Der Fall
Dem bisher bekannt gewordenen Sachverhalt nach bestand die WEG bei Teilung zunächst aus zwei Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss eines Hauses. Der Rechtsvorgänger der Klägerin baute seine Kellerräume nachträglich in eine Wohnung um. Beim Umbau wurden Planungsfehler und daraus folgend Baumängel begangen, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen. Nach dem Umbau wurde durch Nachtrag zur Teilungserklärung im Jahre 1996 die Kellerwohnung zur dritten Sondereigentumseinheit. Alle drei Wohnungen wurden später veräußert. Die Beklagten sind die jetzigen Eigentümer der Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss. Die Klägerin erwarb ihre Kellerwohnung im Jahre 2002 für EUR 85.000,00. Seit dem Jahr 2008 weist die Wohnung einen Feuchtigkeitsschaden auf und ist inzwischen unbewohnbar. Seit Februar 2010 liegt ein gerichtliches Sachverständigengutachten vor, das die Klägerin in einem selbstständigen Beweisverfahren erstritten hatte. Das Gutachten stellt fest, dass die Ursache des Schadensbildes im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums liegt, u.a. im Fehlen einer Vertikalabdichtung der erdberührten Außenwände nebst Dränung, und die Sanierung rund EUR 54.000,00 kosten wird.
Die Klägerin begehrt mit der Klage eine Sanierung des Kellergeschosses auf Kosten aller Eigentümer und eine entsprechende Vorbereitung der Sanierungsarbeiten durch Einholung von Gutachten, Erstellung eines Sanierungskonzepts, Vergabe der Sanierung an eine Baufirma und Zustimmung der Wohnungseigentümer zur Bildung einer Sonderumlage, um diese Maßnahmen zu finanzieren. Ferner begehrt sie die Zahlung von Schadensersatz wegen Mietausfalls sowie die Feststellung, dass die Beklagten also die Wohnungseigentümer und nicht der Verband ihr Schadensersatz schulden für sämtliche Schäden, die ihr aus der Verzögerung der Instandsetzung der Kellergeschosswohnung schon entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden. Da die Dreiergemeinschaft keinen Verwalter hat, beantragt sie ferner die gerichtliche Ermächtigung ihrer Person, um den Zahlungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich der Sonderumlage gegenüber den Miteigentümern einklagen zu dürfen, und zwar durch Zahlung auf das Konto der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Das Amtsgericht Andernach hat erstinstanzlich die verklagten Miteigentümer verurteilt, der anteiligen Aufbringung der Kosten für die Sanierung durch die Wohnungseigentümer und (zu diesem Zweck) der Bildung einer Sonderumlage von rund EUR 54.000,00 zuzustimmen sowie Schadensersatz zu zahlen. Ferner hat es die Pflicht der Beklagten zum Ersatz künftiger Schäden festgestellt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen, da zunächst nur die Finanzierung zu beschließen gewesen sei, über die Vergabe der eigentlichen Sanierungsarbeiten jedoch die Eigentümerversammlung beschließen müsse (Vorbefassungsgrundsatz!).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Koblenz das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Das Landgericht war der Ansicht, die Kostenbelastung überschreite die Opfergrenze" der betagten und finanzschwachen Beklagten.
Die Entscheidung
In der Urteilsbegründung räumt der BGH zunächst mit einigen weit verbreiteten Rechtsirrtümern und Scheinerkenntnissen auf. Dies betrifft einerseits den häufigen Einwand der Sanierungsgegner, eine Kellerwohnung sei zu Wohnzwecken nicht geeignet, so dass eine Sanierung entsprechend einer Wohnnutzung nicht beansprucht werden könne. Zutreffend stellt der BGH fest, dass nach der maßgeblichen Teilungserklärung die Sondereigentumseinheit nicht als bloßer Kellerraum dient, sondern zu Wohnzwecken. Daher kann ein Wohnungseigentümer auch eine Wohnstandard entsprechende Sanierung im dortigen Fall Abdichtung fordern.
Eine recht laut schallende Ohrfeige verteilt der BGH sodann an die Adresse derjenigen Eigentümer, die meinen, eine Kellerabdichtung komme in erster Linie der Kellergeschosswohnung zugute, so dass man unter Anwendung von § 16 Abs. 4 WEG den an sich geltenden gemeinsamen Kostenverteilungsschlüssel dahingehend durchbrechen könne, dass der Kellereigentümer alles oder zumindest einen höheren Anteil zu zahlen habe. Der BGH hierzu: Da die Mängel den Keller und die Fundamente im Bereich des Gemeinschaftseigentums und damit konstruktive Teile des Hauses beträfen, müssten alle Eigentümer anteilig zahlen. Der Fall sei insoweit nicht anders als bei einem mangelhaften Dach, bei dem ebenso wenig nur der Eigentümer der Dachgeschosswohnung zur Kasse gebeten werden dürfe (Hinweis auf BGH, Urteil vom 18.06.2010 V ZR 164/09, Rn 15).
Die wichtigste Erkenntnis des Urteils ist, dass nicht der rechtfähige Verband Schadensersatz schuldet, wenn zwingend erforderliche Sanierungsbeschlüsse nicht gefasst werden, sondern die Wohnungseigentümer persönlich, und zwar diejenigen unter ihnen, die dem erforderlichen Beschlussantrag nicht mit Ja" zugestimmt haben. Auf welche Weise die Sanierungsgegner sich einer zwingend erforderlichen Beschlussfassung entziehen, spiel dabei nach Aussage des BGH keine Rolle. Auch derjenige Eigentümer, der also gar nicht zur Eigentümerversammlung erscheint oder sich dort der Stimme enthält, kann sich einer schuldhaften Pflichtverletzung schuldig machen, wenn angesichts des Schadensbildes eine Zustimmung verlangt werden kann. Unter Umständen kann daher von einem Eigentümer, der an der Versammlung, in der über eine zwingend erforderliche Instandsetzungsmaßnahme abgestimmt werden soll, nicht persönlich teilnehmen kann oder will, verlangt werden, dass er einen anderen Eigentümer, den Verwalter oder falls zulässig einen Dritten mit der Vertretung und zur Abgabe einer Ja-Stimme bevollmächtigt. Der BGH fordert nämlich, dass bei zwingend erforderlicher Sanierung jeder Eigentümer verpflichtet ist, sich mit seinem Abstimmungsverhalten auf die Seite des Anspruchsstellers zu stellen (Rn 24 des Urteils).
In Rn 25 des Urteils grenzt der BGH noch einmal deutlich zu dem Fall ab, dass erforderliche Sanierungsbeschlüsse bereits gefasst wurden, sodann aber in der Umsetzung steckenbleiben. In einem solchen Fall haften nicht die Wohnungseigentümer, sondern nach einem früheren Urteil des Senats (13.07.2012 V ZR 94/11, Rn 17 ff.) der rechtsfähige Verband. Ob auch wie dies im Schrifttum mit Recht eingefordert wird der Verwalter in die Haftung gerät, wenn er beschlossene Sanierungsbeschlüsse nicht durchführt (also entgegen seiner gesetzlichen Pflicht aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG), hat der BGH weder im dortigen noch im jetzigen Urteil weiter ausgeführt. Professionelle Verwalter sollten in jedem Falle auf der Hut sein und gefasste Beschlüsse zur Durchführung bringen. Sich darauf zu verlassen, dass am Ende nur der Verband haftet, wäre waghalsig, zumal es naheliegend erscheint, dass der schadensersatzpflichtige Verband wiederum Innenregress bei seinem Vollzugsorgan (dem Verwalter) nehmen kann.
Fazit für den Verwalter
Zunächst darf auf die Anmerkungen und Handlungsempfehlungen des eingangs erwähnten DDIVnewsletters verwiesen werden. Ergänzend sei angemerkt, dass es einem professionellen Verwalter gut zu Gesicht stehen dürfte, in Eigentümergemeinschaften, die zwingend erforderliche Sanierungsmaßnahmen mehrheitlich blockieren, den Sanierungsgegnern den Hinweis zu geben, dass sie in die Haftung geraten können. In einer solchen Rechtsinformation liegt keine unzulässige Rechtsberatung und auch kein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Verwalters. Sanierungsgegnern muss auf objektive Weise klar gemacht werden, dass sie sich einem erheblichen Haftungsrisiko aussetzen, wenn sie zwingend erforderliche Sanierungsmaßnahmen nicht mit einer positiven Stimmbeteiligung unterstützen.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft Hamburg
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