WEG-Recht

BGH: Eine Übersicht über die Abrechnungsergebnisse und Hausgeldrückstände aller Wohnungen gehört nicht in die Jahresabrechnung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mal wieder ein Grundsatzurteil zur korrekten Erstellung der Jahresabrechnung rausgehauen. Diesmal ging es um die Frage, ob eine Übersicht über die Abrechnungsergebnisse aller Einheiten (Saldenliste) und die den Abrechnungszeitraum betreffenden Hausgeldrückstände ein notwendiger Bestandteil der Jahresabrechnung ist. Der BGH verneint dies.

Mit Urteil vom 27.10.2017 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 189/16 setzte das höchste deutsche Zivilgericht in WEG-Sachen folgende amtliche Leitsätze in die Welt: Eine Übersicht über die Abrechnungsergebnisse aller Wohnungen und die den Abrechnungszeitraum betreffenden Hausgeldrückstände ist nicht notwendiger Bestandteil der Jahresabrechnung im Sinne des WEG. Der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung ist infolge dessen nicht allein deshalb anfechtbar, weil der Verwalter eine von ihm freiwillig erstellte Saldenliste trotz gegenteiliger Ankündigung nicht an die Eigentümer versendet bzw. nicht in der Eigentümerversammlung zur Einsicht vorlegt.

Der Fall

In einer Eigentümerversammlung des Jahres 2014 wurde über die Genehmigung der Jahresabrechnungen 2012 und 2013 beschlossen. Im Einladungsschreiben hatte der Verwalter angekündigt, eine Übersicht über die Abrechnungsergebnisse aller Wohnungen (Guthaben oder Nachzahlungsbeträge) und die bestehenden Hausgeldrückstände an die Wohnungseigentümer zu übersenden. Dieser Ankündigung war der Verwalter dann aber bis zur Versammlung bzw. in der Versammlung nicht bzw. nicht fehlerfrei nachgekommen. Die Abrechnungen wurden gleichwohl mehrheitlich genehmigt. Dagegen richtete sich die Anfechtungsklage der Kläger. Das Amtsgericht Schwerte hatte die Klage abgewiesen, das Landgericht Dortmund gab ihr statt und ließ die Revision nicht zu. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin entschied der BGH.

Die Entscheidung

Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Die beanstandeten Mängel seien kein Grund, die Genehmigungsbeschlüsse für ungültig zu erklären. Selbst wenn der Verwalter es freiwillig übernommen habe, gesetzlich nicht geschuldete Übersichten und Listen vorzulegen, ändere dies nichts daran, dass diese kein Bestandteil der Jahresabrechnung seien. In die Jahresabrechnung gehörten die tatsächlichen Einnahmen (Ist-Vorauszahlungen), aber keine vom Eigentümer schuldig gebliebenen Beitragsrückstände. Insoweit handele es sich um Forderungen der Gemeinschaft bzw. Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümer. Forderungen und Verbindlichkeiten seien im Abrechnungswerk unzulässig. Zwar sei es unschädlich, den buchhalterischen Stand des Hausgeldkontos unter Einbeziehung von Rückständen aus Vorjahren informatorisch aufzuzeigen; dennoch müsse diese Information aber so gestaltet werden, dass sie weder als Bestandteil der Jahresabrechnung noch des Genehmigungsbeschlusses erscheine. Andernfalls sei die Jahresabrechnung angreifbar, hinsichtlich konstitutiv mit beschlossener Vorjahresergebnisse sogar mangels Beschlusskompetenz nichtig (insoweit nicht im Urteil abgedruckt, aber anderweitig vom BGH entschieden).

Richtig sei, dass der BGH in V ZR 44/09 entschieden habe, dass bei der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die Bestandteil der Jahresabrechnung sei, neben der tatsächlich geleisteten Zuführung (Ist-Zuführung gemäß Wirtschaftsplan) auch die geschuldete Zuführung(also Soll-Zuführung) in die Rücklagendarstellung aufgenommen werden müsse; diese Besonderheit sei aber nicht auf Hausgeldrückstände und die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung übertragbar. Wollten sich Eigentümer über Hausgeldrückstände anderer Eigentümer informieren, stünde ihnen insoweit das Recht zu, beim Verwalter nachzufragen (Rn 9 des Urteils).

Auch eine Übersicht der Abrechnungsergebnisse aller Sondereigentumseinheiten sei nicht notwendiger Bestandteil der Jahresabrechnung. Dies sei zwar umstritten. Entscheidend sei aber, dass der Informationswert einer Übersicht, die die Guthaben oder Nachzahlungsbeträge für alle Einheiten ausweise, gering sei. Ein etwaiges Informationsinteresse werde durch den Anspruch auf Einsichtnahme in die Einzelabrechnungen anderer Eigentümer hinreichend gewahrt (Rn 12 des Urteils).

Fazit für den Verwalter

Für die Praxis hilfreich betet der BGH unter Rn 7 des Urteils noch einmal den maßgeblichen Prüfungsmaßstab herunter, den es bei der Erstellung der Jahresabrechnung zu beachten gilt: Der Verwalter hat eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenrechnung vorzulegen, die auch Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen enthält. Diese muss für einen Eigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein. Den Anforderungen genügt eine Abrechnung nur, wenn sie, anders als der Wirtschaftsplan, nicht geschuldeten Zahlungen und die vorgesehenen Ausgaben, sondern die tatsächlichen Einnahmen und Kosten ausweist. Die Darstellung muss die Eigentümer in die Lage versetzen, die Vermögenslage der Gemeinschaft zu erfassen und auf Plausibilität hin zu überprüfen. Sie müssen nachvollziehen können, was mit den eingezahlten Mitteln geschehen ist, insbesondere ob sie entsprechend den Vorgaben des Wirtschaftsplans eingesetzt worden sind. In Rn 9 erwähnt der BGH einen Anspruch auf Auskunft („beim Verwalter nachfragen”) und in Rn 12 den Anspruch auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen (Einzelabrechnungen anderer Eigentümer). Hierzu kann auf BGH 11.2.2011 – V ZR 66/10 verwiesen werden: Das Recht des Wohnungseigentümers auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen ist grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Verwalters auszuüben; dort kann er sich auf seine Kosten Ablichtungen der Unterlagen anfertigen oder anfertigen lassen. Der gegen den Verwalter gerichtete Anspruch auf Auskunft zu der Jahresabrechnung und zu dem Wirtschaftsplan steht allen Eigentümern gemeinschaftlich als unteilbare Leistung zu; erst wenn sie davon trotz Verlangens eines einzelnen Eigentümers keinen Gebrauch machen, kann dieser allein die Auskunft verlangen.