Arbeitsrecht

Betriebsrat kann Mitbestimmung als Druckmittel einsetzen

Der Fall

Arbeitgeber und Betriebsrat streiten um die Untersagung von Arbeit an Wochenenden und Feiertagen. In einer Betriebsvereinbarung heißt es u. a.: „Mehrarbeit liegt vor, wenn der Arbeitgeber Arbeit anordnet oder duldet und diese eine Arbeitsleistung betrifft, die über die festgelegte individuelle wöchentliche Arbeitszeit hinausgeht. Zur Mehrarbeit zählen auch die an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen geleisteten Arbeitsstunden…”

Der Arbeitgeber ordnete mehrfach Mehrarbeit an Wochenenden an, ohne den Betriebsrat zu beteiligen oder dessen fehlende Zustimmung in der Einigungsstelle ersetzen zu lassen. Da er sich an der Grenze zur Insolvenz bewege, sei er dringend auf die weitere Ableistung von Wochenendarbeit angewiesen. Sonst könnten wegen ungewöhnlich hoher Krankenstände Lieferverpflichtungen gegenüber wichtigen Kunden nicht erfüllt werden. Seine Zustimmung zur Wochenendarbeit mache der Betriebsrat von sachfremden Erwägungen abhängig. Im Rahmen laufender Sozialplanverhandlungen würde z. B. eine Patronatserklärung eines anderen Konzernunternehmens verlangt als Bedingung für die weitere Zustimmung zur Ableistung von Wochenendarbeit. Hierin liege ein rechtsmissbräuchliches Verhalten.

Die Entscheidung

Die Anordnung von Mehrarbeit ohne Zustimmung des Betriebsrates verstößt gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Selbst wenn der Betriebsrat „sachfremde” oder eben politische Forderungen stellt, ist das nicht rechtsmissbräuchlich.

Zudem sieht das Gesetz zwingend zur Lösung von Konflikten bei der Mitbestimmung die Einigungsstelle vor. Daher gibt es kein Alleinentscheidungsrecht des Arbeitgebers. Die Gründe des Arbeitgebers sind nachvollziehbar, aber rechtlich irrelevant.

Der Tipp

Selbst in Eilfällen gibt es bei der sozialen Mitbestimmung keine einseitige oder auch nur vorläufige Regelung durch den Arbeitgeber. Das hat das Bundesarbeitsgericht vor kurzem entschieden (BAG, Beschluss vom 08.12.2015 – 1 ABR 2/14). Daher muss selbst im Missbrauchsfall zwingend der Weg über die Einigungsstelle gegangen werden. Würde man dem Arbeitgeber stattdessen ein einseitiges Anordnungsrecht einräumen, würde dadurch das gesetzliche Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten mit seinen zwingenden verfahrensrechtlichen Vorgaben unterlaufen.

(LAG Hamm, Beschluss vom 15.07.2016 - 13 TaBVGa 2/16)