WEG-Recht

Baumfällen ist Sachbeschädigung am Gemeinschaftseigentum

Mit ihrer Einpflanzung werden Bäume wesentliche Bestandteile des Grundstücks und somit zwingend gemeinschaftliches Eigentum. Werden sie auf einer Sondernutzungsfläche gepflanzt, kann dies rechtlich ein Unterschied für die Rechtszuständigkeit machen. Der Bundesgerichtshof (BGH) äußert sich nicht abschließend.

Mit Urteil vom 17.03.2016 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 185/15 äußerte sich der V. Zivilsenat des BGH zu einem WEG-Fall, der am Starnberger See spielte.

Der Fall

Am Starnberger See steht ein nach WEG aufgeteiltes Zweifamilienhaus. Eigentümerin der oberen Wohnung war die Beklagte, die nach der Behauptung der Kläger kurz vor dem Verkauf ihrer Wohnung im Dezember 2010 zum Preis von 1,375 Millionen Euro 11 Bäume fällen ließ, die auf der Sondernutzungsfläche der Kläger standen. Durch die Fällung wurde auch für die obere Wohnung der Seeblick freigelegt. Dies sollte nach den Behauptungen der Kläger einen Wertzuwachs der Wohnung in Höhe von EUR 100.000,00 herbeigeführt haben. Daher verlangten die Kläger Zahlung von EUR 50.000,00 als anteiligen Wertersatz, hilfsweise wegen Schadensersatz. Vor der Klage ließen sie sich vom neuen Eigentümer der oberen Wohnung zur Prozessführung ermächtigen.

Die Entscheidung

LG München II, OLG München und BGH machten den Klägern einen Strich durch die Rechnung. Der BGH stellt in prozessualer Hinsicht fest, dass das Verfahren fälschlicherweise als allgemeine Zivilsache eingeordnet wurde. In Wahrheit handelte es sich um eine WEG-Sache nach § 43 Nr. 1 oder Nr. 2 WEG, so dass der richtige Instanzenzug an sich AG Starnberg und LG München II gewesen wäre. In beiden Fällen jedoch sei die Revision zum BGH nicht eröffnet gewesen, da das Berufungsgericht noch vor dem 31.12.2015 entschied, so dass gemäß § 62 Abs. 2 WEG eine Nichtzulassungsbeschwerde unstatthaft war.

Der BGH bestätigt seine Rechtsprechung, wonach Schadensersatzansprüche wegen der Zerstörung oder Beschädigung von gemeinschaftlichem Eigentum der geborenen Ausübungsbefugnis des rechtsfähigen Verbandes gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Halbsatz 1 WEG unterfallen. Soweit die Kläger insoweit mit der Ermächtigung des neuen Eigentümers der oberen Wohnung in gewillkürter Prozessstandschaft für den Verband handelten, nähmen sie anstelle des Verbandes diese Ausübungsbefugnis wahr (vgl. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7, S. 2 und 3 WEG). Als dauerhafte Bepflanzung seien Bäume wesentliche Bestandteile des Grundstücks gemäß § 94 Abs. 1 S. 2 BGB und stünden im gemeinschaftlichen Eigentum.

Soweit die Klage auf die Sondernutzungsberechtigung und somit auf eigene Ansprüche der Kläger am Gartenteil gestützt werde, handele es sich gemäß § 43 Nr. 1 WEG ebenfalls um eine Wohnungseigentumssache. Ob und unter welchen Voraussetzungen Rechtsstreitigkeiten von Wohnungseigentümern untereinander wegen der Beschädigung von Allein- oder Sondereigentum als Wohnungseigentumssache anzusehen seien, könne im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn auch mit Begründung eines Sondernutzungsrechts an Bäumen handele es sich um gemeinschaftliches Eigentum.

Fazit für den Verwalter

Beschädigt ein Wohnungseigentümer oder ein Dritter Bäume oder sonstige Anpflanzungen auf dem Grundstück, handelt es sich um eine Sachbeschädigung von gemeinschaftlichem Eigentum. Mit einer nicht nur vorübergehenden Einpflanzung werden Bäume wesentliche Bestandteile des Grundstücks. Verwalter müssen bedenken, dass derartige Schadensersatzansprüche einer geboren gemeinschaftsbezogenen Ausübungsbefugnis des Verbandes unterliegen. Die Eigentümer müssen darüber entscheiden, auf welche Weise sie Schadensersatz verlangen, beispielsweise durch Naturalrestitution oder Geldersatz.

Trotz einer geborenen Ausübungsbefugnis des Verbandes können einzelne Wohnungseigentümer per Mehrheitsbeschluss ermächtigt werden, die Rechtsverfolgung für den Verband zu übernehmen. Diese Möglichkeit ergibt sich aus § 27 Abs. 3 S. 3 WEG. Von dieser Möglichkeit wurde hier Gebrauch gemacht, auch wenn der BGH die Vorschrift nicht explizit benennt.

Offen bleibt, ob mit der Bepflanzung von Bäumen oder sonstigen Pflanzen auf einer bereits bestehenden Sondernutzungsfläche das Sondernutzungsrecht sich an der Anpflanzung kraft Gesetzes fortsetzt. Dies dürfte gemäß § 946 BGB zu bejahen sein. Rechtsfolge dürfte sein, dass neben dem rechtsfähigen Verband auch der Sondernutzungsberechtigte befugt ist, Ansprüche wegen der Verletzung seines Sondernutzungsrechts geltend zu machen. Durch das hier besprochene Urteil des BGH wird nicht geklärt, ob die Rechtsverfolgungskompetenz des Sondernutzungsberechtigten Vorrang hat vor der Rechtsverfolgungskompetenz des rechtsfähigen Verbandes.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg

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