Arbeitsrecht

Bundesarbeitsgericht: Wirksame Kettenbefristung

Der Fall

Ein Arbeitnehmer war bei seinem Arbeitgeber seit 1998 auf der Grundlage von zehn aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen, zuletzt durch befristeten Arbeitsvertrag vom 01.09.2011 bis zum 01.08.2013, beschäftigt. Er vertrat jeweils unmittelbar die stellvertretende Küchenleiterin des städtischen Alten- und Pflegeheims, die infolge der Geburt von drei Kindern wegen schwangerschaftsbedingter Erkrankung, Mutterschutz, Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit sowie Sonderurlaub über den gesamten Zeitraum ausfiel.

Der Arbeitnehmer wendet sich gegen die Wirksamkeit der letzten Befristung. Zu Recht?

Die Entscheidung

Die Richter in Erfurt gaben dem Arbeitnehmer nicht Recht. Sie entschieden, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung endet.

Gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG kann ein Arbeitsverhältnis mit dem Sachgrund der Vertretung befristet werden. Das steht für die Vertretung wegen Mutterschutz und Elternzeit zudem ausdrücklich in § 21 Abs. 1 BEEG. Der Arbeitgeber muss eben regelmäßig mit einer Rückkehr der zu Vertretenen rechnen.

Allerdings darf die Kettenbefristung nicht rechtsmissbräuchlich sein. Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Denn wenn ein Dauerbedarf besteht, darf man nicht immer wieder auf befristete Verträge zurückgreifen.

Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt.

Da stets nur eine konkrete befristete Beschäftigungsmöglichkeit bestand, entsprach die Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge dem tatsächlichen Bedarf des Arbeitgebers. Die Verlängerung war zur Deckung dieses zeitlich begrenzten Beschäftigungsbedarfs erforderlich. Das steht der Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs entgegen. Auch die lange Dauer war allein dem Umstand geschuldet, dass die zu Vertretene für den Arbeitgeber unvorhersehbar drei Kinder bekommen hat.

Der Tipp

Das ist eine Einzelentscheidung mit Einzelfallabwägung. Stets müssen alle Umstände betrachtet werden. Als grobe Richtlinie gilt:

Dauer in Jahren Anzahl der Verträge Rechtsmissbrauch?

Dauer in Jahren

Anzahl der Verträge

Rechtsmissbrauch?

6,5

13

indiziert

8

4

nein

9

12

ja

9

18

indiziert

11

13

ja

11

33

ja

Der Arbeitgeber kann aber auch bei Indizien für den Rechtsmissbrauch den Gegenbeweis antreten, z.B. mit Besonderheiten im betrieblichen Ablauf.

BAG, Urteil vom 29.04.2015 - 7 AZR 310/13