WEG-Recht

BGH: Kostenerstattung bei eigenmächtiger Sanierung

Mit Urteil vom 25.09.2015 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 246/14 hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass sich der Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet, wenn die fragliche Maßnahme im Zeitpunkt ihrer eigenmächtigen Vornahme erst noch hätte beschlossen werden müssen; war die Maßnahme dagegen bereits beschlossen oder bedurfte es wegen der Dringlichkeit oder einer Regelung in der Teilungserklärung keines Beschlusses, richtet sich der Anspruch hingegen gegen die rechtsfähige Gemeinschaft. Zudem stellt der BGH klar, dass ein Bereicherungsanspruch für eine eigenmächtige Instandsetzung oder Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums nur in Betracht kommt, wenn die Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen.

Der Fall

Als die Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahre 2003 entstand, hatte die Wohnanlage einen erheblichen Sanierungsstau. Es handelte sich also offensichtlich um einen Altbau. Die Klägerin ist seit dem Jahr 2005 Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie verlangt von dieser Ersatz von Kosten der Sanierung der Kellersohle im Bereich ihrer Souterrainwohnung. In einer Versammlung im Jahre 2004 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich einen von einem Architektenbüro vorgelegten Plan zur Sanierung der Anlage, jedoch unter Zurückstellung der darin vorgesehenen Sanierung der Kellersohle, um abzuwarten, ob die festgestellte Durchfeuchtung der Kellerwände auch ohne diese Maßnahme zu beheben sei. Die Klägerin vergab die von der Gemeinschaft zurückgestellte Sanierung der Kellersohle auf eigene Kosten in Höhe von EUR 14.130,99. Sie verlangt von der Gemeinschaft Ersatz. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Die Entscheidung

Der BGH verneint einen Anspruch unter jedem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt. Ein Anspruch aus Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG scheidet aus, da die Klägerin nicht nur eine provisorische Maßnahme durchgeführt, sondern die Kellersohle dauerhaft saniert hat. Dies sei vom Notgeschäftsführungsrecht nicht gedeckt. Auch ein Anspruch aus (berechtigter) Geschäftsführung ohne Auftrag scheide aus, da ein solcher Anspruch nur bestehe, wenn die Vornahme der Maßnahme dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer entspräche, woran es jedenfalls dann fehle, wenn die Wohnungseigentümer – wie hier – positiv beschlossen hatten, die fragliche Maßnahme vorerst zurückzustellen und abzuwarten, ob sie möglicherweise ganz entbehrlich ist, da die zunächst ergriffenen Abdichtungsmaßnahmen fruchten. Schließlich verneint der BGH auch einen Anspruch Bereicherungsrecht infolge unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag. Ein solcher Bereicherungsausgleich komme nur in Betracht, wenn die eigenmächtige Maßnahme am Gemeinschaftseigentum ohnehin hätte beschlossen oder vorgenommen werden müssen. Ob dieses Erfordernis im vorliegenden Fall gegeben war, lässt der BGH letztlich offen, da der denkbare Anspruch sich jedenfalls nicht gegen die Beklagte (rechtsfähiger Verband) richtete, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer, die hier aber nicht verklagt waren.

Wenn der BGH darauf abstellt, ob die eigenmächtige Maßnahme ohnehin hätte beschlossen oder vorgenommen werden müssen, ist damit – wie andere Stellen des Urteils belegen – gemeint, dass es darauf ankommt, dass die durchgeführte Maßnahme zwingend geboten und ohne Alternative war (siehe Rn 20 des Urteils). Der BGH bestätigt damit wohl die verbreitete obergerichtliche Rechtsprechung und vorherrschende Ansicht im Schrifttum, wonach darauf abzustellen sei, dass die fragliche Maßnahme unausweichlich auf die Gemeinschaft zugekommen wäre (Fundstellen dazu in Rn 10 des Urteils). Daraus folgt, dass die Begriffe „ohnehin", „zwingend", „ohne Alternative", „unausweichlich" synonym verstanden werden dürfen.

Der BGH leitet sein Ergebnis nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Bereicherungsrechts und der Geschäftsführung ohne Auftrag her, sondern betont, dass insoweit die Vorschriften des Wohnungseigentumsrechts, insbesondere § 21 Abs. 4 WEG, vorrangige Spezialregelungen seien. Wer Schuldner des Bereicherungsanspruchs ist, bestimme sich ebenfalls nach den vorrangigen Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes. Danach komme es entscheidend darauf an, ob die Maßnahme eines Beschlusses bedurfte und ob dieser vorlag. Schuldner seien deshalb die Wohnungseigentümer, wenn die Maßnahme hätte beschlossen werden müssen, aber nicht beschlossen war, ansonsten – nämlich wenn sie beschlossen war oder wenn ein Beschluss nach der Teilungserklärung entbehrlich und die Maßnahme unverzüglich durchzuführen war – sei Schuldnerin die Gemeinschaft (Rn 14 des Urteils). Entsprechendes gilt laut BGH, wenn die rechtsfähige Gemeinschaft (Verband) zwar nicht laut der Teilungserklärung ohne Beschluss handeln könne, dafür aber nach dem Gesetz wegen der Dringlichkeit seine Verpflichtung zum Handeln ohne Beschluss bestehe (Rn 15 m. H. a. § 21 Abs. 2, § 27 Abs. 1 Nr. 3 oder § 21 Abs. 4 WEG).

Fazit für den Verwalter

Die zahlreichen Differenzierungen und unterschiedlichen Begriffe im Urteil sorgen zunächst für Verwirrung in der Rechtsanwendung. Ein Verwalter sollte stets, wenn einzelne Eigentümer Ersatz für getätigte Aufwendungen am gemeinschaftlichen Eigentum fordern, die übrigen Eigentümer und dadurch auch die Gemeinschaft informieren und gegebenenfalls auch einen entsprechenden Tagesordnungspunkt in die Einladung / Tagesordnung zur Eigentümerversammlung aufnehmen. Wohnungseigentümer dürfen darüber abstimmen und beschließen, ob sie den Anspruch freiwillig erfüllen möchten oder es stattdessen auf eine Klage ankommen lassen (siehe dazu DDIV Newsletter vom 11.11.2015 zum Urteil des BGH vom 02.10.2015 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 5/15).


Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg
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