WEG-Recht

BGH: Keine höheren Trittschallanforderungen bei normaler Sanierung und Modernisierung

Wird eine Eigentumswohnung instandgesetzt oder modernisiert, können die anderen Wohnungseigentümer keinen verbesserten Schallschutz verlangen. Entscheidend sind die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards, urteilte jetzt der BGH. 

Der Fall

Die Eigentümerin einer Wohnung in einem 1990 errichteten Mehrfamilienhaus modernisierte 2012 ihr Badezimmer. Dabei ließ sie den Estrich entfernen und eine Fußbodenheizung einbauen sowie den Fliesenbelag und sämtliche Sanitärobjekte erneuern. Zudem wurde eine Steigleitung unter Putz verlegt. Hierdurch soll sich der Schallschutz für die Eigentümerin der darunterliegenden Wohnung verschlechtert haben. Sie verlangt, dass die Beklagte bestimmte Schallschutzmaßnahmen umsetzt.

Ein in der Berufung vom Landgericht bestellter Sachverständiger ermittelte nach der Sanierung Messwerte von bis zu 57 dB beim Trittschall. Die Eigentümerin der unteren Wohnung kann nach Auffassung des Landgerichts aber den bei Errichtung des Gebäudes geltenden Maximalpegel von 46 dB verlangen. Diese Entscheidung akzeptierte die Beklagte, die Klägerin aber forderte ein Schallschutzniveau, das dem technischen Stand zur Zeit der Sanierung im Jahr 2012 entspricht (37 dB).

Die Entscheidung

Der BGH wies die Revision der Klägerin zurück. Das einzuhaltende Schallschutzniveau richtet sich nach den Vorgaben, die 1990 galten, also zur Zeit des Baus. Sie kann keinen weitergehenden Schallschutz verlangen.

Für das Revisionsverfahren war davon auszugehen, dass der Estrich der Dämmung und Isolierung diente und daher Teil des Gemeinschaftseigentums war. Infolgedessen haben die Beklagten ohne Zustimmung der Klägerin eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG vorgenommen, indem sie den Estrich entfernt und den Bodenaufbau sodann erneuert haben. Welche Pflichten bei einer solchen Maßnahme hinsichtlich des Schallschutzes zu beachten sind, ergibt sich aus § 14 Nr. 1 WEG. Danach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

Entscheidend war daher, ob der Klägerin ein solcher Nachteil entstanden ist. Insoweit hatte der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit geklärt, dass sich der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz grundsätzlich nach den Mindestanforderungen der DIN 4109 in der zur Zeit der Gebäudeerrichtung geltenden Ausgabe richtet, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt wird (etwa Parkett statt Teppichboden), also das Sonder- und nicht das Gemeinschaftseigentum verändert wird.

Ausdrücklich offen geblieben war bislang, ob dieselben Maßstäbe gelten, wenn bei der Erneuerung des Bodenbelags auch (wie hier) in den Estrich oder in die Geschossdecke eingegriffen wird. Zu trennen sind dabei zwei Fragen: nämlich erstens, ob für den Schallschutz die im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes oder die im Zeitpunkt der Baumaßnahme geltenden technischen Vorgaben heranzuziehen sind, und zweitens, welchen konkreten technischen Vorgaben das zu gewährende Schallschutzniveau zu entnehmen ist.

Zu der ersten Frage hat der Bundesgerichtshof nun entschieden, dass es sich nach dem Gewicht des Eingriffs in die Gebäudesubstanz richtet, ob die im Zeitpunkt der Baumaßnahme geltenden technischen Anforderungen an den Schallschutz einschlägig sind. Allein aus dem Umstand, dass bei Renovierungsarbeiten in das gemeinschaftliche Eigentum eingegriffen wird, ergibt sich kein überzeugender Grund dafür, dass die im Zeitpunkt der Maßnahme anerkannten Schallschutzwerte maßgeblich sein sollen. Ein Wohnungseigentümer, der Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum vornimmt, ist im Grundsatz zwar zu dessen Wiederherstellung, aber nicht zu einer "Ertüchtigung" verpflichtet. Wird allerdings – etwa durch einen nachträglichen Dachgeschossausbau - in erheblichen Umfang in die Gebäudesubstanz eingegriffen, entsteht bei den übrigen Wohnungseigentümern die berechtigte Erwartung, dass bei dem Umbau des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums insgesamt die aktuellen technischen Vorgaben und damit auch die nunmehr geltenden Schallschutzwerte beachtet werden. Dagegen kann bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder (ggf. zugleich) der Modernisierung des Sondereigentums dienen, im Grundsatz ein verbessertes Schallschutzniveau nicht beansprucht werden, so dass unverändert die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards maßgeblich sind. Um eine solche typische Sanierungsmaßnahme handelt es sich in aller Regel auch dann, wenn – wie hier - bei der Sanierung eines vorhandenen Badezimmers in den Estrich eingegriffen wird.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Schallschutzwerte ist danach derjenige der Gebäudeerrichtung. Die oben angesprochene zweite Frage nach dem konkret einzuhaltenden Schallschutzniveau (auf dem technischen Stand bei Gebäudeerrichtung) stellt sich in diesem Verfahren nicht mehr, weil die Verurteilung der Beklagten zur Einhaltung der (über die Mindeststandards hinausgehenden) in Beiblatt 2 zur DIN 4109 aus dem Jahr 1989 vorgeschlagenen erhöhten Schallschutzwerte rechtskräftig geworden ist. Ein darüber hinausgehendes Schallschutzniveau auf der Grundlage der VDI-Richtlinie 4100 aus dem Jahr 2012 kann die Klägerin jedenfalls nicht beanspruchen.

BGH, Urteil vom 16. März 2018 – V ZR 276/16

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 16. März 2018