, ob eine umfassende Modernisierung im Sinne von § 556f Abs. 2 BGB vorliegt, nicht ohne Weiteres alle angefallenen Kosten berücksichtigen. So fallen die Kosten für Instandsetzung oder Instandhaltung nicht unter die zu berücksichtigenden Modernisierungskosten. Zwar greife nach § 556f Satz 2 BGB die Mietpreisbremse nicht bei der ersten Vermietung einer Wohnung nach umfassender Modernisierung. Eine Modernisierung sei dann als umfassend zu bewerten, wenn sie einen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheinen lässt. Voraussetzung dafür sei, so der BGH, dass die Modernisierung im Hinblick auf die hierfür angefallenen Kosten einen wesentlichen Bauaufwand erfordert und zu einem Zustand der Wohnung führt, der demjenigen eines Neubaus in wesentlichen Teilen entspricht. Beiden Aspekten komme dabei das gleiche Gewicht zu. Der BGH führt dazu weiter aus, dass ein Bauaufwand finanziell dann als wesentlich einzustufen sei, wenn er mindestens ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreiche. Dabei seien regionale Unterschiede zu berücksichtigen. Der vorzunehmende Kostenvergleich dürfe allerdings nur solche Kosten berücksichtigen, die auf Modernisierungsmaßnahmen beruhen, die im Katalog des § 555b BGB ausdrücklich genannt werden. Kosten, die keinen Bezug zu einer solchen Modernisierungsmaßnahme aufweisen, sondern allein auf Erhaltungsmaßnahmen entfallen, seien nicht zu berücksichtigen. Dasselbe gelte auch für ältere, bereits abgenutzte Bauteile und Einrichtungen, unabhängig davon, ob diese mangelhaft seien, aber noch funktionsfähig. Dies hatte der BGH bereits in einem früheren Urteil für den Fall einer Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB klargestellt (BGH-Urteil vom 17. Juni 2020 – VIII ZR 81/19).

Neben dem finanziellen Aufwand sei für die Bejahung einer „umfassenden Modernisierung“ eine weitere notwendige Voraussetzung, dass die Wohnung durch die Modernisierungsmaßnahmen in mehreren wesentlichen Bereichen wie Heizung, Sanitär, Fenster, Fußböden sowie Elektroinstallationen qualitativ so verbessert wurde, dass die Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt sei. Für eine diesbezügliche Beurteilung dürfen aber auch nur die Maßnahmen einbezogen werden, die als Modernisierung zu qualifizieren sind. Zudem müsse es sich bei dem aktuellen Mietverhältnis um die erste Neuvermietung nach Ausführung der Maßnahmen handeln. Hingegen seien Maßnahmen, die noch während des vorigen Mietverhältnisses durchgeführt wurden, außer Acht zu lassen.

Laut BGH sind demzufolge in dem hier vorliegenden Fall vom Berufungsgericht die durchgeführten Baumaßnahmen näher zu betrachten und zu prüfen, inwieweit die Kosten als Modernisierungskosten einzuordnen sind. Sollten sich die danach festgestellten Modernisierungskosten auf mindestens ein Drittel der Neubaukosten belaufen, sei es noch wesentlich festzustellen, ob durch die Modernisierung ein Zustand erreicht worden sei, der in wesentlichen Teilen demjenigen eines Neubaus entspreche.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. November 2020 – VIII ZR 369/18

Vorinstanzen:
LG Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2018 – 63 S 293/17
AG Schöneberg, Urteil vom 8.September 2017 – 17 C 148/16