Mietrecht

BGH: Schon Rückstand von einer Miete kann bei gewerblichen Mietverhältnissen Kündigung rechtfertigen

Verhindert der Mieter die Mangelbeseitigung durch den Vermieter unberechtigterweise - etwa indem er Erhaltungsmaßnahmen pflichtwidrig nicht duldet oder ihre Duldung von ungerechtfertigten Forderungen abhängig macht - folgt aus den Grundsätzen von Treu und Glauben, dass er sich ab dem Zeitpunkt nicht mehr auf die Minderung berufen kann, ab dem die Mangelbeseitigung ohne sein verhinderndes Verhalten voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre und der Vermieter wieder die ungeminderte Miete hätte verlangen dürfen. Mindert er trotzdem und entsteht dadurch insgesamt ein Rückstand von mehr als einer Monatsmiete, kann der Vermieter fristlos kündigen.
 

Der Fall

Der Beklagte war Mieter von Gewerberäumen, die er als Restaurant betrieb. Nachdem am Mietobjekt Mängel auftraten, minderte der Mieter die Miete. Anderthalb Jahre später kündigte der Vermieter (der Kläger) den Mietvertrag. Die Bestätigung der Kündigung verweigerte der Beklagte und erklärte, das Mietobjekt für Sanierungsmaßnahmen nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn vorab während der Sanierung zu erwartende Umsatzausfälle geregelt würden. Dies blieb aber aus. Der Beklagte minderte erneut die Miete. Nachdem er in zwei aufeinanderfolgenden Monaten die Miete nur anteilig gezahlt hatte, kündigte der Vermieter fristlos. Der Beklagte war der Auffassung, zur Minderung berechtigt gewesen zu sein.
 

Kein Mietminderungsrecht bei Verweigerung der Mängelbeseitigung

Der BGH entschied nun zum einen, dass es sich bei der infolge einer Erhaltungsmaßnahme erlittenen Umsatzeinbuße nicht um eine Aufwendung im Sinn von § 555 a Abs. 3 BGB handelt, diese also nicht grundsätzlich durch den Vermieter auszugleichen sind. Zum anderen stellte er klar, dass eine unberechtigte Duldungsverweigerung entsprechend des Grundsatzes von Treu und Glauben dazu führen kann, dass sich der Mieter nicht mehr auf die Minderung der Miete berufen darf.

Die Richter urteilten außerdem, dass ein Mietrückstand von einer Monatsmiete bei gewerblichen Mietverhältnissen erheblich sein und damit eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Erforderlich ist allerdings, dass weitere Einzelfallumstände hinzutreten. Als solche kommen in der Gewerberaummiete neben der Kreditwürdigkeit des Mieters insbesondere die finanzielle Situation des Vermieters und die Auswirkungen des konkreten Zahlungsrückstands auf diese in Betracht.

In diesem konkreten Fall war der BGH war der Ansicht, die Verhinderung der Mangelbeseitigung durch den Vermieter und die gleichzeitige Herabsetzung der Miete widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben. Zwar ist eine angemessene Reduzierung des Mietzins bis zur Mangelbeseitigung vom Gesetz durchaus vorgesehen; dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Mieter z.B. Maßnahmen zur Instandhaltung oder Instandsetzung (Erhaltungsmaßnahmen) nicht duldet, Einwirkungen auf die Mietsache nicht zulässt oder ihre Duldung von ungerechtfertigten Forderungen abhängig macht.
 

Rücksichtnahmepflicht und Kündigungsrecht des Vermieters

Zu berücksichtigen sei dabei zwar, dass gerade bei der Gewerberaummiete die besondere Rücksichtnahmepflicht des Vermieters gebietet nicht dringliche Maßnahmen zeitlich mit dem Mieter abzustimmen – etwa saisonale Besonderheiten beachten und dem Mieter ermöglichen, seinen Gewinnausfall möglichst gering zu halten. Dennoch handelt sich bei erlittener Umsatzeinbuße infolge einer Erhaltungsmaßnahme nicht um eine Aufwendung im Sinn von § 555 a Abs. 3 BGB. Damit haftet der Vermieter für Schäden (Umsatzausfall) des Mieters auch nicht allein deshalb, weil er die Maßnahme veranlasst hat.
 

Erheblichkeitsschwelle überschritten

Er ist berechtigt, den Mietvertrag fristlos zu kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Monate mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug kommt. Die „Erheblichkeitsschwelle" trägt dem unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben entwickelten Grundsatz Rechnung, dass wegen nur unerheblicher Rückstände nicht fristlos gekündigt werden kann. Wann von einem nicht unerheblichen Teil der Miete im Sinn dieser Bestimmung auszugehen ist, ist lediglich für Wohnraummietverhältnisse in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB ausdrücklich geregelt (zweifache Monatsmiete). Da es sich hierbei aber um eine Schutzvorschrift zugunsten des Wohnraummieters handelt, ist nach einhelliger Auffassung ein Mietrückstand von über einer Monatsmiete bei gewerblichen Mietverhältnissen erst recht erheblich.
Nach Auffassung des Senats kann bei Gewerbemietverträgen aber ausnahmsweise sogar ein Rückstand von weniger als einer Monatsmiete erheblich sein, – wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten. Zu berücksichtigende Umstände in diesem Sinne sind neben der Kreditwürdigkeit des Mieters insbesondere die finanzielle Situation des Vermieters und die Auswirkungen des konkreten Zahlungsrückstands auf diesen.

Der nicht unerhebliche Rückstand muss dabei, bei monatlicher Zahlweise der Miete, aus mind. zwei aufeinander folgenden Monatsmieten resultieren. Es genügt nicht, dass sich der Rückstand aus Einzelbeträgen zusammensetzt, die für einen Zeitraum von mehr als zwei aufeinander folgenden Terminen angefallen sind.
 

Konsequenzen

Bei Gewerbemietverträgen muss bei Sanierungsmaßnahmen Rücksicht auf die Umstände des Gewerbebetreibers genommen werden, damit dessen Umsatzeinbußen nicht unverhältnismäßig sind. Der Mieter kann nicht die Miete wegen eines Mangels mindern und gleichzeitig die Mängelbeseitigung verweigern. Anders als bei Wohnmietverhältnissen kann im konkreten Einzelfall schon der Rückstand von insgesamt weniger als einer Monatsmiete eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

BGH Urteil vom 13.05.2015, Az: XII ZR 65/14