Mietrecht

BGH setzt Grenzen für Verwertungskündigungen

Nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB darf der Vermieter kündigen, wenn ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses bestehe. Ein solches Interesse liegt vor, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses erhebliche Nachteile erleiden würde.

Der Fall

Die Beklagten wohnen seit 2012 in der entsprechenden Wohnung. Die Vermieterin V-KG (Klägerin) kündigte Ende Juni 2015 das Mietverhältnis nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB mit der Begründung, das Gebäude abreißen zu lassen, um eine Objekt mit Gewerberäumen zur Erweiterung des benachbarten Modehauses der S-KG zu errichten. Hintergrund ist, dass durch die langfristige Verpachtung der Räume der V-KG an die S-KG mit einem erheblich höheren Mietertrag zu rechnen sei. Die Klägerin klagt auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Das Berufungsgericht entschied zugunsten der Klägerin und stützte sich dabei auf die, im Verfahren vorgetragene, existentielle Bedeutung der Erweiterung für das Modehaus sowie auf die langfristige Sicherstellung der Mieteinnahmen für die Vermieterin.

Die Entscheidung

Der VIII Zivilsenat des Bundesgerichtshof entschied, dass die Kündigung unwirksam ist.

Ursächlich hierfür ist, dass bei Fortbestand des Mietverhältnisses der Vermieterin keine erheblichen Nachteile im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB entstehen, die für eine Verwertungskündigung notwendig sind. Dabei ist zu beachten, dass die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie sich nicht nur auf den Vermieter sondern auch auf das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters bezieht. Demnach hat der Vermieter keinen uneingeschränkten Anspruch auf Gewinnoptimierung. Gleichzeitig darf der entstehende Nachteil bei Fortführung des Mietverhältnisses nicht die Nachteile des Mieters bei Verlust der Wohnung weit übersteigen.

Das Gericht entschied daher, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts mit ausschließlichen Abstellung auf die Mieteinnahmen sowie auf die existentielle Wichtigkeit des Neubaus den hohen gesetzlichen Anforderungen an die Verwertungskündigung nicht gerecht wurde.

Zudem dürfen bei der Verwertungskündigung nur solche Nachteile berücksichtigt werden, die dem Vermieter selbst entstehen würden. Der entstehende Nachteil für das Modehaus der S-KG entspricht damit trotz wirtschaftlicher und persönlicher Verflechtung nicht dem Nachteil der Vermieterin (V-KG). Das Argument des Berufungsgerichts, wonach die Erweiterung der Geschäftsräume für das Fortbestehen des Modehauses immanent wichtig ist, stützt sich ausschließlich auf den Vortrag der Klägerin. Die Wichtigkeit des Neubaus auf das Fortbestehen des Modehauses wurde demnach entgegen der Regelung des § 573 Abs. 1 BGB nicht im Kündigungsschreiben erwähnt, weshalb eine Berücksichtigung der Interessen der S-KG bereits aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

Der BGH entschied aus den genannten Gründen, dass Berufungsurteil aufzuheben und erneut an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückzuweisen.