Mietrecht

BGH: „Drohender Mietausfall“ ist kein Kündigungsgrund

Darf der Vermieter seinem Mieter kündigen, wenn nur vage Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen? Nein, urteilte der Bundesgerichtshof vergangene Woche. Im vorliegenden Fall seien die Anforderungen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mieters überhöht. Schließlich könne sich der Vermieter nie sicher sein, ob der Mieter zu einem späteren Zeitpunkt in finanzielle Nöte geraten würde.

Der Fall

Der Kläger lebte mit seiner verstorbenen Lebensgefährtin in der Wohnung des Beklagten. Mieterin der Wohnung war die Lebensgefährtin. Nach dem Tod der Mieterin teilte der Kläger mit, er trete in seiner Eigenschaft als Lebenspartner in das Mietverhältnis ein. Er befindet sich in der Ausbildung. Der Vermieter (Beklagter) kündigte das Mietverhältnis daraufhin unter Berufung auf einen in der Person des Klägers liegenden wichtigen Grund. Er führte u. a. an, dass der Kläger die monatliche Miete nicht aus seinem Ausbildungsgehalt leisten könnte.

Der Kläger widersprach und erklärte, er sei in der Lage, die Miete zu bezahlen und verlangte zudem die Zustimmung des Beklagten, einen Teil der Wohnung unter zu vermieten. Der Vermieter verweigerte dies.

Entscheidung der Vorinstanz

Das Amtsgericht Nürtingen wies die Klage im Mai 2016 zurück und gab der Widerklage des Beklagten auf Räumung und Herausgabe der Wohnung statt. Der Kläger legte Revision ein.

Die Entscheidung

Der VIII. Zivilsenat des BGH entschied, dass eine drohende finanzielle Leistungsunfähigkeit des Mieters nur in besonderen Ausnahmefällen als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 563 Abs. 4 BGB in Betracht kommt. Dieser Grund müsse dabei so beschaffen sein, dass er dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar mache. Dies treffe beispielsweise auf eine objektiv feststehende Zahlungsunfähigkeit des Mieters zu. 

Eine – wie im vorliegenden Falle – drohende finanzielle Leistungsfähigkeit kann nur in besonderen Ausnahmefällen die Fortsetzung des Mietverhältnisses gefährden. Eine Prognose oder vage Hinweise auf unzureichende finanzielle Leistungsfähigkeit allein reichen hier nicht, so die Karlsruher Richter. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses müsse auf konkreten Anhaltspunkten beruhen. Der Umstand, dass der Kläger eine Ausbildungsvergütung bezieht, sei demnach kein objektiver Kündigungsgrund. Schließlich sei nicht auszuschließen, dass auch ein solventer Mieter irgendwann arbeitslos wird und somit in seiner finanziellen Leistungsfähigkeit herabgesetzt wird. 

Hinzu käme, dass der Kläger seine Miete stets pünktlich und vollständig entrichtet und dem Vermieter somit keinen Anhaltspunkt für Zahlungsunfähigkeit geliefert habe. Zudem strebte der Mieter an, einen Teil der Wohnung einem Untermieter zu überlassen und somit zusätzliche Einkünfte zu generieren. Die Gründe für das Untervermietungsbegehren sind damit als berechtigtes Interesse anzuerkennen.

Der BGH hob das Urteil der Vorinstanzen auf und verwies das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts zurück.

Urteil vom 31. Januar 2018, VIII ZR 105/17